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[infowar.de] TELEPOLIS: USA forschen an Starship Troopers
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USA forschen an Starship Troopers
Peter Riedlberger 13.11.2001
Land Warrior und Exoskelett: Neuartige Kampfanzüge sollen die
Landkriegführung revolutionieren
Der technische Fortschritt hinsichtlich Rechenleistung und
Miniaturisierung verändert nicht nur die Luftkriegführung (Vgl. [1]Der
größte Militärauftrag aller Zeiten). Auch der Landkrieg könnte binnen
einiger Jahre ganz andere Züge annehmen: Das amerikanische Militär
forscht seit ein paar Jahren an verschiedenen Kampfanzügen, welche die
Träger mit erheblich erweiterter Sinnesleistung bzw. Körperkraft
ausstatten sollen.
Das [2]Department of Defence lässt derzeit mindestens an zwei
unterschiedlichen Suit-Programmen forschen. Während das
Land-Warrior-Programm, grob gesprochen, Wearable Computer für
Bodentruppen nutzbar machen soll, verfolgt das Exoskeleton-Programm
deutlich futuristischere Ziele: In [3]Robert-Heinlein-Manier sollen
Infanteristen mit 13 km/h laufen, dabei 70 kg schleppen und keinerlei
Ermüdung verspüren.
Land Warrior
Bereits seit 1991 wird an Land Warrior [4]entwickelt. Herauskommen
soll dabei eine integrierte Komplettlösung für allein operierende
Infanterie. Die Betonung liegt auf Integration: Waffensystem,
Panzerung, Computerausstattung und Funkgerät sollen zu einem
funktionalen Ganzen verschmelzen, sodass der einzelne Soldat zu einem
eigenen Waffensystem wird.
Die Bewaffnung basiert auf dem [5]M-16/M-4-Gewehr. Zeitgemäß wird es
erweitert um ein TWS (Thermal Weapon Sight, Infrarotsichtgerät;
[6]Datenblatt-PDF, eine Videokamera und einen LRF/DC (Laser Range
Finder/Digital Compass). Letzteres Gadget bietet dem Soldaten genaue
Informationen zu Entferung und Richtung. Besonders in Kombination mit
dem eingebauten GPS ergibt dies eine tödliche Kombination: Land
Warriors sind bei jedem Wetter und auch bei kompletter Finsternis voll
operabel. Indirektes Feuer wird dank genauer Zielbestimmung stark
erleichtert.
Der Helm bietet neben grundsätzlichen Verbesserungen hinsichtlich
Gewicht und Festigkeit High-Tech-Spielzeug, und zwar vor allem das
kleine Computer-Display, das auf den Fotos wie eine Sonnenbrille
aussieht. Dort können beliebige Informationen dargestellt werden, z. B.
Landkarten, Daten über Truppenstärken, Ziele etc. Natürlich können auch
die Bilder des TWS und der Videokamera dort wiedergegeben werden. Die
Körperpanzerung soll robust genug sein, um selbst Feuer aus kurzer
Distanz überstehen zu können.
Am spannendsten ist aber das Computer/Funk-System, das sich im
Rucksack befindet. Die Steuerung soll eine Art Touchpad übernehmen, das
am Brustgurt befestigt ist. Zusätzlich können die wichtigsten
Funktionen aber auch durch Buttons wahrgenommen werden, die sich nahe
des Gewehrabzugs befinden, so dass Land Warriors auch im Kampf bequem
ihren Computer steuern können. Das Funk-System sichert die
Kommunikation innerhalb der Einheit und enthält auch den GPS-Empfänger,
um genaue Positionen verorten zu können. Über Funkkommunikation soll
möglich sein, dass der Einsatzleiter z. B. die Videokamera seiner
Soldaten abfragt, sodass stets alle Informationen zur Verfügung hat.
Hinter Land Warrior stehen eine Reihe von Firmen. Neben
Rüstungskonzernen wie Raytheon oder Lockheed Martin sind auch
Computerfirmen wie [7]Motorola oder [8]Transdimension aktiv.
Unklar ist das Betriebssystem, das bei Land Warrior eingesetzt wird.
Nach einem [9]ZDNet-Artikel soll es Windows 2000 sein, andererseits
reklamiert LynuxWorks den Land Warrior für ihr [10]LynxOS (ein
proprietäres Embedded-Betriebssystem, das binär-kompatibel zur BlueCat
Linux-Distribution desselben Herstellers ist)
Interessant ist das Einsatzgebiet: Nach einem Artikel des [11]Army
News Service von September 2000 sei der Land Warrior in erster Linie
für den Einsatz in der Stadt gedacht. In dieser Umgebung machen
Features wie die eingebaute Videokamera (die das Schießen um Ecke ohne
Selbstexponierung erlaubt) besonderen Sinn. Jetzt sei es aber
[12]speziell für Orte wie Afghanistan konstruiert worden, das ganze
Programm wird von 2004 auf nächstes Frühjahr vorgezogen.
Ein ungelöstes Problem ist anscheinend das Gewicht geblieben: Dies
sollte durch weitere Miniaturisierung auf unter 80 Pfund sinken, was
jetzt nicht mehr machbar scheint. Diese hohen körperlichen
Anforderungen und der Preis von $30.000 pro Suit machen Land Warrior zu
einer Ausstattung für Elite-Soldaten.
Exoskelett
Wenn man der Elite angehören muss, um mit einem 40kg-Kampfanzug in die
Schlacht ziehen zu können, dann gilt für ein Exoskelett grosso modo das
Gegenteil: Diese Sorte von Suit soll irgendwann aus einem Soldaten egal
welcher körperlicher Konstitution eine Kampfmaschine machen, die ohne
zu ermüden mehr als 12 Stunden bei 13 km/h mit einer 70 kg-Last
herumläuft, geradezu schwerelos über Hindernisse springt und über
unbeschreibliche Körperkräfte verfügt.
Das lesen wir nicht bei Heinlein, sondern in der aktuellen Ausgabe von
[13]New Scientist und bereits vor einem halben Jahr bei [14]Science
News. Danach investiert das amerikanische Militär $50 Millionen in die
Entwicklung von Exoskeletten, die in vier Jahren verfügbar sein sollen.
Solche militärische Grundlagenforschung organisiert die DARPA (die eine
eigene [15]Exoskelett-Site unterhält: die Entwicklung der Exoskelette
leitet die Firma [16]Sarcos, die ansonsten Roboter für Industrie, Film
und Medizin konstruiert.
Das Ganze funktioniert im Prinzip so: Der Mensch steckt in einer Art
mechanischer Hülle, die ihn umgibt und die mit zahllosen Motoren
ausgestattet ist. Diese Motoren reagieren auf kleinste Bewegungen des
Trägers und verstärken sie ungemein, sodass man bereits mit mäßigen
Schritten schnell läuft oder mit geringem Schwungholen weit springen
kann.
Klingt gut, aber zahllose Fragen stellen sich sofort: Woher soll die
Energie kommen? Was wird der "Anzug" wiegen? Wie kann man das Interface
zum menschlichen Körper gestalten? Ist das Tragen des Anzugs nicht
gefährlich?
Vorab: Auch andere Wissenschaftler auf der Welt arbeiten an
Exoskeletten. Das Forschungsziel des Pentagons scheint auf den ersten
Blick weit hergeholt, aber ein japanischer Wissenschaftler konstruierte
ein [17]Exoskelett für Krankenschwestern, um diesen das schwere Heben
von Patienten zu erleichtern:
Diese Anwendung macht durchaus Sinn: Zwar könnte auch eine
Gabelstaplervariante Patienten heben, aber das könnte unbeabsichtige
Folgen für die Körper der Patienten haben. Hier ist eine
semibiologische Lösung gut aufgehoben. Auch die Industrie hat bereits
die Vorteil haptischer Interfaces erkannt: In der Automobil-Industrie
werden Windschutzscheiben mit Roboterarmen eingebaut, die vom Arbeiter
via "Force-Feedback" gesteuert werden, um feinste Bewegungen zu
erlauben.
Der japanische Konstrukteur baute seinen Antrieb elektrisch. Das ist
seinen Kollegen von Sarcos nicht möglich: Eine Exoskelett, das
militärischen Anforderungen genügen würde, hätte samt Batterien 1,8
Tonnen Gewicht. So verfielen die Forscher von Sarcos auf die Idee, das
Armee-Exoskelett mit Sprit zu betreiben, und zwar nicht mit einem
großen Motor, sondern zahlreichen kleinen, die an den einzelnen
Gliedmaßen sitzen.
Doch Keijiro Yamamoto, der Konstrukteur des
Krankenschwester-Exoskeletts, hält eine brennstoffbetriebene Variante
für ziemlich gefährlich. Und New Scientist kommentiert trocken:
Halten Sie sich von offenen Flammen, schwachen Brücken und
starken Magneten fern. Und wenn ihre Nase juckt, kratzen Sie sie bloß
nicht. Sie würden Sie vielleicht nie wieder sehen.
In der Tat wirkt die gesamte militärische Version sehr unrealistisch:
Die Brandgefahr ist unglaublich hoch, der ständige Auspuffgestank an
den Gliedern würde schnell zu Übelkeit führen. Auch ist unklar, ob es
wirklich so wenig anstrengend ist, wenn man motorunterstützt schnell
läuft. Immerhin bleibt die Schrittlänge gleich: Während ein Radfahrer
kurz die Beine unbewegt lassen und trotzdem weiterfahren kann, würde
der Exoskelett-Träger sofort stehenbleiben. Noch schlimmer ist die
Vorstellung, was dem Träger widerfahren würde, spielten die Motoren an
den Gliedern verrückt und setzten sich von selbst (mit der mehrfachen
Kraft eines Menschen!) in Bewegung.
Auf der anderen Seite wäre es ein Zeichen von Phantasielosigkeit,
diese Forschungen pauschal als Irrwitz abzutun. Diejenigen, die
glaubten, dass Schiffe nicht unter See fahren könnten oder Menschen nie
zum Mond kämen, waren zu ihrer Zeit auch in der Mehrzahl.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/11049/1.html
[2] http://www.defenselink.mil
[3] http://pages.infinit.net/neflyte/StarshipTroopers
[4] http://www.fas.org/man/dod-101/sys/land/land-warrior.htm
[5] http://www.bodermansports.com/html/m-4_carbine.html
[6] http://:www.raytheon.com/es/esproducts/ses013/pdfs/anpas13.pdf
[7] http://www.motorola.com
[8] http://www.transdimension.com/2-14-01.htm
[9]
http://www.zdnet.com/anchordesk/stories/story/0,10738,2693677,00.html
[10] http://www.lynuxworks.com/solutions/aerospace.html
[11]
http://www.fas.org/man/dod-101/sys/land/docs/man-la-land_warrior-000920.
htm
[12] http://www.heise.de/newsticker/data/cgl-15.10.01-000
[13] http://www.newscientist.com
[14] http://www.sciencenews.org/20010630/bob8.asp
[15] http://www.darpa.mil/dso/thrust/md/exoskeletons
[16] http://www.sarcos.com
[17] http://www.heise.de/newsticker/data/cgl-31.07.01-001
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/11089/1.html
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