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[infowar.de] Propagandaschlacht um Irak



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.taz.de/pt/2002/03/14/a0146.nf/text.ges,1


                        Der Kampf um die Herzen

                        Saddam Husseins Haussender beschallen den Irak
mit
                        Anti-USA-Propaganda. Die Amerikaner versuchen
ihrerseits,
                        sich mit dem Medienprojekt "Free Muslim World"
ihre
                        Pfründen zu sichern

                                     von ROLAND HOFWILER

                        Wer ist der größte Terrorist aller Zeiten? Wer
es noch nicht
                        weiß, der höre einmal "Irak Radio" aus Bagdad:
Es ist George
                        W. Bush und das "Terrornetzwerk CIA". Seit
Jahren dröhnt der
                        Staatssender des Diktators Saddam Hussein gegen
das
                        "faschistische Amerika", hetzt gegen die
"Zionisten in Palästina"
                        und droht der westlichen Welt mit Vergeltung.
"Sollte es jemand
                        wagen, unser Land in eine Kolonie zu verwandeln,
in ein zweites
                        Afghanistan", so kürzlich ein Kommentator, "dann
werden die
                        irakische Regierung und das irakische Volk nicht
zögern, die
                        Zionisten ins Meer zu treiben und die Amerikaner
aus den
                        Heiligen Stätten des Islams nach Hause zu
jagen."

                        Doch wer diese und ähnliche Hasstiraden über
sich ergehen
                        lassen will, der muss Arabisch verstehen. Ein
englischsprachiger
                        Propagandaservice existiert nicht. Der
Internetauftritt der
                        irakischen Presseagentur INA ist dürftig, die
Iraq Daily News
                        wird verspätet und nur mit kurzen Beiträgen ins
Netz gestellt
                        (www.uruklink.net/iraqdaily).

                        Selbst die arabischsprachige Selbstdarstellung
lässt zu wünschen
                        übrig. Staatsradio und -fernsehen sind zwar auch
als
                        Audio-live-Stream im Internet vorhanden
(www.iraqtv.ws),
                        doch nur über sehr schwache Server, was einen
Empfang oft
                        unmöglich macht.

                        Im Vergleich zu den meisten arabischen Staaten
ist die
                        Mediensituation im Irak weit zurückgeblieben,
möglicherweise
                        eine Folge des seit Jahren bestehenden
UNO-Handelsembargos.
                        Wenige Zeitungen erscheinen, Radio- und
Fernsehgeräte
                        gehören nicht zu jedem Familienhaushalt. Anders
als etwa
                        Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi, das
saudi-arabische
                        Königshaus oder die iranische Regierung,
unternimmt das
                        Regime unter Saddam jedenfalls derzeit keine
Anstrengungen,
                        sich in der islamischen Welt mittels starker
Sendeanlagen und
                        einiger Fremdsprachenprogramme etwas Gehör zu
verschaffen.
                        Untypisch für eine Region, in der jede Regierung
glaubt, ihren
                        Standpunkt zur Weltpolitik allen Nachbarn
ausführlich erklären
                        zu müssen. Selbst der Erzfeind Iran bleibt von
irakischer Seite im
                        Äther verschont, nicht aber umgekehrt. Teheran
versucht in
                        speziellen Programmblöcken die Bevölkerung des
Iraks gegen
                        Saddam aufzustacheln - und das schon seit
Jahren.

                        Geradezu überschüttet wird Bagdad dagegen mit
Propaganda
                        made in USA: Zahlreiche Oppositionsgruppen und
Exilpolitiker
                        versuchen, mit amerikanischer Hilfe die
Herrschaft des irakischen
                        Diktators zu untergraben. Das
US-Außenministerium stellt dem
                        irakischen Exilnationalkongress jährlich mehrere
Millionen Dollar
                        bereit, um Büros zu eröffnen und
Saddam-feindliche Radio- und
                        Fernsehprogramme auszustrahlen. Was an
Gegenöffentlichkeit zu
                        Stande kommt, ist allerdings kaum der Rede wert.
Weder der
                        "al-Mustaqbal"-Medieninitiative noch dem
"Hurriah-Radio", der
                        offiziellen Stimme des Nationalkongresses, ist
es bislang
                        gelungen, einen kontinuierlichen Sendebetrieb
aufzubauen. Die
                        kurdischen Exilsender aus dem Iran und der
Türkei wenden sich
                        ihrerseits nur an ihre kurdischen Landsleute im
Irak.

                        Rund um die Uhr sendet dagegen "Radio Free Irak"

                        (www.rferl.org/bd/iq), mit Standort Prag.
Zusammen mit "Radio
                        Free Afghanistan" gilt der Sender als Keimzelle
des
                        US-Mammutsendeprojekts "Free Muslim World", das
künftig
                        "die amerikanischen Ideale von Demokratie und
Freiheit" von
                        Marokko über Afghanistan bis zu den Philippinen
in muslimische
                        Ohre tragen soll. Mit einem Mix aus Politik und
flotten Rhythmen
                        wollen die Amerikaner in den kommenden Jahren an
die 500
                        Millionen Muslime weltweit anlocken, meist
jugendliche Hörer
                        zwischen 15 und 30 Jahren. "The battle for the
hearts and
                        minds", der Kampf um die Herzen mit medialen
Mitteln, soll zum
                        Gegenpol der "terroristischen Propaganda aus den

                        Schurkenstaaten" werden. So sehen es zumindest
die
                        US-Planspiele vor.

                        Ob "Radio Free Irak" die Menschen im Irak
wirklich erreicht,
                        darüber liegen keine unabhängigen Angaben vor.
Und ob sich
                        Saddam vor dem US-Sender fürchtet, darüber kann
nur
                        spekuliert werden. Immer wieder tauchen in
amerikanischen
                        Zeitungen Berichte auf, wonach irakische Agenten
schon
                        mehrfach versucht hätten, ein Attentat auf die
Sendestudios
                        durchzuführen. Aus Angst vor Anschlägen
überlegen die
                        Amerikaner angeblich schon seit längerem, die
Sendeanlagen
                        von "Radio Free Irak" und "Radio Free
Afghanistan" aus der
                        Prager Innenstadt an einen strategisch
sichereren Ort zu
                        verlegen. Der Großraum Budapest ist dabei im
Gespräch, aber
                        auch abgeschiedene Bergtäler in der Hohen Tatra.
Doch wer
                        weiß, vielleicht sind diese Berichte nur Teil
der von Washington
                        selbst eingestandenen "Desinformationskampange"
im Kampf
                        gegen die "Achse des Bösen". Der irakische
Diktator gibt
                        zumindest die Vorlagen im Propagandakrieg. Er
werde nicht
                        zögern, ließ er über seinen Haussender "Radio
Irak" verbreiten,
                        sollten die Amerikaner weiter an der Entwicklung
von
                        Miniatombomben arbeiten, werde sein Land
"entsprechend
                        antworten".

                        taz Nr. 6700 vom 14.3.2002, Seite 18, 169 Zeilen
(TAZ-Bericht), ROLAND
                        HOFWILER


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