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[infowar.de] Wird Bagdad von Robotern erobert?
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Ein etwas reisserischer Titel für die Telepolis. Es geht um das "Das
Future Combat System", in dessen Rahmen bodengebundene unbemannte
Fahrzeuge entwickelt werden.
RB
http://www.telepolis.de/deutsch/special/robo/13414/1.html
Wird Bagdad von Robotern erobert?
Jenny Eltermann 17.10.2002
Das Future Combat System
Saddam und seine Freunde können sich bei Newsweek über [1]The Future
of War schlau machen. Jetzt, wo es dem Endkampf zugeht, soll noch
einmal gezeigt werden, was sich die US Militärs in ihren Schmieden
ausgedacht haben, nämlich ferngesteuerte Automaten mit einem gewissen
Maß an eigener (artifizieller) Intelligenz.
Die Idee, dass George W.Bush und Saddam Hussein den
amerikanisch-irakischen Feldzug im Zweikampf ausmachen, bleibt ein
Traum. Weil die Gegend etwas Biblisches hat, stellt sich die Frage
"Steht Goliath gegen David?" Im Irak wird der Feind der übermächtigen
Kriegsmaschinerie List und Tücke entgegensetzen, und im Bewusstsein um
den heiligen Krieg hat er genügend Motive, um das selbstvernichtende
suizidale Element auszuspielen. "800-900 tote US-Soldaten täglich
allein im Straßenkampf von Bagdad," prophezeite Senator Kennedy.
Folglich werden die US Militärs zwischen dem die Zivilbevölkerung
verachtenden Bombenteppich a la Dresden und dem Risiko verlustreicher
Einzelkämpfe auf jeder noch so kleinen Straße wählen müssen. Warum
fürchten die Generäle keine Parallelen zu den russischen Verlusten in
Tschetschenien? Die Amerikaner verlassen sich unbeirrt auf ihr
technisches Gerät, vielleicht auch, weil dessen Fähigkeit im Feld erst
noch bewiesen werden muss.
Die "Robotics" sind weder menschenähnlich, noch können sie menschliche
Fähigkeiten ersetzen. Auf den Punkt gebracht handelt es sich um
Fahrzeuge, die ferngesteuert werden. "Das Future Combat System (FCS),"
so beschreibt es ein Experte, "muss der Armee geben was die Luftwaffe
schon besitzt, nämlich zusätzliche Mobilität." Kraftvoll, wirksam und
zukunftsträchtig soll das möglichst multifunktionelle Werkzeug sein.
Das "Tank-automotive and Armaments Command" ( [2]TACOM) in Warren,
Mich. nennt es einen "Robotic Follower", frei übersetzt Spürhund, der
den bemannten Kräften folgt und die unangenehmen und gefährlichen
Aufgaben übernimmt, oder auch bloß nach hinten sichert. "Der Robotik
Follower ist semi-autonom: er bekommt das Ziel übermittelt und folgt
danach seiner Route. Allerdings erkennt er unpassierbare Wege und sucht
selbstätig nach dem gangbaren Umweg. Er besieht das Gelände mittels
Laser-Radar und benutzt das Global Positioning System für die eigene
Standortbestimmung," erklärt Curt Adams, einer der Direktoren am
Vetronics Lab von TACOM, wobei Vetronics die Kurzform für vehicular
electronics ist.
Der Spürhund bleibt an der elektronischen Leine, weil Soldaten zu Fuß
oder auf den üblichen Fahrzeugen die globale Übersicht behalten. Im
vergangenen Jahr demonstrierte TACOM, dass der Soldat die aktuelle
Generation der Follower bis zu einer Entfernung von 500 Metern
dirigieren kann. Auf festen Straßen schafft das Vehikel bis zu 30 km/h,
und im Gelände noch 15 km/h. Höhenunterschiede bis zu 2 Metern werden
überwunden, und Löcher bis zu einem Meter Tiefe durchquert. Für
off-road geübte Amerikaner und Kanadier eher unterer Standard, weil das
Basisfahrzeug zur Lebensfreude gehört: ATV, All Terrain Vehicles,
heißen die in der Grundversion bis zu 10.000 Dollar teueren
[3]Freizeitmobile, die u.a. von Suzuki, Yamaha, Honda, oder Bombardier
gebaut werden. Bemannt sind sie im zivilen Leben wahre Flitzer und
schwer zu bändigen. Wegen der Unfallträchtigkeit haben sie bereits die
Innenpolitiker auf den Plan gerufen. Ferngesteuert, so lässt das Bild
aus einem Movie erkennen, braucht es mitunter des starken Mannes, um
das gestrauchelte Gefährt wieder auf seine Räder zu wuchten.
Das Bild vom GI auf dem Pferd mit dem Laptop im Sattel kam
symbolträchtig aus Afghanistan als Zeichen für die Verquickung von
Tradition und Moderne. Die Entfernung von der Front und die Kollegen in
der Luft machten diesen Aufzug möglich. Ganz anders die feindliche
Wüste. Dort bliebe die Zielscheibe nicht lange unangetastet. So ist der
Follower im Irak die große Hoffnung: vollgespickt mit Elektronik, ist
er nicht nur Leitstand für Bombenabwürfe. Der Follower kann
vorgeschickt werden, um Giftgas aufzuspüren oder Minen zu orten und
fern zu zünden. Selbst als Chassis für zwei Mann bleibt er unter der
Höhe eines Jeeps. Die "zukünftige" Kriegsführung setzt letztlich auf
ein uraltes Prinzip, nämlich zahlreiche, lose miteinander verbundene
und höchst mobile Gruppen. Im Unterschied zu den Reitervölkern oder
Rommels Panzern "sind die modernen Krieger ausgestattet mit indirekten
Sichtgeräten, Spracherkennung, 3D-Audio, dem speziellen Interface und
einem Helm mit eingebautem Panorama-Monitor. Mit dieser Technik können
sie sogar weitere Follower zum Ziel bringen," schwärmt Curt Adams. Der
Erfolg ist millionenfach bewährt, so sehen es die US Militärs. Sie
setzen nicht auf innovative Neuentwicklungen, sondern intelligent
zusammengestellte Ensembles bewährter Konsumindustrie. Die Grafikkarte
GeoForce 4 von nVidia gehört dazu sowie die XBox, die mit militärischer
Logik [4]aufgefüllt ist.
Andere Chassis krabbeln auf Walzen oder 6-8 Rädern durchs Gelände.
Größer, stabiler, schneller und mit noch mehr Technik. Im besten Fall
sitzt der Brigadegeneral auf acht unabhängigen Einzelbordcomputern, die
durch Router miteinander verbunden sind und sich wegen ihrer
unterschiedlichen Sprachen (reines Unix, Linux und Windows)
zusammenraufen dürfen. "Die Multiprozessor Einheit ist ein
vollständiges Tactical Operations Center," betont Chris Marzilli, ein
Ingenieur von [5]General Dynamics Land Systems in Muskegon, Mich.
voller Stolz. "Im Hummer hat es sich bewährt, in Hubschraubern und auf
See." Erschütterungen, heiße Sonne und kalte Nächte scheinen den
Geräten nichts auszumachen, ebensowenig die Probleme jedes Laptopers,
nämlich die autarke Stromversorgung.
Klein und leicht sind die Robotics, weil ohne Panzer. Dennoch sei die
Verwundbarkeit gering. Das elektronische [6]Schutzsystem erkennt gar
handgefeuerte Raketen und leitet Gegenmaßnahmen ein. Die sind entweder
"soft", weil sie elektronische Störvorgänge in Gang setzen, oder
"hard", wenn irgendwoher eine Gegenrakete herbeigezaubert wird.
Hoffentlich verwenden die Piloten in der Luft kein hitzegesteuertes
Leitsystem für ihre Raketen; denn im zivilen Leben werden sie "heiß",
die Motoren in den All Terrain Vehicles, und das gäbe womöglich viele
kleine "friendly fire".
Ob die Amerikaner von den Irakis gelernt haben? Es ist nicht lange
her, dass die US Militärs auf Saddam Hussein neidisch waren, weil er
die ersten 4000 elektronische Spielkonsolen von Sony erfolgreich in
sein Land schmuggeln konnte. "Die Auflösung der Grafikkarten in unseren
Computern kommt an die Schärfe dieser Geräte nicht heran," kam damals
aus berufenen Munde. Die New York Times wusste kürzlich zu berichten,
dass flugabwehrerprobte Serben nach der Schlacht um Jugoslawien reich
an praktischen Erfahrungen in den Irak abgewandert sind. So steht zu
vermuten, dass der Feind nicht unvorbereitet ist. Im Unterschied zu den
offenherzigen US Bürgern stellt der allerdings die Bilder seiner Armada
nicht ins Web.
Auch lösen weder Elektronik noch Robotics das Problem der
Scharfschützen in Bagdad und auch nicht das der Suizidbomber. Die
Überzeugung "wir haben die bessere Technik," setzt auf die
Materialüberlegenheit und übersieht zweierlei: das Unvorhersehbare,
weil Not erfinderisch macht, und das Unwägbare, das in der
Persönlichkeit der Kombatanten liegt. Das wurde in biblischer Zeit dem
Goliath zum Verhängnis. Seitdem gibt es in der Weltgeschichte eine
lange Kette von ähnlichen Ereignissen. Nur eines ist sicher: Leid
tragen die Versuchspersonen und ihre Familien.
(Abbildungen von Sandia Corporation, eine Lockheed Martin Company, für
das United States Department of Energy unter Kontrakt
DE-AC04-94AL85000)
Links
[1]
http://www.msnbc.com/modules/newsweek/newsletter/futurewar.asp?cp1=1
[2] http://www.tacom.army.mil
[3] http://www.atvnews.com
[4] http://www.army-technology.com/index.html
[5] http://www.gdls.com/
[6] http://www.uniteddefense.com
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