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[infowar.de] heute Abend: Dokumentation über Al-Jazira auf Arte



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Frankfurter Rundschau, 1.10.2002, Medien

Zwischen allen Stühlen 

Dokumentarfilm über den arabischen TV-Sender Al Jazira, der durch die
Ausstrahlung von Bin-Laden-Videos berühmt wurde 

"Al Jazira" Arte, 21.25 Uhr. Von der US-Regierung als
Bin-Laden-Sprachrohr kritisiert, von der deutschen Bundeszentrale für
politische Bildung als weitgehend unabhängig eingestuft: Die Meinungen
über den arabischen TV-Kanal Al Jazira gehen weit auseinander. Der
Sender mit Sitz in Katar gelangte nach dem 11. September 2001 zu
zweifelhafter Berühmtheit, weil er die Videoansprachen Bin Ladens
exklusiv zugespielt bekam und meist in voller Länge ausstrahlte. Beim
Krieg in Afghanistan erlaubten die Taliban lediglich Al Jazira, direkt
aus Kabul zu berichten. Tewfik Hakems Film versucht, einen Blick hinter
die Kulissen zu werfen.

Die Dokumentation beginnt mit der Entstehungsgeschichte: Im November
1996 startete Al Jazira den Sendebetrieb, initiiert durch den Emir von
Katar, der auch in der Folgezeit - trotz aller Kritik von arabischen
Machthabern - an dem Konzept festhielt. Der Name "Al Jazira" bedeutet
"Insel" und verweist auf das Selbstverständnis des Senders, der sich als
den einzigen glaubwürdigen und objektiven Kanal in der arabischen Welt
betrachtet. 70 Journalisten und Korrespondenten beschäftigt Al Jazira,
viele haben früher für europäische Stationen wie die BBC gearbeitet. Die
Popularität Al Jaziras war beim Fernsehvolk im Nahen Osten von Anfang an
groß.

Der Autor interviewt Redakteure und Moderatoren, die von der liberalen
Kraft ihres Senders schwärmen. Alle religiösen und weltanschaulichen
Richtungen seien hier vertreten, sagt eine Mitarbeiterin. Hakem zeigt
sowohl den Innenbetrieb des Senders - kontroverse Diskussionen in der
Redaktion, Besuche des Emirs von Katar - als auch Ausschnitte aus dem
Programm, zum Beispiel, wenn wütende Zuschauer bei einer politischen
Call-In-Talkshow anrufen. So vermittelt der Dokumentarfilmer eine Ahnung
davon, welch revolutionäres Projekt Al Jazira innerhalb der
staatsabhängigen arabischen Medienwelt tatsächlich ist.

Der wohlwollend-beschreibende Dokumentationsstil lässt den Film zuweilen
etwas einseitig erscheinen; manche Kritik, die in den vergangenen
Monaten an Al Jazira laut geworden ist, unterschlägt Hakem. Immerhin
erwähnt er am Schluss, dass sich der Sender mit einem Jahresbudget von
30 Millionen Dollar noch nicht rentiere, weil die amerikanischen
Werbeträger ausblieben. So zeigt er Al Jazira insgesamt als
zwiespältiges Phänomen: Für den arabischen Raum zweifellos ein Vorreiter
in Sachen demokratische Medienstrukturen, aus europäischer und
amerikanischer Sicht mit dem Verdacht der Nähe zu islamistischer
Propaganda behaftet. rid

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