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[infowar.de] FR 28.2.02 (Grobe): Hollywood kämpft mit



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http://www.f-r.de/fr/spezial/terror/2037/t2037001.htm

Hollywood kämpft mit 

Wie sich die USA auf einen Krieg gegen Irak vorbereiten und wie gefährlich Saddam Hussein wirklich ist 

Von Karl Grobe 

Kofi Annan, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat Tony Blair öffentlich gewarnt. "Ich wiederhole: Ich halte jeden Angriff auf Irak zu diesem Zeitpunkt für sehr unklug", sagte er. Reporter hatten ihn vor der Haustür des britischen Premiers befragt. Der Hauptmieter in 10, Downing Street will sich in sechs Wochen nach Washington begeben, um "auf einem Sondergipfel die letzten Details der militärischen Aktionen zum Sturz Saddam Husseins festzulegen", wie es der Londoner Guardian formuliert. Blair, meint die liberale Zeitung, bereite sich auf eine besondere Rolle vor - die des Cheerleaders in Europa für jegliche Art von Angriff auf Irak.

Was er als einen ausreichenden Kriegsgrund ansieht, teilte der britische Premier Anfang der Woche mit: eine Weigerung Saddam Husseins, die irakischen Massenvernichtungswaffen zu vernichten. Selbst die Falken-Viererbande in Washington (Präsident George W. Bush, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Vizepräsident Richard Cheney, Chefberaterin Condoleezza Rice) fordert offiziell weniger, nämlich die neuerliche Zulassung internationaler Waffeninspektoren, denen das Bagdader Regime 1997 nach dem Auffliegen einer Spionage-Affäre das Betreten Iraks verboten hatte. Damals hatte sich herausgestellt, dass ein Mitglied der Unscom genannten Inspektorengruppe zuerst dem US-Geheimdienst CIA alles Wissenswerte zugespielt hatte, bevor noch der jeweilige offizielle Bericht an die UN fertig war.

Die Unscom hatte bis dahin so umsichtig, wie es unter irakischen Verhältnissen möglich war, an der Aufspürung und Vernichtung jener Waffen gearbeitet, welche dem irakischen Regime laut UN-Sicherheitsratsresolution 687 vom 3. April 1991 nicht zur Verfügung stehen dürfen: ABC-Waffen, ballistische Raketen und waffenfähiges Nuklearmaterial. Irak hat den größten Teil dieser Bedingungen erfüllt, unter Aufsicht die Anlagen zur Produktion biologischer und chemischer Waffen zerstört und bis 1998 nuklear vollständig abgerüstet. Von den knapp 820 ballistischen Raketen (Scud-B aus sowjetischer sowie Hussein und Abbas aus eigener Fertigung) ist höchstens noch ein halbes Dutzend vorhanden. Das geht aus Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik hervor. Über die Vernichtung der letzten 500 von ursprünglich 100 000 Artilleriegeschossen, die mit Giftgasen gefüllt sind, hatte Unscom keine letzte Klarheit. 

Über welches Arsenal kann Saddam Hussein noch gebieten? Nach einer Studie des Washingtoner Center for Strategic and International Studies (CSIS) sind das noch rund 2200 Kampfpanzer, sämtlich über zehn und meist über zwanzig Jahre alt und denen der USA hoffnungslos unterlegen, was auch für die sowjetischen T-72-Panzer gilt. Für kurze Einsatzzeiten hat Irak "etwa 316" ebenso alte Kampfflugzeuge, höchstens 750 (meist leichte) Boden-Luft-Raketen und - ebenfalls für die Luftabwehr - rund 3000 Flakgeschütze. Die zehn motorisierten Elite-Divisionen der regulären Armee und der Republikanischen Garde besitzen gegenwärtig knapp zwei Drittel der Ausrüstung von 1990. 

"Während die USA einige hundert Milliarden Dollar für die Modernisierung ihrer Streitkräfte in Anwendung der Lehren aus ihrem Sieg ausgegeben haben, konnte Irak nicht ein einziges bedeutendes neues Waffensystem oder Militärtechnik importieren, um die Lehren aus seiner Niederlage umzusetzen", analysierte CSIS im Dezember vorigen Jahres. Und: "Entgegen den Aussagen einiger Überläufer scheint es zweifelhaft, dass Saddam auch nur eine einzige Nuklearwaffe besitzt."

Die Mannschaftsstärke der irakischen Streitkräfte liegt bei 400 000, ungefähr ebenso viele wenigstens zum Teil kampferfahrene Reservisten sind außerdem zu mobilisieren. Doch fragt sich, wie gehorsam sie sind. CSIS verweist zwar auf die jahrzehntelange ideologische Bearbeitung der Bevölkerung durch das Regime, äußert aber auch Zweifel, ob etwa schiitische Rekruten aus dem Süden wirklich für die Despotie kämpfen würden. Schließlich warnt die Studie, auch anhand der Erfahrungen aus dem Golf-Krieg, Kosovo und Afghanistan, ein Luftkrieg (der USA gegen Irak) könnte nicht so präzise geführt werden, dass "hohe Kollateralschäden und viele Ziviltote vermieden" werden könnten.

Was die ideologische Bearbeitung der Bevölkerung angeht - da ziehen die USA nun nach. Im State Department ist die erfolgreichste Werberin "für Uncle Ben's Reis und Hoover-Staubsauger", wie der Zürcher Tagesanzeiger anmerkt, jetzt für "Public Diplomacy" zuständig, die Spitzen-Werbefrau Charlotte Beers. Das Pentagon hält zwar professionelle Journalisten aus dem eigenen Land von Besuchen bei - beispielsweise in Afghanistan - kämpfenden Militärverbänden manchmal sogar mit Waffengewalt zurück, gewährt aber einer Hollywood-Produktionsfirma mit nachgewiesener patriotischer Legitimation Zugang zu solchen Einheiten in Afghanistan, Somalia und auf den Philippinen, um eine 13 Teile lange so genannte Reality Show mit dem Titel "Profile von der Front" zu drehen. "Wir werden natürlich eine pro-militärische Haltung haben", erläuterte einer der Produzenten. Die Unterhaltungsabteilung der Fernsehanstalt ABC hat die Serie unbesehen eingekauft - für die beste Sendezeit.

Von einem anderen Werbeunternehmen in Sachen Kriegsrechtfertigung hat das Pentagon am Dienstag schon wieder Abschied genommen. Donald Rumsfeld löste das fünf Monate alte "Office of Strategic Influence" (OSI) wieder auf. Gegen dieses Staatsinstrument zur Meinungsbeeinflussung hatten sich im Kongress und in der Presse laute Proteste erhoben. Nun sagte Rumsfeld, die Kritik habe das Amt so sehr beschädigt, dass es keine Chance mehr habe und dichtgemacht werde - auch um Schaden vom Pentagon abzuwenden.

Die New York Times hatte berichtet, das OSI werde von Luftwaffen-Brigadegeneral Simon P. Worden geleitet und sollte alles koordinieren, was mit offiziellen Pressemitteilungen und mit "Informationskrieg" in befreundeten und nicht befreundeten Ländern zu tun habe. Lügen dürfe es aber nicht verbreiten. Immerhin, räumte Rumsfeld ein, haben die Veröffentlichungen über seine geplanten Tätigkeiten seine Glaubwürdigkeit schon erschüttert.

Was nicht ganz neu ist. Im zweiten (dem amerikanischen) Golf-Krieg hatte der damals höchste Offizier der USA, Norman Schwarzkopf, dafür gesorgt, dass das US-Pressekorps in Arabien nicht aus den Stützpunkten herauskam oder allenfalls an gewisse Wüstenorte geführt wurde, die sorgfältig präpariert waren. Ein übles Massaker der US-Armee, verübt gegen geschlagene und fliehende Einheiten der irakischen Republikanischen Garde Anfang März 1991, ist erst im März 2000 enthüllt worden, und zwar von Seymour M. Hersh im New Yorker. Und die offiziellen Verlautbarungen, die "chirurgischen Schläge" und Angriffe mit elektronisch gesteuerten Präzisionswaffen hätten das Arsenal ballistischer Raketen in Irak faktisch ausgelöscht, erwiesen sich als maßlos übertrieben. Die Vernichtung dieser Waffensysteme hat nach dem Krieg stattgefunden, unter Kontrolle der Unscom. Irak ist nicht waffenlos. Aber gefährlich für die USA ist es nur aus der Sicht der Meinungsmacher.


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