Suche innerhalb des Archivs / Search the Archive All words Any words

[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[infowar.de] Sonntagszeitung: Weltherrschaft. Die Kontrolle der USA über das Internet ist total



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------

Eine ungewöhlich deutliche Position im etablierten Medienwald. Technisch
ist zwar einiges nicht richtig, z.B. die absolute Notwendigkeit des Root
Servers A für die Domainauflösung und ähnliches, aber die Stoßrichtung
lässt aufmerken. Dafür sind noch ein paar neue Details zur Sperrung des
Internet in Somalia drin. 
In der Newsgroup de.org.ccc läuft gerade eine Diskussion dazu.
Message-ID: <a4uf87$no8$1 -!
- news -
 imp -
 ch>
RB

http://www.sonntagszeitung.ch/sz/szUnterRubrik.html?rubrikid=108&ArtId=163755

Sonntagszeitung (Schweiz), 17.2.2001

Weltherrschaft

Die Kontrolle der USA über das Internet ist total. Sie allein bestimmen,
wer mit wem kommunizieren darf. Und sie können ganze Länder vom
Datenverkehr abschneiden.

Von Oliver Zihlmann

Mogadiscio, Somalia, Mittwoch, 21. November 2001, elf Uhr Nachts. Auf
dem Bildschirm vor Abdulkadir Hassan Ahmed Kadleh, dem Administrator des
grössten somalischen Internetanbieters, blinkt ein rotes Warnsignal.
«Ich dachte zuerst, es sei eine Panne», sagte Kadleh später der
Nachrichtenagentur AP. Die Wahrheit erfuhr der Provider wenige Minuten
darauf telefonisch: Die USA hatten die ostafrikanische Republik soeben
vom Internet getrennt. Die Amerikaner verdächtigen die Netzanbieter in
Somalia, vom Terror-Netzwerk al-Qaida infiltriert zu sein. Kurz zuvor
hatten die USA auch alle internationalen Telefonleitungen und die
elektronischen Bankverbindungen nach Somalia gekappt.

 Am Beispiel von Somalia demonstrierten die USA zum ersten Mal ihre
totale Herrschaft über die globalen Datennetze. «Wir haben eine
gewaltige Macht über das Internet», sagt der US-Netzwerktechniker Karl
Auerbach, einer von 19 Direktoren der «Internet-Regierung» Icann. Die
Internet Corporation for Assigned Names and Numbers verwaltet seit 1998
im Auftrag des US-Wirtschaftsministeriums das Adressensystem des
Internet. Auerbach: «Von Kalifornien aus könnten wir zum Beispiel alle
Internetseiten mit der Endung <.ch> im Handumdrehen vom Internet
verschwinden lassen.»

 Wie das funktioniert? Im Fall von Somalia mussten die USA keine
Adressen sperren. Sie kappten einfach die Telefonleitungen, indem sie
den internationalen Netzknoten für Somalia bei der Firma Concert
Communications abschalteten. Die Firma in Atlanta, Georgia, wird von der
mächtigen US-Telefoniefirma AT&T kontrolliert. Zur völligen Abtrennung
von Somalia genügte anschliessend eine Anfrage des US-Aussenministeriums
an den Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate. Der befahl seinem
staatlichen Provider Etisalat, die einzige nicht von US-Firmen
überwachte Datenleitung nach Somalia zu kappen.

Europäische Surfer bewegen sich praktisch ständig auf US-Territorium

Erst jetzt wird vielen Internetnutzern bewusst, wie allumfassend die
Herrschaft der Amerikaner über die modernen Kommunikationsnetze ist.
Wollten sie einen «Informationskrieg» gegen Europa führen - der Alte
Kontinent sähe uralt aus. Denn praktisch ständig bewegen sich
europäische Surfer auf US-Territorium:

 91 Prozent der europäischen Internetnutzer gehen mit Zugangssoftware
der US-Firmen Microsoft und Netscape ins Web. Die so genannten Browser
haben den Segen des nationalen Geheimdienstes NSA. Nur 4 Prozent surfen
mit dem europäischen Browser Opera. 64 Prozent aller Internetanbieter
weltweit werden von den USA aus kontrolliert, bloss 13 Prozent von
Europäern. 97 Prozent aller Router, die als Datenweichen die
Informationsströme im Internet zu ihren Zielen lenken, werden von den
US-Firmen Cisco und Juniper hergestellt. Europa baut praktisch keine
Router selbst. 100 Prozent aller Surfer weltweit finden Websites oder
die Empfänger von E-Mails über das Adressverzeichnis des so genannten «A
Root Server». Dieser Netzrechner - das eigentliche Herz des Internet -
steht unter der Kontrolle der US-Regierung in einem Vorort von
Washington im Bundesland Virginia, bloss 30 Kilometer vom Pentagon
entfernt. Obwohl die USA die Internetressourcen kontrollieren, gehen in
Europa fast so viele Menschen (154 Millionen) ins Internet wie in den
USA (166 Millionen). «Zugang zum Internet garantieren uns die Amerikaner
nicht»

Wie gross die Abhängigkeit von den USA ist, weiss Marcel Frauenknecht,
Leiter des Sicherheitsbereiches Informatik beim Bund. «Wenn die USA alle
Schweizer E-Mail- und Internetadressen sperren, könnten wir den
Internetverkehr innerhalb der Schweiz nur sehr reduziert
aufrechterhalten.» Zwar gibt es staatsrechtliche Verträge, die der
Schweiz den Zugang zum Telefonnetz zusichern, aber: «Den Zugang zum
Internet garantieren uns die USA nicht.»

 Das bereitet Staatsrechtlern weltweit Kopfzerbrechen. Wenn jemand in
Europa eine Web-Adresse wie www.uno.org in die Zugangssoftware tippt,
geht diese Anfrage an Netzanbieter wie Swisscom oder Sunrise. Diese
benötigen eine nummerische Identifikation - die so genannte IP-Adresse -
des Uno-Rechners, um von dort die verlangten Informationen bereitstellen
zu können. Diese Serveradresse ist nur über den «A Root Server» in
Virgina zu erfahren: Er gibt Auskunft, welcher untergeordnete Rechner
das Adressenverzeichnis für die Schweiz gespeichert hat. Wird dieser
Hinweis gelöscht - eine einzige Zeile in einer kurzen Textdatei -,
wissen Swisscom & Co. nicht mehr, auf welchem Computer die Site uno.org
liegt - die Browserfenster der Surfer bleiben leer.

 Zwar wird der Inhalt des «A Root Server» mindestens zweimal täglich auf
zwölf andere Rechner kopiert. Doch davon stehen wiederum neun in den
USA. «Man könnte den europäischen Adressen-Server in London anfragen,
statt den US-Server», sagt Andreas Greulich, Netzwerkspezialist des
Sicherheitsbereiches Informatik beim Bund. «Dies würde aber einer
Entkopplung des europäischen vom amerikanischen Internet gleichkommen
und somit das Problem nur innereuropäisch lösen.» Wenn die Amerikaner
wollten, könnten sie Europa praktisch alle Internetverbindungen nach
Asien kappen. «Unsere Analysen haben ergeben, dass fast alle Leitungen
von Europa nach Asien über die US-Ostküste führen», sagt Bradley
Huffaker, der an der Universität von Kalifornien in San Diego die
globale Internet-Topologie erforscht. Bestätigt hat das der 11.
September. «Als ein wichtiger Netzknoten im World Trade Center in New
York riss, konnten einige europäische Internetanbieter nicht einmal mehr
die eigenen Sites finden», sagt Icann-Direktor Auerbach. «Offenbar
leiten viele Provider sogar den innereuropäischen Verkehr über die USA.»

Den Somaliern fehlt das dringend benötigte Geld von Exilbürgern

Die EU begegnet der US-Dominanz bisher zögerlich. Internetadressen mit
der geplanten Endung «.eu» für die Europäische Union wird es frühestens
Anfang 2003 geben. Die EU-Domain sei «in die Mühlen der europäischen
Verwaltung geraten», berichtet der Online-Fachdienst
«Domain-Newsletter». Selbst wenn es solche Adressen gibt - verwaltet
werden sie via die USA. Die US-Regierung trotzt bisher allen Versuchen,
die Kontrolle über das Adressensystem einem internationalen Gremium zu
überantworten. So blitzte vergangene Woche die in Genf ansässige
Internationale Fernmeldeunion ITU zum wiederholten Mal ab. Sie
koordiniert im Uno-Auftrag die globalen Funk- und
Telekommunikationsnetze. «Für das wirtschaftliche, kulturelle und
soziale Schicksal dieser Nation ist entscheidend, wer das Internet
beherrscht», verkündete der Abgeordnete Conrad Burns im vergangenen Jahr
im US-Senat. Aber auch das Schicksal der Somalier hängt am Internet:
Seit November können sie kein Geld mehr ins Land transferieren - dabei
bräuchten 70 Prozent der Haushalte dringend Überweisungen von Bürgern im
Exil.

----------------------------------------
Totale Kontrolle 
Seit den Gründerzeiten des Internets hat die US-Regierung die Kontrolle
über die Vergabe von Internetadressen unter sich: 

1984: Einführung der heute bekannten Internetadressen. Die US-Regierung
beauftragt ein kleines Expertenteam an der Universität von
Südkalifornien mit deren Verwaltung. 

1993: Dank einem Vertrag mit der US-Regierung geht die Kontrolle über
die .com-, .org-, .net- und .edu- Adressen an die Privatfirma Network
Solutions (NSI) in Herndon, Virginia. 

1996: Mit der rasanten Verbreitung des Internets wächst die Kritik am
Adressenmonopol der privaten NSI, die damit Millionen einnimmt. Die
Regierung unter Bill Clinton überträgt das Adressenmonopol deshalb 1998
der Non-Profit-Organisation Icann. 

2001: Icann versucht, die alleinige Kontrolle über das
Internetadressensystem zu übernehmen. Die US-Regierung sperrt sich.

---------------------------------------------------------------
Liste verlassen: 
Mail an infowar -
 de-request -!
- infopeace -
 de mit "unsubscribe" im Text.