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[infowar.de] Das Militär und die Computerspiele



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   Das Milit=E4r und die Computerspiele

   Florian R=F6tzer   21.06.2002

   Britische Soldaten =FCben mit einer realistisch modifizierten Version
des Computerspiels Half-Life, Grundlage f=FCr Counterstrike, also doch
"Software f=FCrs Massaker?

   Counterstrike wurde nach dem Amoklauf von Erfurt von Manchen
mitverantwortlich f=FCr die coole Killermentalit=E4t des T=E4ters gemacht,
der schnell und anscheinend mit hoher Treffersicherheit seine
ehemaligen Lehrer erschossen hat. "Software f=FCrs Massaker" titelte die
FAZ populistisch ( [1]Die Wahrheit =FCber das Massaker in Erfurt).
Half-Life, das Counterstrike zugrunde liegt, wird in einer Version
tats=E4chlich als Software zur Ausbildung von britischen Soldaten
verwendet. Also doch eine Software f=FCrs Massaker.

   [2]QinetiQ ist eine Firma, die aus der DERA, der Defence Research and
Development Agency, dem britischen Pendant zur ARPA, entstanden ist.
Sie hat Half-Life so ver=E4ndert, dass der Ego-Shooter auch zur Schulung
f=FCr Soldaten geeignet ist, die zumindest seit den Computerspielen,
wahrscheinlich aber auch schon viel fr=FCher in das Edutainment
eingestiegen sind. =DCbungen und Milit=E4rspiele gibt es zumindest schon so
lange, wie man sich auf einen Krieg vorbereitet.

   Spiele haben wie Man=F6ver und andere =DCbungen den Vorteil, dass nur zum
Schein, virtuell, get=F6tet wird. Man hat also, mit mehreren Leben
ausgestattet, eine bessere Chance zum Lernen und kann sich auf
schwierige Situationen vorbereiten. Zumindest k=F6nnten halbwegs
realistische Computerspiele bereits angelegte Erfahrungen und
Reaktionen verst=E4rken. Das britische Verteidigungsministerium hofft mit
dem Qinetiq-Half-Life, nicht nur die Soldaten trainieren, sondern auch
neue Waffen erst einmal virtuell testen zu k=F6nnen. Die Firma behauptet,
das Spiel so ver=E4ndert zu haben, dass die Soldaten in "realen
Situationen" =FCben k=F6nnen. Die Soldaten wiederum k=F6nnten ihre "realen
F=E4higkeiten" einsetzen. Das klingt also ganz sch=F6n realistisch, so dass
der Weg von der Simulation zur Wirklichkeit nicht gro=DF zu sein scheint.

   Im Spiel k=F6nnen bis zu acht Soldaten in den Kampf ziehen.
Normalerweise spielen jeweils vier Spieler gegeneinander und versuchen,
die gegnerischen Terroristen oder Mitglieder von Antiterror-Einheiten
abzuschie=DFen. Das kommerzielle Spiel ist also auch schon dem
Kriegsszenario nach dem 11.9. gut angepasst.

   Nach Major Bruce Pennell, der dem Logistics Corps der britischen Armee
angeh=F6rt, funktioniert die Qinetiq.Version ziemlich gut. Problematisch
sei bei Computerspielen stets, sagte er gegen=FCber [3]BBC, wie sehr man
in diese eintauchen, also gewisserma=DFen die Distanz verlieren k=F6nne.
Das sei bei dem milit=E4risch modifizierten Half-Life der Fall:

      "F=FCr uns, besonders f=FCr mich als einen Beobachter aus dem Milit=E4=
r,
ist klar, dass diese Burschen wirklich an dem beteiligt sind, das sie
machen. Es ist nicht nur ein Spiel, das mit einer Tastatur und einer
Maus gespielt wird. Sie wollen erfolgreich sein, genauso wie sie dies
im wirklichen Training wollen."

   Zwar sei es nicht ganz so schlimm, in der virtuellen Welt get=F6tet zu
werden, aber er hoffe, dass die Spiele zur Verst=E4rkung des Lernens
hinreichend "authentisch" sind. Mit Spielen und ihren simulierten
Welten k=F6nne man Soldaten auch unmittelbar auf einen wirklichen Einsatz
vorbereiten. Das aber k=F6nne, so Pennell, auch Probleme mit sich
bringen, wenn denn die wirkliche Kampfumgebung nicht der virtuellen
entspricht:

      "Man muss sicherstellen, dass die Simulation so genau wie m=F6glich
ist. Was nicht geschehen sollte, ist, dass ein Soldat in der wirklichen
Situation um eine Ecke rennt, um eine T=FCr zu finden, die es in der
virtuellen Umgebung gab, aber er dann entdecken muss, dass es die T=FCr
in der wirklichen Welt nicht gibt."

   Das aber hie=DFe, dass tats=E4chlich gew=FCnscht wird, Simulation und
Realit=E4t m=F6glichst zur Deckung zu bringen und zugleich den Spieler
m=F6glichst weit in das Spiel eintauchen zu lassen. Dann bliebe
m=F6glicherweise an Differenz nur =FCbrig, dass der Tod im Spiel nicht
irreversibel ist. Just diese Linearit=E4t oder Unumkehrbarkeit zeichnet
die Wirklichkeit oder das Leben aus, zumindest in vielen Hinsichten,
gibt aber kein wirkliches Kriterium zur treffsicheren Kennzeichnung der
(technischen) Simulation her. Schlie=DFlich spielt man ja auch im
wirklichen Leben, und auch lernen kann nur funktionieren, wenn
Situationen sich auf =E4hnliche Weise wiederholen, ohne gleich den Tod zu
beinhalten. Irreversibel ist dann in feinerer Unterscheidung die genaue
Konstellation von Erleben und Situation, die so nicht mehr wiederholbar
sind.

   Aber wahrscheinlich sind solche popul=E4rphilosophischen =DCberlegungen
weit weg von den wirklichen Fragen. Auf den f=FCr die "Jugend"
gestalteten neuen [4]Seiten der Bundeswehr, die sich attraktiver machen
will, kann man nicht nur das reale Leben von Soldaten im
Auslandseinsatz virtuell nachvollziehen, sondern darf auch schon mal
spielerisch eine Drohne fernsteuern. Mit Waffen ausgestattet ist sie
freilich (noch) nicht. W=E4re sie dies aber, und w=E4re das Spiel so
realistisch wie von Pennell gefordert, dann lie=DFe sich wom=F6glich vom
Spieler gar nicht mehr unterscheiden, ob er nur eine virtuelle oder
eine wirkliche Drohne steuert und virtuelle oder wirkliche Feinde
t=F6tet, solange nicht die Irreversibilit=E4t etwa in Form des Absturzes
der Drohne mit nachfolgendem schwarzen Bildschirm eintritt.
Gleichzeitig w=E4re man selbst als derjenige, der aus der Ferne,
wom=F6glich gesch=FCtzt in einem Bunker, die Drohne steuert, keiner
unmittelbaren Gefahr ausgesetzt.

   Spiel, Simulation und irreversible Wirklichkeit verschmelzen also
tats=E4chlich in naher Zukunft, wenn wir in die schon lange angek=FCndigten
Virtuelle Realit=E4t mit angekoppelten ferngesteuerten Systemen in der
wirklichen Welt eintauchen. Oder sollte man sagen: Wenn wir beginnen,
aus den bislang simulierten Welten wieder in der Wirklichkeit
aufzutauchen?

   Links

   [1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12432/1.html
   [2] http://www.qinetiq.com/
   [3]
http://news.bbc.co.uk/hi/english/sci/tech/newsid_2054000/2054437.stm
   [4] http://www.treff.bundeswehr.de/

   Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/game/12774/1.html

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