Suche innerhalb des Archivs / Search the Archive All words Any words

[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[infowar.de] noch vor Moskauer Stürmung: Kavkaz.org vom Netz genommen



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------

http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/13495/1.html 

 Kavkaz.org wurde vom Netz genommen
 
 Florian Rötzer   26.10.2002 
 
 Die den tschetschenischen Terroristen zugeschriebene Website blieb 
seltsamer Weise auch nach dem 11.9. am Netz, obgleich sie in den USA 
gehostet war 
 
 Die als "Sprachrohr" für tschetschenische Terroristen bezeichnete 
Website [1]www.kavkaz.org gab es zwar schon seit Mai 1999, doch erst 
mit der spektakuären Geiselnahme von 800 Menschen mitten in Moskau 
rückt nicht nur der Konflikt in Tschetschenien, sondern auch diese 
Nachrichtenseite in den Blickpunkt. Gestern, noch vor der Erstürmung 
des Theaters durch eine Spezialeinheit des russischen Geheimdienstes 
FSB, wurde die Website allerdings vom Netz genommen. 
 
 Vermutlich dürfte nach dem Terroranschlag in der russischen 
Hauptstadt, an dessen Vorbereitung und Durchführung neben den 
Geiselnehmern eine ganze Reihe von Menschen über längere Zeit hinweg 
beteiligt gewesen sein werden, der russische Geheimdienst [2]FSB, 
Nachfolger des berüchtigten KGB, der Kritik ausgesetzt werden. Offenbar 
waren die russischen Sicherheitsbehörden völlig überrascht von diesem 
Anschlag. 
 
 Die geglückte Befreiung der Geiseln wird dem FSB allerdings zunächst 
zugute kommen. Sie wurde zwar allgemein begrüßt, aber ob vielleicht war 
auch deswegen dankbar, weil das Schreckliche, das dabei hätte geschehen 
können, glücklicherweise nicht eingetreten ist. Man muss nicht 
vorstellen, welches Blutbad hätte entstehen können, wenn die 
zahlreichen Sprengsätze an den Körpern der Geiselnehmer, die verminten 
Bereiche des Gebäudes und der große Sprengsatz mitten im Saal 
tatsächlich hochgegangen wären. Die Spezialeinheiten haben ein starkes 
Gas zur Betäubung eingesetzt, das zumindest die meisten Terroristen 
ausgeschaltet hat. Nach Berichten wurden die meisten Menschen i Theater 
durch das Gas schnell bewusstlos. Getötet wurden aber nicht nur 50 
Terroristen, sondern, wie bislang bekannt wurde, auch mehr als 90 
Geiseln, während über 300 Verletzte in die Krankenhäuser kamen (und 
manche der Terroristen entkamen). Der stellvertretende Innenminister 
Vladimir Vasilyev versicherte angesichts aufkeimender Kritik schnell, 
dass dies nicht vom Einsatz des Gases - der Minister sprach nur von 
"speziellen Substanzen" - verursacht worden sei. Man habe das Gas vor 
allem gegen die Frauen eingesetzt, die als lebende Bomben eine große 
Gefahr dargestellt haben. Angeblich habe man die Erstürmung begonnen, 
nachdem klar geworden war, dass die Terroristen mit dem Töten von 
Geiseln am Samstag Morgen begonnen hatten. Trotz des Einsatzes des 
offenbar starken, möglicherweise auch giftigen Gases ist es angeblich 
zu einem einstündigen Kampf gekommen. Dem Anschein nach hande,lte es 
sich um ein starkes Nervengas, also um eine chemische Waffe. Nach der 
[3]Chemical Weapons Convention wäre ein solches Giftgas verboten: 
 
    2. "Toxic Chemical" means: 
 
 Any chemical which through its chemical action on life processes can 
cause death, temporary incapacitation or permanent harm to humans or 
animals. This includes all such chemicals, regardless of their origin 
or of their method of production, and regardless of whether they are 
produced in facilities, in munitions or elsewhere.       
 
 Wie die letzten Terroranschläge beispielsweise in Indien gezeigt haben 
( [4]Terroristen mit Laptop, Emails und Handys), setzen die Terroristen 
mehr und mehr die neuen Medien gezielt ein. Im Theater durften die 
Besucher in einer Art der psychologischen Kriegsführung mit ihren 
Handys den Kontakt nach außen halten, um dort Stimmung gegen eine 
Erstürmung zu machen und indirekt die Wünsche der Terroristen, 
beispielsweise Demonstrationen gegen den Krieg in Tschetschenien auf 
dem Roten Platz, mitzuteilen. Über die Verbreitung in den Medien finden 
die Angstbotschaften eine große Resonanz. 
 
 Für das medienbewusste Verhalten der Terroristen spricht auch, dass 
sie nicht nur Reporter und ein Fernsehteam in das Theater ließen, 
sondern selbst ein Video vorbereitet hatten, das von dem Fernsehsender 
al-Dschasira gesendet wurde, während sie über Handys offenbar mit den 
Betreibern der Website Kavkaz.org in Verbindung standen, die von dem 
amerikanischen Provider Cogent Communications (Washington) gehostet, 
über Network Solutions von Movladi Udug bzw. Salat al Husein (Orlando) 
registriert wurde. Die "Kavkaz-Center News Agency" berichtete schon 
seit geraumer Zeit sehrt parteilich vom Konflikt in Tschetschenien und 
bot auch Bankverbindungen an, um den bewaffneten Kamp der Mudschaheddin 
oder Freiheitskämpfer zu unterstützen. 
 
 Auf Kavkaz.org wurde denn auch von der Besetzung berichtet und 
beispielsweise ein Bekanntmachung von Mowsar Barajew veröffentlicht, 
der deutlich machte, dass seien Kämpfer nicht gekommen sein, um am 
Leben zu bleiben. Auch die Forderungen der Geiselnehmer gelangten hier 
an die Öffentlichkeit. Kavkaz.org wurde daher auch schnell zu einer bei 
Medien beliebten Website. Dafür hatte man die Seite ganz auf die 
Berichterstattung eingestellt und alle früheren Inhalte mitsamt den 
Bildern vom Grauen in Tschetschenien und den "Erfolgen" gegenüber den 
Russen entfernt. Ob die Inhalte in den USA eingegeben wurden oder 
beispielsweise in Georgien, wie man auch [5]vermutet hat, ist derzeit 
nicht bekannt. In Russland wurde die Site jedenfalls schon kurz nach 
der Geiselnahme blockiert, außerhalb Russland war sie jedoch trotz 
mancher Ausfälle weiterhin erreichbar. Auch wenn nach dem 11.9. 
Websites, die mit muslimischen Terroristen in Tschetschenien und dann 
auch mit al-Qaida als Weiterführung des Dschihad wie Azzam.com oder 
qoqaz.net, vom Netz gingen, blieb Kavkaz.org erstaunlicherweise online. 
Erstaunlicherweise auch deswegen, weil hier der Solidarität mit den 
Taliban und al-Qaida ziemlich unverblümt Ausdruck verliehen wurde. 
[6]Frank Patalong von Spiegel Online führte dies in bester 
Verschwörungstheorie darauf zurück, dass über einige Verbindungen wie 
dem Provider Cogent, zu dessen Geldgebern die Firmen Metacarta und 
In-Q-Tel gehören, irgendwie vom NSA und CIA gefördert wurde, um, so 
Patalong, direkten Zugriff auf die Informationen zu haben: "Welchen Weg 
der Datenstrom vom User zu Kavkaz und zurück auch nimmt, in den 
Vereinigten Staaten läuft er ausschließlich über die Kabel und Server 
von Firmen mit besten Kontakten zu Geheimdiensten. Diese Firmen sind 
zudem verbunden mit Dienstleistern, die sich auf Lokalisierung von 
Usern und Dokumenten in digitalen Netzen spezialisiert haben. Der Rest 
ist eine nicht beweisbare Spekulation, für die man aber wohl kaum 
einsteinsche Geistesqualitäten mitbringen muss: Bei Kavkaz liest der 
Freund/Feind mit - in beiden Richtungen." In der Pravda.ru verstand man 
die Dinge jedenfalls auch nicht und [7]kritisierte, dass es "im Licht 
des weltweiten Kampfs gegen den Terrorismus, selbstverständlich wäre 
anzunehmen, dass alle zivilisierten Menschen der Welt wollen würden, 
dass die terroristische Website geschlossen wird. Aber es gibt sie 
noch." Dabei wäre das Abhängen doch ganz einfach, weswegen man in der 
Pravda auch den Verantwortlichen alle Whois-Informationen mit auf den 
Weg gab. Hatten nun die Geheimdienste, die sich gegenseitig nicht nur 
unbedingt unterstützen, also nun Einsehen oder wusste man oben nichts 
von der Terroristen-Website? Jedenfalls ist die Website nun 
verschwunden, vermutlich wurde sie nur vom Provider vom Netz genommen. 
Damit ist allerdings wieder ein Mythos gestorben, nämlich dass über das 
Internet alle Beteiligten mit der Weltöffentlichkeit kommunizieren 
können ( [8]Die Website zur Geiselnahme. Auch im Internet können 
verbotene, verfolgte und unwillkommene Gruppen ihr Informationen nur so 
lange veröffentlichen, wie Regierungen den Zugriff auf die Website 
nicht blockieren oder erlauben bzw. nicht verhindern, dass diese 
Websites von Providern auf ihren Territorien gehostet werden. Das 
betrifft natürlich nicht nur Terroristengruppen, sondern kann auch 
Oppositionellen oder Kritikern ihr Sprachrohr wieder nehmen. In diesem 
Fall werden wir jedenfalls nicht mehr lesen können, wie die 
Sympathisanten der Terroristengruppe ihre Niederlage verarbeiten. 
 
 Allerdings, die Benutzung von Handys oder Laptops mit 
Internetanbindung über Handys stellt Sicherheitskräfte bei Geiselnahmen 
wie russische sicherlich vor ein Dilemma. Man hätte ja durchaus 
verhindern können, dass Terroristen wie Geiseln telefonieren, aber dann 
wäre sicherlich ein Proteststurm losgebrochen. Über Satellitentelefone 
hatten die Terroristen offenbar auch nach Tschetschenien, 
beispielsweise mit einem Shamil Basayev, aber auch in die Türkei 
telefoniert. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.kavkaz.org
 [2] http://www.fsb.ru
 [3] http://www.opcw.org/html/db/cwc/eng/cwc_frameset.html
 [4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/11397/1.html
 [5] http://www.ict.org.il/spotlight/det.cfm?id=476
 [6] http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,219669,00.html
 [7] http://english.pravda.ru/main/2002/10/25/38640.html
 [8] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13476/1.html

---------------------------------------------------------------
Liste verlassen: 
Mail an infowar -
 de-request -!
- infopeace -
 de mit "unsubscribe" im Text.