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[infowar.de] TELEPOLIS: Der Tanz der Krieger (Medien und Pentagon)
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/13667/1.html
Der Tanz der Krieger
Florian Rötzer 25.11.2002
Journalisten werden vom Pentagon auf einen Krieg vorbereitet, während
die US-Regierung weiterhin Stimmung in Sachen Diktatorensturz betreibt.
Für den irakischen Außenminister Naji Sabri gibt es, wie er in einem
Brief an die UN geschrieben hat, wenig Zweifel daran, dass die
UN-Resolution und die Waffeninspektionen nur einen Vorwand für dei
US-Regierung darstellen, militärisch gegen den das Regime vorzugehen.
Das hat im übrigen auch ein Mitarbeiter der US-Regierung ziemlich
deutlich formuliert. Und auch Präsident Bush wird nicht müde, seine
Koalition zu schmieden, während das Pentagon schon einmal Journalisten
auf den Kriegseinsatz vorbereitet.
Dass die Regierung im Irak aus Gründen der Selbsterhaltung mit allen
Mitteln versucht, einerseits keinen direkten Anlass zu einem
militärischen Schlag der USA zu bieten und andererseits die Position
der US-Regierung in Misskredit zu ziehen, liegt auf der Hand. Seit
einiger Zeit findet bereits ein undurchsichtiger Schlagabtausch im
Bereich der Flugverbotszonen statt. Ob hier tatsächlich immer nur das
irakische Militär auf die britischen und amerikanischen
Kontrollflugzeuge schießt oder diese auch aktiv und provokativ
Stellungen bombardieren, möglicherweise auch, um schon einmal die
Lufthoheit zu sichern, mag dahingestellt sein. Auch öffentlich geben
amerikanische Politiker zu bedenken, dass sie im Beschuss der
Kontrollflugzeuge eine Verletzung der neuen Resolution sehen. Zumindest
werden hier schon einmal Punkte gesammelt, die sich addieren lassen (
[1]Das Spiel mit dem Recht, [2]Was ist ein Verstoß gegen die
Irak-Resolution?).
Sabri wirft der britischen und amerikanischen Regierung vor, bislang
auch keine Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen in den
Händen der irakischen Regierung geliefert zu haben. Vor allem aber
kritisiert Sabri den Paragraphen 4 der Resolution, da dieser leicht zum
Vorwurf führen kann, die Resolution gebrochen zu haben. Dafür würden
schon "falsche Behauptungen oder Auslassungen" in der geforderten
Erklärung über die im Irak vorhandenen Waffenproduktionsstätten und
-lager, aber auch über die Anlagen und Materialien einen Grund liefern,
die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gebraucht werden
können. Sabri gibt zu bedenken, dass vielleicht schon ungenaue
Formulierungen in einem Bericht mit vielen tausend Seiten als
Verletzung der Resolution gelten könnten.
Sturz der Tyrannen
Tatsächlich scheint die Sorge des irakischen Außenministers nicht
unbegründet zu sein. Präsident Bush hatte sich jedenfalls auf dem
Nato-Gipfel in Prag durchsetzen können, so dass eine schnelle
Eingreiftruppe zumindest beschlossen wurde, die Nato-Mitglieder voll
hinter der Irak-Resolution stehen und Kritiker eines möglichen
Militärschlags wie Deutschland sich nur noch zurückhaltend äußern (
[3]Das ist doch der Gipfel!). Dafür rief Präsident Bush schon in
Rumänien indirekt zum Sturz des Tyrannen im Irak auf und zog wieder den
Vergleich zum Kalten Krieg, in dessen manichäischer Welt Bush und seine
Regierung ihre Orientierung gesucht und bislang erfolgreich gefunden
haben. Die Rumänen, so [4]Bush am 23. November, wissen den Unterschied
von Gut und Böse (wie er selbst), weil sie "das Gesicht des Bösen"
gesehen haben:
"Die Menschen von Rumänien verstehen, dass aggressive Diktatoren
nicht befriedet oder übersehen werden können, man muss ihnen stets
Widerstand leisten. Ein aggressiver Diktator herrscht jetzt im Irak."
Bush versprach den Rumänen durch den Beitritt in die Nato größere
Sicherheit, aber zugleich die Teilnahme am Krieg gegen die ihren Willen
mit "Angst und Mord" durchsetzenden "Fanatiker", unter denen die Welt
genug gelitten hätte. Die "Nato und die zivilisierte Welt" greifen die
"neuen Feinde der Freiheit" an. Bush verspricht Sieg auf der ganzen
Linie und macht deutlich, dass die USA zur Befreiung der Welt durch die
Beseitigung von Hussein antreten werden, falls dieser die Resolution
verletzt.
Was ist ein Beweis?
Dass die Bush-Regierung darauf setzt, ist zwar ein offenes Geheimnis,
doch ausgesprochen wurde dies, nachdem man sich zur Zusammenarbeit mit
der UN entschlossen hatte, nur von einem der Regierung Nahestehenden.
Bei einem Besuch in Großbritannien [5]sagte Richard Perle, Vorstand des
Defense Policy Board und einflussreicher Berater der Regierung, auch
eine Bestätigung der Waffeninspektoren, dass keine Waffen gefunden
werden konnten, keinen Freibrief für Hussein darstelle:
"Ich kann nicht sehen, wie Hans Blix mehr feststellen kann, als er
wissen kann. Alles, was er wissen kann, sind die Ergebnisse seiner
eigenen Nachforschungen. Und dies beweist nicht, dass Saddam keine
Massenvernichtungswaffen besitzt."
Es war zu vermuten, dass die Frage des Beweises zu einem Streitpunkt
werden dürfte. Und man wird davon ausgehen können, dass die
Argumentation bei Bedarf mit sophistischer Spitzfindigkeit geführt
werden wird. Einen Vorgeschmack dessen hat der [6]Alpha-Falke Perle
bereits vorgeführt:
"Gehen wir einmal davon aus, dass wir jemanden finden, der an der
Entwicklung von Waffen beteiligt war und der sagt, dass es Lager mit
Nervengift gibt. Aber man kann sie nicht finden, weil sie so gut
versteckt sind. Muss man wirklich das Nervengas in Händen halten, um
überzeugt zu sein? Wir haben es nicht mit einer Situation zu tun, in
der man Kooperation erwartet."
Das scheint auf beiden Seiten zuzutreffen. Und die theoretischen (und
auch praktischen) Möglichkeiten, etwas in einem Land von 430.000
Quadratkilometern zu verstecken, sind tatsächlich groß. Es gibt
Gerüchte, Hussein habe biologische Waffen auf den Land 20 Meter tief in
Brunnen versteckt. Chemische oder biologische Waffen könnten sich unter
Gebäuden oder künstlichen Seen, in tiefgelegenen Bunkern oder in ganz
gewöhnlich aussehenden Lastwagen befinden, die quer durchs Land fahren.
Vielleicht hat er bereits Waffen außer Landes geschafft, so dass nun
seine "Schläfer" nur auf den Befehl für einen Anschlag warten?
Die irakischen Flüchtlinge erzählen gerne und viel, um sich bei den
Amerikanern beliebt zu machen und ihre Bedeutung zu steigern. Noch mehr
Quellen werden sprudeln, wenn der militärische Schlag vor der Türe
steht oder bereits begonnen hat. So berichtete etwa Khidhir Hamza vor
dem Militärausschuss des US-Repräsentantenhauses, dass er, nachdem er
den Irak verlassen hatte, von anderen Flüchtlingen erfahren habe, dass
das Regime Menschen oft als Krankheitsübertrager eingesetzt habe:
"Im Ausland lebende Dissidenten, deren Familien noch im Irak leben,
erhalten plötzlich die Nachricht, dass ihre Familien zu ihnen ziehen
dürfen. Bevor sie ihre Pässe erhalten, werden sie normalerweise gegen
einige Infektionen geimpft. Es gab viele Fälle von ganzen Familien, die
auf diese Weise mit HIV und anderen Krankheiten infiziert wurden ...
Wenn Pocken ins Ausland vom Irak aus gebracht werden sollen, dann kann
man davon ausgehen, dass unwissende Träger, die vermutlich nicht einmal
Iraker sein werden, zu den gewünschten Zielorten geschickt werden."
Journalisten werden auf den Krieg vorbereitet
Mit einem schönen [7]Titel versah das Pentagon die Kurse, mit denen
Journalisten auf die Kriegsberichterstattung vorbereitet werden:
"Medien berichten über Medienvertreter, die lernen, über den Krieg zu
berichten." Natürlich hätten die Journalisten gedacht, das geschehe in
Vorbereitung auf den Irak-Krieg, dem aber natürlich mit der bekannten
Phrase entgegen getreten wurde, dass noch keine Entscheidung gefallen
sei.
Angeboten hat das Pentagon die Kurse für künftige
Kriegsberichterstatter, nachdem Kritik laut geworden war, weil man
keine Journalisten beim Einsatz im Krieg in Afghanistan zugelassen
hatte. Ob das ganz anders wird im Irak, darf bezweifelt werden, aber
das Pentagon sagt, dass man dies vor allem aus Vorsicht gemacht habe.
Jetzt werden daher die willigen Reporter angeblich schon einmal
trainiert, um im Kriegsfall sich besser schützen zu können und weniger
ein Ballast zu sein. Dabei erfahren sie auch, wie gemein biologische
und chemische Waffen sein können, wie man schnell Gasmasken aufsetzt
oder aus Hubschraubern aus- und einsteigt. Und auch andere Strapazen
machen die Medienmenschen anscheinend gerne mit, um dann auch wirklich
vorne mit dabei sein können. Zum Abschluss gab es noch einen Marsch mit
Gepäck, Überfällen aus dem Hinterhalt und einem simulierten Gasangriff.
Gleichwohl wird vom "Einbetten" der Journalisten gesprochen, also dass
sie nicht frei herumlaufen, sondern schön im Tross dorthin gehen
sollen, wo man sie haben will - und die dann auch möglichst nur Gutes
über das Militär berichten.
"Wir wollen Journalisten mit uns haben, die genug Erfahrung haben,
um richtig über das Militär zu schreiben, die Ränge zu kennen, die
Taktiken und die Ausrüstung zu verstehen und genug Selbstschutz und
Feldkenntnisse zu haben, so dass sie sich nicht selbst, die Mission
oder die Marines gefährden." - Brigadegeneral Andrew Davis
Die Medienvertreter selbst würden nur gerne deutlich als
Nicht-Soldaten in Erscheinung treten. "Besonders in einigen Teilen
dieser Welt", so ein Journalist des Fernsehsender ABC, "glaubt man,
dass die amerikanischen Medien auf der Seite des amerikanischen
Militärs stehen. Ich glaube nicht, dass das stimmt, aber so wird das
wahrgenommen." Wobei vermutlich auch deutliche Zivilkleidung nicht
helfen dürfte, wenn die Journalisten im Gefolge und unter dem Schutz
der amerikanischen Soldaten deren Kampf gegen ihre Feinde beobachten.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13643/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13624/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13657/1.html
[4] http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/11/20021123-7.html
[5]
http://www.mirror.co.uk/news/allnews/page.cfm?objectid=12377231&method=f
ull&siteid=50143
[6] http://www.usnews.com/usnews/issue/021125/usnews/25perle.htm
[7] http://www.defenselink.mil/news/Nov2002/n11222002_200211224.html
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