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[infowar.de] TELEPOLIS: Es begann mit einer Luege



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 Es begann mit einer Lüge
 
 Dirk Eckert   05.02.2002 
 
 Journalisten und Friedensbewegung trafen sich zum Medienkongress in 
Münster 
 
 "Vom Fernsehbild zum Feindbild?", fragte die 
[1]Bertha-von-Suttner-Stiftung am letzten Samstag in Münster. Es ging 
um die Rolle der Medien in Kriegszeiten: Lassen sich Medien von Politik 
und Militär instrumentalisieren, was kann kritischer Journalismus 
leisten? Bestandsaufnahme wie Debatte über Rolle und Möglichkeiten der 
Medien schien der Stiftung der Deutschen Friedensgesellschaft - 
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen ( [2]DFG-VK) überfällig. Fälle wie 
der Hufeisenplan während des Kosovo-Krieges waren den rund 120 
TeilnehmerInnen des Kongresses, größtenteils der Friedensbewegung 
zuzurechnen, noch deutlich vor Augen. 
 
 Der Publizist Roger Willemsen eröffnete den Kongress mit einer 
zornigen Rede. "Keine Diktatur hätte diesen Krieg reibungsloser 
durchführen können", kritische Stimmen hätten aus dem Ausland 
importiert werden müssen, beschrieb er die gesellschaftliche 
Wirklichkeit in der Bundesrepublik nach dem 11. September. Überrascht 
zeigte er sich von "dem Infantilen und der Simplizität" in den 
Kriegsrechtfertigungen. Eine Kriegssituation hätte er sich wesentlich 
"diffiziler" vorgestellt, mit mehr "großer Rhetorik", kommentierte er 
bitter. 
 
 Willemsen war die Wut anzumerken. Beim Publikum traf er damit die 
Stimmung. Hier redete einer, der sich nach dem 11. September in einer 
Gesellschaft wiederfand, die in ihrer Mehrheit George W. Bush für einen 
großen Staatsmann hält, in der jegliche Kritik an amerikanischer 
Außenpolitik als "antiamerikanisch" diffamiert wird. Willemsen bestand 
dagegen darauf, amerikanische Politik kritisieren zu dürfen. "Es darf 
keine Zweiklassengesellschaft der Toten geben", warnte er. Da gab's 
großen Beifall. 
 
 Der Medienwissenschaftlerin Elvira Claßen ( [3]Medienrealität im 
Kosovo-Krieg), spontan für den erkrankten Andreas Zumach (taz) 
eingesprungen, blieb es nach dieser furiosen Abrechnung mit 
Springer-Spiegel-Schröder überlassen, auf strukturelle Mängel in der 
deutschen Medienlandschaft aufmerksam zu machen. So gebe es keine 
unabhängige Institution, die die Medien beobachte, bemängelte sie und 
empfahl den Blick nach Amerika und auf Organisationen wie [4]FAIR , die 
eben dies machen. 
 
 Doch was können solche Organisationen bewirken? Im Ernstfall nichts, 
siehe Amerika. Auch Willemsen hatte seine Zweifel. Der Presserat , die 
einzige vorhandene Institution in Deutschland, die sich um die Qualität 
der Medien kümmere, habe keine Macht, seine Rügen würden ignoriert: 
"Was ist eine Rüge des Presserates gegen einen Krieg?" Und 
journalistische Selbstkritik, wie sie betrieben werde, komme erstens 
immer nur hinterher und bleibe zweitens folgenlos, lautete seine 
Beobachtung. 
 
 Mit Matthias Werth (Monitor) und Volker Steinhoff (Panorama) saßen 
zwei Praktiker auf dem Abschlusspodium. Werth konnte mit Beispielen aus 
seiner journalistischen Arbeit zeigen, dass auch in den Massenmedien 
kritischer Journalismus möglich und gewünscht ist. Anhand der 
[5]Brutkastenlüge aus dem Golfkrieg und dem Hufeisenplan im 
Kosovo-Krieg demonstrierte er, wie Politiker im Krieg zur Mitteln der 
Manipulation greifen. Seine Arbeitsbedingungen besonders bei dem Film 
[6]Es begann mit einer Lüge seien dabei sehr gut gewesen. Auch und 
gerade nach der massiven Kritik habe der WDR zu ihm gehalten. 
Allerdings wusste auch Werth - und das nannte er die "Merkregel" für 
kritischen Journalismus: "Wer kritisch berichtet, darf sich keine 
Fehler erlauben." 
 
 Werth konnte dabei auf eigene Erfahrungen verweisen, etwa als er vor 
Gericht gezerrt wurde, nachdem er die vermeintliche Zeugenaussage, 
wonach irakische Soldaten in Kuwait Babys aus Brustkästen gerissen 
hätten, als gelogen entlarvt hatte. Geklagt hatte übrigens die 
PR-Agentur, die die Geschichte inszeniert hatte, Werth wurde aber 
freigesprochen. Nach dem Golfkrieg hatte Werth gehofft, dass die Medien 
nicht mehr auf so etwas hereinfallen. "Idealistisch" nennt er das 
heute. Im Kosovo sei er dann eines Besseren belehrt worden. 
 
 Was also ist zu tun? Steinhoff riet Medien wie Friedensbewegung, 
Fehler zu vermeiden und differenziert zu berichten bzw. zu 
argumentieren. Wer das nicht tue, mache sich unglaubwürdig. Im 
friedensbewegten Publikum mehrten sich die Stimmen, sich nicht nur auf 
die Medien zu verlassen, sondern selber aktiv zu werden. Das Stichwort 
"Internet" machte die Runde, einige warben für Antikriegskampagnen vor 
dem Münsteraner Rathaus. Verzichten wollte jedoch niemand auf Filme wie 
"Es begann mit einer Lüge", und so gaben viele der Anwesenden Panorama 
und Monitor ein "Weiter so!" mit auf den Weg. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.dfg-vk.de/stiftung/
 [2] http://www.dfg-vk.de/
 [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/6508/1.html
 [4] http://www.fair.org/
 [5] http://www.cjr.org/year/92/5/war.asp
 [6] http://online.wdr.de/online/news/kosovoluege/
 
 Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/konf/11759/1.html 
 
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