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[infowar.de] TELEPOLIS: Auszug aus dem Internet
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Auszug aus dem Internet
Florian Rötzer 17.11.2001
US-Regierung denkt zum Schutz vor digitalen Terrorangriffen an
Einrichtung eines vom Internet unabhängigen Netzwerks für die
Ministerien
Im Oktober hat US-Präsident in Folge der Terroranschläge das
[1]Homeland Security Office unter der Leitung von Tom Ridge
eingerichtet, um den Schutz vor Terrorangriffen gegen die USA zu
koordinieren. Zum Berater für den Bereich der Cybersecurity wurde
wiederum Richard Clarke, zuvor nationaler Antiterrorkoordinator, der
kraft seines Amtes schon des längeren für einen größeren Schutz des
Internet in den USA plädiert. Der neueste Plan ist, ein vom
öffentlichen Internet unabhängiges Intranet für die Regierung
aufzubauen.
Bei der Ernennung von Richard Clarke zum Berater für Cybersecurity
ließ es Tom Ridge am 9. 10. nicht an den üblichen markanten Worten
mangeln, um die Bedrohungssituation deutlich zu machen:
"Die Informationstechnologie durchdringt alle Aspekte unseres
Alltagslebens, unseres nationalen Lebens. ...Alle diese Aspekte hängen
von einem komplexen Netzwerk von Informationssystem der kritischen
Infrastruktur ab. Diese Infrastruktur zu schützen ist äußerst wichtig.
Unterbricht, zerstört oder schließt man diese Informationsnetzwerke,
dann schließt man auch das Amerika, wie wir es kennen, wie wir es leben
und wie wir es jeden Tag erfahren." Das sei eine vornehmlich eine
technische Herausforderung.
Diesen Aspekt betonte Ridge erst kürzlich wieder auf einer
[2]Pressekonferenz. Die Lösung, die Offenheit Amerikas zu erhalten,
läge in der Technologie. Im "Herzen der Strategie, Terrorangriffe zu
entdecken, die zu verhindern und auf sie zu reagieren .... wird die
Technologie stehen".
Auch Clarke beschwört seit geraumer Zeit - und schon lange vor dem
11.9. - die Gefährdung der nationalen Sicherheit durch Angriffe auf
Computersysteme. Das "digitale Pearl Harbor" ist da nie weit. Bislang
waren allerdings die beschworenen Risiken lediglich Spekulationen. Die
Angriffe vom 11.9. haben diese Situation zwar nicht verändert, lassen
sich aber von Clarke zumindest rhetorisch einsetzen, um den Druck auf
Einführung neuer Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen und diese zu
legitimieren: "Vor dem 11.9. gab es viele Menschen, die dachten, die
Terroristen könnten nur das tun, was sie schon gemacht haben. Jetzt
wissen wir, dass sie etwas wirklich Katastrophales machen können." So
dürfe man jetzt nicht mehr die Risiken anhand der von Crackern und
Script-Kiddies betriebenen Angriffe beurteilen.
Als schlimmsten Fall für einen Cyberspace-Angriff auf die Regierung
betrachtet Clarke den Zusammenbruch der Kommunikation zwischen
wichtigen Behörden: "Und das könnte dann geschehen, wenn wir im Krieg
sind. Es könnte dann geschehen, wenn wir gegen den Terrorismus
vorgehen." Und seine Vorstellung, die kritische Infrastruktur des
Landes und die Kommunikation für die Regierung zu schützen, besteht im
Aufbau eines vom Internet unabhängigen Netzwerks, genannt GovNet.
Dieses Netzwerk würde permanent überwacht und beispielsweise auf Viren
hin überprüft werden, um schnell auf Angriffe oder Gefährdungen
reagieren zu können. Die Absicht wäre allerdings nicht, GovNet als
Ersatz für das Internet zu realisieren - das würde auch zu tief in die
Verfassungsrechte einschneiden, da dann der gesamte nationale
Internetverkehr überwacht werden müsste -, sondern es ginge lediglich
darum, zwei unterschiedliche Netzwerke für verschiedene Funktionen zur
Verfügung zu haben. Das interne Netzwerk würde nur den Bundesbehörden
für wichtige sicherheitsrelevante Informationen dienen. Einzelne
Ministerien wie das Energie- oder Verteidigungsministerium haben
natürlich solche internen Netzwerke bereits, aber es gibt diese nicht
auf nationaler Ebene.
Clarke hatte die im Informationstechnologiesektor tätigen Unternehmen
darum gebeten, bis nächste Woche Vorschläge und Kommentare für ein
solches Regierungsnetzwerk einzureichen. Was die Realisierung betrifft,
so sind es natürlich vor allem die Kosten, an denen der Plan schon im
Vorfeld scheitern könnte. "Wenn sich herausstellt", so Clarke, "dass es
sehr teuer wird, dann werden wir dies vermutlich nicht machen. Aber wir
werden das niemals wissen, wenn wir nicht fragen."
Im März dieses Jahrs ging schon einmal ein angeblicher Plan zum Schutz
der amerikanischen Netzwerke durch die Medien. Das Handelsblatt hatte
von James Adams, einem Berater des Geheimdienstes NSA, gehört, dass ein
virtuelles Schutzschild gegen Cyberangriffe auf die USA geplant sei,
das ebenso groß und teuer wie der Raketenabwehrschild angelegt sei.
Dabei kursierte die Zahl von 50 Milliarden Dollar. Seitdem hatte man
davon nichts mehr gehört, es war auch nur eine der üblichen
Übertreibungen ( [3]Homeland Defense, virtuelle Raketenabwehr - und das
schnöde Ende einer Medienhysterie). Tatsächlich hatte schon die
Clinton-Regierung überlegt, unter der Bezeichnung FidNet den
amerikanischen Cyberspace zu schützen / [4]US-Regierung plant ein
umfassendes Überwachungssystem), was damals aber auf großen Widerstand
seitens der Bürgerrechtler gestoßen ist, da dabei der gesamte
Internetverkehr aller Bürger hätte überwacht werden müssen / [5]Aus für
FIDNet?). Übrig blieb damals nur eine kleinere Version, eben ein
übergreifendes Sicherheitssystem für die Regierungssysteme zu schaffen.
Was die Verantwortlichen für die Anschläge am 11.9. sowie den Krieg
gegen die Taliban anbelangt, so lässt sich daraus wohl nicht wirklich
eine Bedrohung für die Computersysteme, abgesehen von der Zerstörung
durch Bomben, ausmachen. Afghanistan ist ausgerechnet eines der Länder,
die praktisch im Cyberspace nicht vorhanden sind, weswegen ein Infowar
auch gegen die Taliban oder Al-Qaida unmöglich war. Bislang gab es auch
noch keinerlei Hinweise, dass Terroristen aus dem Umkreis von bin Ladin
auch nur versucht hätten, irgendwo Computersysteme direkt anzugreifen.
Und auch wenn bereits des längeren Meldungen zirkulieren, wie technisch
hochgerüstet Verdächtige aus islamistischen Kreisen seien, die
beispielsweise ihre Mitteilungen mit Steganographie verbergen, so ist
auch dies bislang eine wohl eher ein - strategisch platziertes? -
Gerücht geblieben ( [6]Benutzen Terroristen versteckte Botschaften?,
[7]Fahndung im Internet).
Links
[1] http://www.whitehouse.gov/homeland/
[2] http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/11/20011115-5.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/7234/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5120/1.html
[5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5137/1.html
[6] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/11005/1.html
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/9717/1.html
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/info/9989/1.html
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