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[infowar.de] Wartainment: Ueben fuer den Krieg im Irak



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/game/13367/1.html 

 Üben für den Krieg im Irak
 
 Florian Rötzer   06.10.2002 
 
 Wartainment: Computerspiele für den Krieg und zur Anwerbung 
 
 Die USA befinden sich nach Präsident Bush im Krieg. Der hat mit 
"Enduring Freedom" und dem Angriff auf Afghanistan begonnen und soll 
sich weiter gegen alle Terrororganisationen und Länder wie den Irak 
richten, die Terroristen unterstützen oder ihnen auch nur womöglich 
helfen könnten. Für den "Enduring War" gegen den Terrorismus und die 
neue Strategie des Erstschlags sowie der Sicherung der militärischen 
Überlegenheit sind Soldaten notwendig. Daher hat die Armee auch bereits 
den ersten Schritt gemacht und zur An-Werbung ein Computerspiel 
herausgebracht, in dem nach der Ausbildung Operationen von 
Spezialeinheiten geübt werden können. Die Zukunft gehört dem 
Wartainment. 
 
 Ob nun das Computerspiel (und das Spielzeug Computer) aus dem Geist 
des Krieges geboren wurde oder allmählich der Krieg in ein 
Computerspiel übergeht, wenn das Militär nicht nur mit Simulationen 
trainiert, sondern auch zunehmend in Hightech eingehüllt ist und die 
Waffen und Roboter aus der Ferne mit dem Joystick steuert, sei 
dahingestellt ( [1]Wie ein IMAX-Film direkt vor den Augen). Jedenfalls 
ist nun zumindest rechtzeitig zum geplanten Irak-Krieg auch schon das 
vorbereitende Computerspiel im letzten Monat auf den Markt gekommen, in 
dem einzeln oder zu mehreren eine amerikanische (Delta Force) oder 
britische (SAS) Spezialeinheit von vier Mann im Land Husseins aufräumt: 
"Conflict: Desert Storm" von [2]Gotham Games. 
 
 Angeblich haben im Golfkrieg die Spezialeinheiten eine entscheidende 
Rolle gespielt. Beraten wurden die Spieleentwickler denn auch von 
einem, der es wissen muss, nämlich von Cameron Spence, einem ehemaligen 
Mitglied der britischen Spezialeinheit SAS, der über seine Erlebnisse 
auch in dem Buch "Sabre Squadron" berichtet hat. So vermischen also die 
Szenen, was nicht unbedingt heißen muss, dass dadurch die Spiele 
tatsächlich realistischer werden, während sich womöglich die Militärs 
(und Politiker) die Kriege immer mehr aus Perspektive der spielerischen 
Simulation betrachten, bis dann womöglich die Realität anders als 
erwartet hereinbricht ( [3]Das Militär und die Computerspiele). 
 
 Allerdings, "Conflict: Desert Storm" ist kein First-Person-Shooter, 
was vielleicht die Spannung etwas herabsetzt. Dafür aber schickt man 
die "besten und gefürchtetsten" Spezialeinheiten der Welt - es fehlt 
natürlich die Identifizierung der deutschen Spielekämpfer mit dem KSK - 
in gefährliche Situationen. Sie müssen beispielsweise eine Stadt 
verteidigen, eine General eliminieren oder nach Scud-Abschussanlagen in 
der Wüste suchen. Man darf aber auch in geheimer Mission direkt nach 
Bagdad gehen. 
 
 Das hat zwar wenig mit "Desert Storm" zu tun, sondern ist womöglich 
bereits ein Ausblick auf den vermutlich kommenden Krieg gegen den Irak. 
Hier überlegt man, zuerst Bagdad (und Tikrit) zu erobern, um Hussein 
und die ihm treuen Streitkräfte auszuschalten. Hussein hat die 
Amerikaner und Briten bereits vor einem Krieg in den Städten gewarnt. 
Aber auch das amerikanische Militär scheint sich nicht so sicher zu 
sein, ob die Soldaten genügend ausgebildet sind, um einen Kampf in den 
Straßen und Häusern ohne große Verluste führen zu können. Dabei können 
sich die Gegner unter die Zivilbevölkerung mischen. Und was geschehen 
würde, wenn hier tatsächlich chemische oder biologische Waffen 
eingesetzt würden, darf man sich gar nicht ausmalen. 
 
 Mit einer Spezialeinheit von vier Mann wie im Spiel nach Bagdad zu 
ziehen, um den Diktator zu fangen oder zu töten, auch wenn diese von 
Flugzeugen unterstützt werden, ist sicherlich nicht besonders 
realistisch, auch wenn die Umgebung das Schlachtfeld der nahen Zukunft 
sein kann. Angeblich hat das Pentagon eine Studie über Kriegsführung in 
Städten in Auftrag gegeben, um beispielsweise abzuschätzen, welche 
Bedeutung hier unbemannte Mini-Überwachungsflugzeugen oder 
ferngesteuerte Roboter haben könnten, die erst einmal zum 
Auskundschaften geschickt werden. General William Kernan, der Leiter 
des U.S. Joint Forces Command, sagte vor kurzem, dass für einen Krieg 
eine Stadt das komplexeste Schlachtfeld darstellt, auf dem hohe 
Verluste auch durch "freundliches Feuer" bei den eigenen Soldaten und 
unter der Zivilbevölkerung zu erwarten sind: "Eine 
Hightech-Überlegenheit zählt dabei wenig, wenn jedes Haus eine mögliche 
Festung sein kann. Das von den U.S. Rangers und Delta Force Truppen 
erlebte Chaos im Straßengewirr von Mogadischu 1993 ist dafür typisch. 
Man verirrt sich schnell, Scharfschützen können aus jedem Fenster und 
jeder Tür schießen und die Kontrolle aufrechtzuerhalten ist fast ein 
Ding der Unmöglichkeit." Spiele haben nur ihren Reiz, wenn man lernen 
und siegen kann, was auch bedeutet, dass man verlieren können muss. 
Insofern kommen Spiele womöglich im Ergebnis ein wenig näher an die 
Realität heran als patriotische Hollywoodfilme, die auch Kämpfe 
rekonstruieren, aber oft genug zu einem guten Ende führen. So kommt 
demnächst passend zum Kinofilm von Ridley Scott das Computerspiel 
"Delta Force: Black Hawk Down" von NovaLogic heraus. Weder Film noch 
Spiel enden mit dem Desaster, das die amerikanischen Spezialeinheiten 
bei ihrem Einsatz 1993 in Somalia erleben mussten, als sie im Rahmen 
der UN-Mission versuchten, den Warlord Mohamed Farrah Aidid 
auszuschalten. Im Kampf in der städtischen Umgebung Mogadischus kamen 
hingegen 18 Soldaten ums Leben und wurden einige der Hubschrauber 
abgeschossen (und Hunderte von Somalis starben als Kollateralschaden). 
Die Leiche eines Soldaten wurde nackt im Dreck durch die Straßen 
geschleift. Für die USA eine große Demütigung. Mit der Niederlage 
begann der Abzug der westlichen Truppen. Die Mission war gescheitert, 
was im Film aber als Erfolg gefeiert wird und beim Spiel wohl auch kaum 
eine Rolle spielen dürfte. 
 
    When Sayyid Qutb came to America, he reportedly admired the 
country's scientific and technological achievements, but seethed with 
contempt for its obsession with "entertainment, or what they call in 
their language, 'fun.'" But perhaps Western culture is poised for the 
ultimate in ironic revenge -- America's Army heralds the day when 
computer gaming's synthesis of entertainment and technology will become 
the greatest threat to the terrorist menace, as it continues its 
struggle to carry out the jihad of Qutb and bin Laden's fevered 
longings. 
 
 "We're going to continue to be out hunting for terrorists," Amerine 
promises me, "and doing what we can to support the Arab world." When I 
thank him for what he did in Afghanistan -- helping uproot the al-Qaida 
network, liberating a brutalized people, stuff like that -- Amerine 
answers cheerily, "I really had fun doing it." 
 
 In his early 30s, Amerine is among the first generation of soldiers to 
grow up with computer games. It's not hard to have confidence in the 
soldiers who'll come after him, kids in their early teens who are 
already giving him a hard fight, online. You can see them in the field, 
in subsequent years, dedicated young men and women, their weapons 
merged into an information network that enables them to cut out with 
surgical precision the cancer that threatens us all -- heat-packing 
humanitarians who leave the innocent unscathed, and full of renewed 
hope. In their wake, democracy, literacy and an Arab world restored to 
full flower, as it deserves to be, an equal in a burgeoning global 
culture, defended on all fronts by the best of the digital generation. 
- [4]Wagner James Au: Weapons of mass distraction       
 
 Geschichtskleisterungen brauchen kein totalitäres System. Die Zensur 
kann offenbar auch auf dem Unterhaltungsmarkt wirken. Immerhin soll man 
angeblich im Spiel "Black Hawk Down" auch auf der Seite der Somalis 
spielen und damit gegen die US-Soldaten antreten können. Man stelle 
sich so etwas in einem Hollywood-Film vor .... Der Seitenwechsel ist 
bei dem vom US-Militär entwickelten Spiel America's Army unmöglich, bei 
dem dank digitaler Trickserei die Bösen stets die Bösen bleiben müssen 
und jeder aus seiner Perspektive immer als Mitglied einer 
amerikanischen Einheit antritt, während er für die gegnerische 
Mannschaft als böser Terrorist dargestellt wird. Selbst die Bösen 
werden also vom Pentagon in amerikanische Uniformen gesteckt und können 
nicht anders als fürs Gute kämpfen. 
 
 Aber egal. Trotzdem scheint das Spiel erfolgreich zu sein. Um die 
800.000 Menschen sollen sich bereits für das Spiel registriert haben, 
ein hoher Prozentsatz besucht auch einmal die damit verlinkte Website 
[5]Go Army, auf dem für den Eintritt in die Armee geworden wird. Nicht 
jeder, der das Spiel besitzt, wird es auch spielen. Zwar ist es ein 
First-Person-Shooter, bei dem die Missionen online in Teamarbeit 
erledigt werden, was auch den Erfolg von Spielen wie Counterstrike 
ausmachte, aber zunächst müssen die Spieler eine Ausbildung 
durchlaufen, die Voraussetzung für das weitere Spiel ist. Das wird 
manche vom Weiterspielen abhalten, während etwa auch die Kritik daran 
geübt wird, dass bei diesem Militärspiel nicht einmal Blut fließt. 
Zuviel Realismus bei den Konsequenzen des Trainings in Sachen 
Teamarbeit, Taktik, Reaktionsgeschwindigkeit und Treffsicherheit würde 
dann nur bedeuten, dass auch in den USA größere Schwierigkeiten 
bestehen würden, das Spiel an Kinder zu bringen. 
 
 Auch wenn America's Army zweifellos in einer Umgebung wie Afghanistan 
spielt, sind die Terroristen dennoch nicht eindeutig als Araber 
darstellt. Für Realismus auch der weiteren geplanten Missionen sollen 
jedoch auch Berichte der Soldaten vor Ort sorgen (was bald vielleicht 
durch neue Szenen aus Irak-Erlebnissen ergänzt werden könnte). Daraus 
wurde gleich eine weitere Idee gestrickt, die die Website attraktiver 
machen und den amerikanischen Soldaten bei aller Schussfreudigkeit real 
und im Spiel als Befreiungshelden darstellen soll. Seit August schreibt 
ein gewisser "Scorpion", angeblich ein in West Point stationierter 
Major, der nach Afghanistan geschickt wurde, um dort dabei zu helfen, 
wieder eine afghanische Armee aufzubauen, einen "Afghanistan Weblog". 
Nicht besonders häufig, aber doch sehr darum bemüht, das Leben als 
US-Soldat als spannend zu schildern, während man gleichzeitig im Kampf 
gegen das Böse das Gute verkörpert. Zudem soll er wiederum Ideen aus 
dem gefährlichen Land liefern, in dem es überall Waffen gibt. Die Ideen 
könnten dann in das Spiel einfließen. 
 
    "(The Afghans) are completely in awe of the US Army in general, and 
the Special Forces (Green Berets) in particular. In their minds, the US 
soldier is the world's 'super soldier'. They have good reason to 
believe it. They saw first hand what a relative handful of Special 
Forces did - namely take down the Taliban regime in just 90 days, and 
liberate a nation. Of course, the US Air Force is recognized for its 
extraordinary fire support and more, but the Army soldier on the 
ground, side by side with Afghan soldiers, won the day."       
 
 Sind die Männer der Spezialeinheiten die "Supersoldaten", so alle 
amerikanischen Soldaten im wilden Land heißgeliebt: "Wir, die Soldaten 
der Vereinigten Staaten, sind die Menschen, die auf dieser Straße am 
meisten willkommen sind. Praktisch jedes Kind rannte zur Straße, winkte 
und rief das bisschen Englisch, dass sie kannten. Ein kleiner Junge, 
der etwa 10 Jahre alt war, rief: 'I love you.'" Das ist schön, wenn 
Scorpion und der oberste Kriegherr der USA überall geliebt werden, weil 
sie als Befreier und nicht als Eroberer kommen. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/11919/1.html
 [2] http://www.gothamgames.com
 [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/game/12774/1.html
 [4]
http://www.salon.com/tech/feature/2002/10/04/why_we_fight/print.html
 [5] http://americasarmy.com/index.php

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