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[infowar.de] Afghanistankrieg: Satelliten nur für Militärs
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Eine schöne Übersicht mit vielen Details. Verteilung auf infowar.de mit
freundlicher Genehmigung des Autors, der unter <gerhard -
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antimilitarismus information (ami)
31. Jg, Heft 12, Dezember 2001, S. 38-46
Gerhard Piper
Afghanistankrieg: Satelliten nur für Militärs
Seit dem 7. Oktober bombardieren die US-Streitkräfte Zielobjekte der
Taliban in Afghanistan. Was der zwanzigjährige Bürgerkrieg an
Infrastruktur übrigließ, wird nun ausradiert. (1) Der technologischen
Überlegenheit der US-Streitkräfte auch im C4ISR-Bereich (Command,
Control, Communications, Computers, Intelligence, Surveillance and
Reconnaissance), haben die Taliban nichts entgegenzusetzen. Dieser
einseitige HighTech-Krieg findet auch im Weltraum statt:
Terroristenbekämpfung durch den Einsatz von Militärsatelliten. Im
Kontrast dazu verhindern die US-Streitkräfte eine unabhängige
Presseberichterstattung erstmals auch dadurch, daß sie den Medien sogar
die Photoaufnahmen von zivilen Erderkundungssatelliten vorenthalten.
1. Moderne Kriegsführung durch Einsatz von Militärsatelliten
Die US-Streitkräfte setzen mehrere Dutzend Satelliten verschiedenen Typs
ein. Es handelt sich um Aufklärungssatelliten des National
Reconnaissance Office (NRO), Kommunikations-, Navigations- und
Wettersatelliten. Die Aufklärung aus dem Weltraum wird unterstützt
durch Spionageflugzeuge und bodengestützte Abhörstationen der National
Security Agency (NSA). Solche Lauschstationen gibt es u.a. in der
Türkei, auf Zypern, in den Golfstaaten, auf dem Atoll Diego Garcia und
in der Volksrepublik China, wo die NSA zumindest früher zwei
Aufklärungsstationen zusammen mit den Chinesen betrieb.
Photoaufklärungssatelliten
Die Photoaufklärungssatelliten werden vom NRO betrieben. Durch bis heute
anhaltende Geheimhaltung ist es schwierig, zuverlässige Angaben über
diese Spionagesatelliten zu erhalten. Zum Einsatz kommen zwei ältere
KH-11 Keyhole. Zwei modernere Improved Crystal Kennan KH-12 Keyhole
sollen durch ihr Auflösungsvermögen sogar noch Objekte mit einer Größe
von 5 bis 10 cm erkennen können und damit bereits die Grenzen des
theoretisch machbaren Auflösungsvermögen tatsächlich erreicht haben.
Entlang ihrer Satellitenbahn können sie gleichzeitig den gesamten Raum
bis zu einer Entfernung von maximal 1000 km nach rechts oder links
erfassen. Der Stückpreis dieser Satelliten beträgt 1,5 Milliarden
US-Dollar. Erst am 5. Oktober 2001 wurde ein weiterer Spionagesatellit
KH-11 oder KH-12, USA 161, mit einer Trägerrakete von der Vandenberg Air
Force Base in Kalifornien ins All geschossen, um die
Aufklärungskapazitäten während des gegenwärtigen Konfliktes zu
verbessern. (2) In der Literatur ist auch noch die Rede von zwei
Photoaufklärungssatelliten der Onyx-Serie, die durch Wolkendecken
hindurch und bei Nacht eingesetzt werden können, allerdings ist über die
Einsatzdaten dieser Weltraumspäher nichts bekannt. (3) Neuester Typ
unter den PHOTINT-Satelliten (Photographic Intelligence) ist der Adyx,
der möglicherweise auch im Afghanistankrieg zum Einsatz kommen wird. (4)
Um den Datenaustausch mit anderen amerikanischen Geheimdiensten (Central
Intelligence Agency, National Imagery and Mapping Agency etc.) und ihren
militärischen "Usern" zu verbessern, wurde bei der NRO ein Operational
Support Office (OSO) eingerichtet. Außerdem erhielten die Streitkräfte
mit Empfangsanlagen des Rapid Targeting System, um sowohl die
Zielaufklärung, als auch die Auswertung der Luftangriffe (Bombing
Assessment) zu beschleunigen. (5)
Im Gegensatz zu den USA verfügt Rußland z. Zt. über keinen einzigen
Photoaufklärungssatelliten, da das einzige aktive Exemplar, Yantar-4K2
Kobalt (Cosmos 2377), am 10. Oktober 2001 nach einem Flug von 133 Tagen
mit seinen beiden Filmkapseln zur Erde zurückkehrte. Als Ersatz
solldemnächst ein Satellit vom Typ Yantzar-4Ks1 Neman, der seine Bilder
direkt zur Erde funken kann, hochgeschossen werden. (6) Bis dahin ist
die russische Regierung nur unzureichend über das Kriegsgeschehen unweit
ihrer Landesgrenzen informiert.
Radaraufklärungssatelliten
Die optischen Photosatelliten werden ergänzt durch drei
Radaraufklärungssatelliten vom Typ Lacrosse, die auch durch Wolkendecken
hindurch sehen können. (7) Die Satelliten sind so groß wie ein Autobus
und haben ein Gewicht von 15 Tonnen. Ihr Auflösungsvermögen beträgt
maximal einem Meter. (8) Zweimal täglich überfliegen sie das
Kriegsgebiet. (9)
Abhörsatelliten
Die NSA setzt fünf elektronische Abhörsatelliten zur sogenannten Signal
Intelligence (SIGINT) ein. Funk-, Telephone und elektronischer
Datenverkehr (Internet) werden von diesen akustischen "Staubsaugern"
erfaßt und automatisch auf verdächtige Schlüsselworte hin
durchgeforstet. Die Bahn von zwei Satelliten wurde jüngst geändert, um
die Region um Afghanistan optimal abdecken zu können. (10) Bekannt
wurden folgende Typenbezeichnungen: Orion, Jumpseat und Trumpet. (11)
Kommunikationssatelliten
Um die operative Kontrolle der Kriegführung sicherzustellen, stehen die
obersten Kommandobehörden in ständigem Kontakt. Dies sind nach dem
Präsidenten der Vereinigte Generalstab im Pentagon und das Hauptquartier
des Central Commands (CENTCOM) in Tampa, Florida, das für das
Operationsgebiet Naher Osten zuständig ist. Es wird gegenwärtig von
General Tommy R. Franks befehligt. Ein vorgeschobener Gefechtsstand
befindet sich auf dem Fliegerhorst Prinz Sultan AFB in Saudi-Arabien.
(12)
Für die umfangreichen (transkontinentalen) Fernmeldeverkehre stehen
zahlreiche Kommunikationssatelliten unterschiedlicher Typen bereit. Das
Defense Satellite Communications Systems (DSCS) besteht aus zehn
Satelliten DSCS III und mindestens zwei moderneren Satelliten DSCS III /
SLEP (Service Life Enhancement Plan). Die Satelliten sind auf einer
geosynchronen Bahn stationiert. Sie ermöglichen weltweite, geschütze
Funkverbindungen im Super-High Frequency Bereich, die gegen potentielle
Störversuchen des Gegners gehärtet sind.
Das DSCS-System wird ergänzt durch mindestens drei Satelliten des
MILSTAR Block II Satellite Communications Systems auf geosynchroner
Bahn. Ein weiteres Exemplar wird am 15. Januar 2002 von Cape Canaveral
ins All gestartet. (13) Diese 5 Tonnen schweren Satelliten ermöglichen
Nachrichtenverbindungen im Extremely High Frequency (EHF)-Bereich. Die
Datenübertragungsrate beträgt 1,54 Mbits/sec, das ist rund dreißigmal
schneller als herkömmliche Computermodems. (14) Rund 800 Millionen
Dollar kostet ein Exemplar. (15) Betrieben werden die Satelliten vom
50th Space Wing. (16) Daneben haben die Teilstreitkräfte ihre eigenen
Kommunikationsnetzwerke: Die US Air Force betreibt das Air Force
Satellite Communications System (AFSATCOM). Zur Kommunikation mit ihren
mobilen Hochseeflotten setzt die US Navy das Fleet Satellite
Communications System (FLTSATCOM) ein. Mit Empfängern zur Kommunikation
per Satellit sind heute zahlreiche militärische Einheiten und
Großkampfsyssteme ausgestattet. Sogar einzelne Angehörige der
Sondereinheiten verfügen über tragbare Empfänger. So benutzt die Delta
Force bzw. die Green Berets Geräte der Typen AN/PSC-3 oder LST-5C.
Die Verbündeten der USA setzen ihre eigenen Kommunikationssatelliten
ein: NATO-4, Skynet (United Kingdom) oder Telesat Syracuse (Frankreich).
Rußland startete am 6. Oktober 2001 einen neuen Fernmeldesatelliten vom
Typ Raduga-1. (17)
Navigationssatelliten
Zur Durchführung von Militäroperationen ist es notwendig, sich ständig
im Gelände zu orientieren: Wo befindet man sich selbst, wo ist das Ziel,
und wie kommt man dahin. Was früher aufwendig und oft eine Ursache für
das Scheitern von Einsätzen war, ist im Zeitalter der
Navigationssatelliten höchst einfach. Heute stehen zur Navigation und
Steuerung die Navstar-Satelliten des Global Positioning Systems (GPS)
zur Verfügung. Es handelt sich um insgesamt 27 Raumflugkörper in
verschiedenen Navstar-Versionen: 5 Boeing Block II, 18 Boeing Block IIA
und 4 Lockheed Martin IIR. (18)
Mit GPS-Navigationsanlagen sind heute zahlreiche militärische Einheiten
und Großkampfsyssteme ausgestattet. Einzelne Angehörige der
Sondereinheiten verfügen über tragbare Empfänger des Herstellers
Rockwell. Sogar moderne Präzisionsmunition ist mit einem
GPS-Navigationssystem ausgestattet und kann daher, in den wenigen
Sekunden des Zielanflugs, seine Position automatisch korrigieren, um
eine hohe Treffgenauigkeit zu gewährleisten. Die USA setzen diese
Technologie bei ihren verschiedenen Joint Direct Attack Munitions (JDAM)
wie den Guided Bomb Units GBU-29 und GBU-37 ein. Letztere wird
beispielsweise von Bombern B-2A Spirit als "bunker buster" gegen
Festungsanlagen abgeworfen. (19) Bei der Satelliten-gesteuerten Munition
haben die US-Streitkräfte immer noch ein Weltmonopol. Großbritannien
entwickelt gegenwärtig die sogenannte INS / GPS-guided Enhanced Paveway
Lenksysteme, die aber erst ab Oktober 2002 für die Tornados GR4 zur
Verfügung stehen werden. Zur Zeit läuft eine Testphase mit einem
Tornado. (20)
Seit dem 1. Mai 2000 stehen die Navstar-Daten auch zivilen Nutzern zur
Verfügung. Am 17. September 2001 hat die US-Regierung nocheinmal
versichert, daß dies auch in Zukunft so bleibt. Obwohl ein weltweites
Navigationssystem völlig ausreichend wäre, hat sich die Europäische
Union dennoch entschlossen, ein eigenes Netz von Navigationssatelliten
aufzubauen, um von den USA unabhängig zu werden. Das System aus
Galileo-Satelliten soll ab dem Jahre 2008 einsatzbereit sein. Obwohl
sich die Kosten auf rund 1,5 Milliarden US-Dollar belaufen werden,
verspricht man sich dennoch ein Geschäft durch den Verkauf von zivilen
Empfangsgeräten, auf dem die USA derzeit ein Monopol haben. (21)
Wettersatelliten
Nicht nur die Einsätze der Kampfflugzeuge, sondern jegliche militärische
Operation wird stark vom Wetter beeinflußt. Dies gilt auch in
Afghanistan, wo Sandstürme in den Wüstengebieten und der bevorstehende
Wintereinbruch mit Temperaturen bis zu vierzig Grad Minus die Aktionen
stark behindern. Daher zählt eine exakte Wettervorhersage zu den
Grundvoraussetzungen der Einsatzplanungen. Zur Zeit setzt die US Air
Force vier Wettersatelliten des Defense Meteorological Satellite
Programs (DMSPs) ein, davon haben zwei nur Reservefunktion. Es handelt
sich um drei DMSP Block 5D-2 und einen DMSP Block 5D-3-Satelliten. Ein
weiterer Raumflugkörper der moderneren Version Block 5D-3 (Stückpreis:
131 Millionen Dollar) sollte in diesem Jahr von der Vandenberg AFB
gestartet werden. (22) Die Satelliten umkreisen jeweils zweimal täglich
die Erde in einer Höhe von 500 km. (23) Sie werden ergänzt durch zivile
Wettersatelliten, etwa der amerikanischen National Oceanic and
Atmospheric Administration (NOAA) oder die europäischen
Meteosat-Satelliten. (24)
Frühwarnsatelliten
Im Zeitalter des Kalten Krieges kam den Frühwarnsatelliten zur
Überwachung des gegnerischen Atomraketen potentials eine herausragende
Rolle zu. Heutzutage glaubt zwar niemand mehr an eine bewaffnete
Konfrontation zwischen den beiden früheren Supermächten, dafür aber hat
die Proliferation von Raketentechnologie in Schwellenländer erheblich
zugenommen. Auch die Taliban besaßen rund 30 Flugkörper vom sowjetischen
Typ Scud, haben diese aber nicht eingesetzt. Sollten allerdings die USA
den Afghanistankonflikt auf den Irak ausweiten, ist ein irakischer
Raketenangriff auf Israel wie beim Golfkrieg 1991 nicht auszuschließen.
Dann käme die erste Alarmmeldung von den Frühwarnsatelliten, die den
heißen Abgangsstrahl der Flugkörper durch ihre Infrarot-Sensoren
entdecken würden. Die drei Satelliten des Defense Support Programs (DSP)
reichen, um von ihren geosynchronen Bahnen aus die gesamte Erde
gleichzeitig zu überwachen. Einer dieser Satelliten ist über dem Pazifik
stationiert.
Im Rahmen der Entwicklung eines amerikanischen Raketenabwehrschirms
sollen die DSP-Satelliten ab dem Jahre 2004 durch die 32 Raumflugkörper
des Space Base Infrared Systems (SBIRS) abgelöst werden. (25) Allerdings
gibt es erhebliche Probleme: Allein die Entwicklung des Subsystems
SBIRS-Low, bestehend aus sechs Satelliten von Lockheed Martin, hinkt
drei Jahre hinter dem Zeitplan hinterher und hat sich um 2 Milliarden
Dollar verteuert. (26)
Datenüberträgungssatelliten
Die verschiedenen Satelliten sind über den gesamten erdnahen Weltraum
verteilt. Um die großen Entfernungen zwischen den Satelliten und den
Bodenstationen in den USA zu überbrücken, ist es notwendig, weitere
Satelliten einzusetzten, deren Funktion ausschließlich darin besteht,
die Datenübertragung von einem Satelliten zu einem anderen
Raumflugkörper oder einer Bodenstation zu ermöglichen. Dazu haben die
USA zwei verschiedene Satellitennetzwerke aufgebaut: das Satellit Data
System (SDS) und das Tracking and Data Relay Satellite System (TDRSS).
Am 10. Oktober 2001 wurde zuletzt ein SDS-Satellit von Cape Canaveral
hochgeschossen. (27)
Bodenstationen
Die wichtigste Bodenstation für den Satellitenempfang in den USA
befindet sich in Ft. Belvoir in Virginia. Hier werden die eingehenden
Datenströme gesammelt und an die eigentlichen Adressaten weitergeleitet,
zum zur Photoauswertung an das National Photographic Interpretation
Center (NPIC) der CIA. Die Raumflugkörper kommen manchmal von ihrer Bahn
ab oder müssen auf andere Bahnen umgeleitet werden. Dies wird von
Erdboden aus gesteuert. Dazu gibt es auf der Onizuka AFS in Sunnyvale
(Kalifornien) eine Satellite Control Facility (SCF). (28)
2. Pressezensur für zivile Satellitenphotos
Die Übersicht hat gezeigt, daß die Kriegführung der USA in Afghanistan
in einem erstaunlichen Umfang vom Einsatz von Satelliten abhängt.
Zukünftig wird dieses Militärarsenal im Weltraum noch an Bedeutung
gewinnen, wie die Konzepte des amerikanischen Space Commands (SPACECOM)
zur Weltraumkriegführung und Weltraumdominanz zeigen. Schon heute haben
die USA teilweise ein Monopol im Satellitenbereich. Aber nicht nur die
Militärs, auch im Zivilleben spielen Satelliten eine immer größere
Rolle, ohne daß dies dem "Mann auf der Straße" unbedingt bewußt werden
würde. So hängt die Berichterstattung in den Medien von der technischen
Verfügbarkeit schneller, internationaler Nachrichtenverbindungen ab.
Aber dem demokratischen Anspruch der Bürger auf umfassende und objektive
Information stehen die Herrschaftsinteressen der staatlichen Akteure
gerade in Kriegszeiten gegenüber, die ihr Informationsmonopol wahren
wollen, um gesellschaftspolitischen Konflikten auszuweichen.
Bereits am 17. September 2001 kündigte das US-Verteidigungsministerium
an, der "neue Krieg" in Afghanistan werde mit beispielsloser
Geheimhaltung durchgeführt. (29) Offen gestand ein Militärsprecher ein,
man werde auch Desinformationen, sprich Lügen, verbreiten. (30) So hat
die Militärzensur im Afghanistankrieg eine Dimension erreicht, wie es
sie seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr
gegeben hatte. Neu ist, daß diesmal selbst Photos von zivilen
Erderkundungssatelliten der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sind.
Ein plumpes Verbot von Satellitenphotoaufnahmen wäre aber gerichtlich
schwierig durchzusetzen gewesen und hätte die Medien erst recht
mobilisiert. Stattdessen wählte das US-Verteidiungsministerium einen
perfideren Weg: Es kaufte am Tag des Kriegsbeginns (7. Oktober 2001) die
Veröffentlichungsrechte an den fraglichen Satellitenphotos einfach auf,
um die Aufnahmen seitdem in der Schublade verschwinden zu lassen, eine
neue Form von "Information Warfare". Durch die sogenannte
"shutter-control"-Gesetzgebung ist das Pentagon zu einem solchen
Eingriff in die Privatwirtschaft aus Gründen der "nationalen Sicherheit"
berechtigt. (31)
Betroffen ist das Unternehmen Space Imaging Inc. in Denver, USA, das den
Satelliten Ikonos-2 betreibt, der 1999 ins All geschossen wurde. (32)
Mit dieser Maßnahme sichert sich das Monopol an Bildern von
Erderkundungssatelliten mit einem Auflösungsvermögen von einem Meter.
Diese "elegante" Form der Pressezensur kostet dem Pentagon 1.912.500
Dollar monatlich, so daß dem Privatunternehmen kein finanzieller Verlust
entsteht und erspart zugleich politische Auseinandersetzungen mit den
Medienkonzernen. Der Vertrag zwischen dem Pentagon und dem Unternehmen
hat eine Laufzeit von einem Monat und wird bei Bedarf verlängert. Nun
bietet das Unternehmen nur noch Aufnahmen zum Stückpreis von 500 Dollar
an, die vorher von den Militärs wegen ihrer Harmlosigkeit freigegeben
wurden. (33)
Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" kritisierten den Deal mit den
Satellitenphotos als eine "versteckte Form von Zensur, die die Medien
daran hindern soll, ihre Berichterstattung machen zu können." Mehrere
Hilfsorganisationen beschwerten sich, sie brauchten die
Satellitenaufnahmen, um zu wissen, wo sich hilfsbedürftige
Flüchtlingsgruppen angesammelt haben. (34)
Aktuelle Satellitenphotos sind z. Zt. bestenfalls von den israelischen
Erderkundungssatelliten Eros erhältlich, deren Auflösungsvermögen
allerdings geringer ist, als beim amerikanischen Ikonos-Typ. Die
israelischen Photos werden über die Agentur ImageSat in Zypern zu einem
Stückpreis von mindestens 5000 Dollar pro Aufnahme angeboten. So
veröffentlichte die britische BBC Eros-Aufnahmen von den
Militärflugplätzen in Mazar-e-Sharif und in Herat. Wie lange solche
Photos noch erhältlich sind, ist unbestimmt. Darüber debattierten am 22.
Oktober 2001 der Generaldirektor im israelischen
Verteidigungsministerium Amos Yaron und der Staatssekretär im Pentagon
Douglas Feith. (35)
Die vom Pentagon publizierten Satellitenaufnahmen taugen hingegen wenig.
So waren unter den ersten 21 publizierten Photos auch Bilder von
Fliegerhorsten, die angeblich "erfolgreich" attackiert worden waren.
Hingegen bezweifelten Experten diese Einschätzung des
US-Verteidigungsministeriums. Zwar zeigten die Aufnahmen zerstörte
Militärflugzeuge, aber bei genauerem Hinschauen stellte es sich heraus,
das es sich um uralte Mig-15 oder Mig-17 aus den fünfziger Jahren
handelte, und nicht um die Mig-21, die die Taliban besaßen. Folglich
hatte die US-Luftwaffe bloß Flugzeugschrott bombardiert, was sie den
zivilen Laien gegenüber als Angriffserfolg darzustellen versuchten. (36)
Die amerikanischen Zensurversuche können natürlich nur dann erfolgreich
sein, wenn sie sich auch international durchsetzen lassen. Diesbezüglich
braucht sich das Pentagon keine Sorgen zu machen, denn auch die
Aufnahmen des französischen Erderkundungssatelliten SPOT (Systeme
Probatoire d'observation de la Terre) des Centre National d'Etudes
Spatiales (CNES) stehen der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung. Am
8. Oktober 2001, dem Tag nach Beginn der US-Luftangriffe auf
Afghanistan, ordnete das französische Verteidigungsministerium einen
Verkaufsstop für alle aktuellen Aufnahmen des SPOT-4 an. Die
Öffentlichkeit erfuhr davon erst am 19. Oktober durch die
Pressesprecherin des SPOT-Unternehmens. Nicht bekannt wurde, in welchem
Umfang die Europäische Kommission als regelmäßiger SPOT-Kunde von dem
Verbreitungsverbot betroffen ist. (37) Normalerweise benutzt die
Kommission die Satellitendaten zur Überwachung der europäischen
Agrarwirtschaft. Im Falle des Afghanistankrieges hat die EU ein
elementares Interesse, das Kriegsgeschehen im Rahmen ihrer Sicherheits-
und Verteidigungspolitik zu beobachten.
Obwohl die "moderne" Kriegführung der US-Streitkräfte in Afghanistan nur
durch den Einsatz von Satelliten möglich ist, wird diesem
"Weltraumaspekt" in der Öffentlichkeit bisher kaum Beachtung geschenkt.
So wie die US-Streitkräfte ihr Weltraummonopol gegenüber den Militärs
anderer Länder ausspielen, so verteidigen sie es auch gegenüber den
Zivilisten. Den vielen Militärsatelliten stehen nur wenige zivile
Raumflugkörper gegenüber. Außerdem ist deren technische Qualität
gegenüber den militärischen Exemplaren oft schlechter, wie z. B. das
Aufklärungsvermögen bei Photosatelliten zeigt. Während die militärischen
Spionagesatelliten hier eine Schärfe von maximal 5 cm erreichen,
schaffen zivile Erderkundungssatelliten nur 1 Meter. Aber nun verweigern
die US-Militärs den Zivilisten im In- und Ausland selbst diesen
unscharfen Blick auf ihre Kriegführung in Afghanistan. Der ohnehin
schlecht informierten Öffentlichkeit soll selbst dieser Zugang zu
unabhängigen Informationen unter dem Vorwand notwendiger militärischer
Geheimhaltung strikt vorenthalten werden. Im diesem Zusammenhang darf
nicht übersehen werden, daß zu Beginn des Krieges nur ein einziger
europäischer Journalist, ein spanischer Angestellter beim arabischen
Fernsehsender Al Jazeera, in ganz Afghanistan präsent war. Je geringer
der Informationsstand ist, desto einfacher die Möglichkeiten zur
Manipulation. Aber sollte nicht wenigstens des Weltall allen
terrestrischen Lebewesen in gleicher Weise offen stehen?
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner
Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS). Der Artikel
erschien zuerst in der antimilitarismus information (ami), Berlin,
12/2001, S. 38-46.
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Jane's Defence Weekly (JDW), 17.10.2001, S. 6
(3) Bryan Bender, US Has Mix of Spy Techniques, Boston Globe, 27.9.2001
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(5) Craig Covault, NRO KH-11 Readied For Afghan Recon, AW&ST, 8.10.2001,
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(6) Philipp Clark, Russian imaging satellite returns to Earth, JDW,
17.10.2001, S. 10
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(17) N.N., The Satellite Wars: Afghanistan and Yugoslavia,
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(21) Jennifer Lee, Europe Plans to Compete with U.S. Satellite Network,
New York Times, 26.11.2001.
(22) Bruce A. Smith, Launch Held for DMSP Weather Satellite, AW&ST,
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(24) N.N., The Satellite Wars: Afghanistan and Yugoslavia,
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(25) Susan H. H. Young, a.a.O. S. 158
(26) Anne Marie Squeo, Crucial Lockheed Satellite System For Use in
Missile Defense Is Over Cost and Late, Wall Street Journal, 16.11.2001.
(27) Craig Covault, Secret Relay Satellite Launched As USAF Weighs Surge
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(28) David Baker, Space For Wings, Air International, November 2001, S.
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(29) Jamie McIntyre, ?New War' to be fought with unprecedented secrecy,
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(30) Howard Kutz, Journalists Worry About Limits On Information Access,
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(31) Lawrence W. Fritz, High Resolution Commercial Remote Sensing
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http://www.isprs.org/publications/highlights/highlights0402/fritz.html
(32) Agence France Press, US buys up all satellite war images,
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Space News, 6.11.2001, http://www.space.com/spacenews/NIMA_1105.html
(33) N.N., Shutter Control, AW&ST, 22.10.2001
(34) David Corn, Their Spy in the Sky, The Nation, 26.11.2001
(35) Barbara Opall-Rome, Israeli Sat Venture Reaps Rewards for War
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(36) Edmund Sanders, Experts Say Photos Are Misleading, Los Angeles
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(37) N.N., French Defence Ministry Bars Sales of Satellite Pics of
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http:/www.spacedaily.com/news/spysat-01c.html
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