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[infowar.de] THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH INSTITUTE (MEMRI)
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Special Dispatch, 04. März 2003 <A HREF="http://memri.de/uebersetzungen_analysen/laender/iran/iran_irakkrise_04_03_03.pdf">Dieser Artikel im pdf-Format</A>
Einschätzungen eines iranischen Offiziellen zur Irakkrise
Die Iranian Student News Agency veröffentlichte am 26.02.2003 Auszüge aus
einem Gespräch mit Dr. Mohssen Mirdamadi, Vorsitzender der Kommission für
nationale Sicherheit und Außenpolitik des iranischen Parlaments. Mirdamadi
geht dabei auf Überlegungen zur Positionierung des Iran in der gegenwärtigen
Irakkrise ein. Im folgenden dokumentieren wir Auszüge aus dem Interview, dass
unter www.isnagency.com veröffentlicht wurde:
"Der Streit zwischen den USA und dem Irak brachte prinzipiell nichts, d.h.
die Berichte der Waffenkontrolleure der Vereinten Nationen über den Irak und
die Diskussionen im Sicherheitsrat haben nichts an den politischen
Zielsetzungen der USA verändert. [...] Die Widerstände [auf internationaler
Ebene] können die militärischen Operationen für ein paar Tage verzögern, aber
der militärische Aufmarsch der Amerikaner zeugt davon, dass der Krieg
stattfinden wird. Die Amerikaner haben sich auf einen Weg ohne Rückkehr
begeben, um das irakische Regime zu ändern. Da der Ruf der Amerikaner auf dem
Spiel steht, können die Berichte der Kontrolleure lediglich den Krieg
verzögern, ändern aber am eigentlichen Problem nichts. [...]
Die USA haben eine mächtige Rolle in der neuen Weltordnung für sich
vorgesehen und sie sehen sich in der Lage, gegen jedes Regime einen Krieg zu
führen und nach Belieben für einen Regimewechsel zu sorgen. Nach Afghanistan
haben die USA ihre Politik gegen den Irak auf eine neue Ebene gebracht. Der
Irak kann für eine solche Strategie nur der Anfang, und nicht das Ende sein.
Wenn die Amerikaner an diesem Anfangspunkt aufgehalten werden und nicht
erfolgreich sind, werden sie diese Chance für immer verloren haben. Sie
werden daher all ihre Kräfte nutzen, um [gleich] zu Beginn all ihre Vorteile
zu nutzen. Sollten sie die Zustimmung der anderen bekommen, werden sie
gemeinsam mit ihnen handeln. Wenn nicht, so werden sie alleine handeln.
Handeln sie anders, wird die von ihnen beabsichtigte neue Ordnung eine
Niederlage erleiden.
Die Bedingungen haben sich in der Region nicht verändert und sie [die
Amerikaner] werden bald gegen den Irak vorgehen. Die Sache könnte sich anders
entwickeln, wenn ein Wandel innerhalb des Irak vollzogen wird, was jedoch
sehr unwahrscheinlich ist. [...] Die Präsenz der amerikanischen Militärkräfte
in der Region wird ernsthafte Auswirkungen haben, und wie schon erwähnt, wird
der Irak nicht das Ende dieses Planes in der Region sein, sondern dessen
Anfang. Dann [erst] werden die ernsten Konsequenzen einsetzen. Falls die
Amerikaner im Irak erfolgreich sein werden und wenn dieser Erfolg in kürzerer
Zeit erzielt wird, werden diese Auswirkungen besonders groß sein. [...]
Nach dem Irak wird der größte Druck auf Syrien ausgeübt werden, zumal Syrien
mit Israel benachbart ist. Ein anderer Nachbar des Irak ist die Türkei. Die
Türkei und Israel arbeiten militärisch zusammen und [auch] Jordanien ist
pro-amerikanisch. Der neue Irak wird sich ähnlich [wie Jordanien] verhalten
und [somit] wird Syrien umzingelt sein. Zunächst wird der Druck auf Syrien
lasten, damit es sich aus dem Libanon zurückzieht, dann werden weitere
Schritte folgen. [...] Auch der Ölmarkt wird sich stark ändern. Wenn Irak
mehr Öl exportieren wird, werden Saudi-Arabien und Iran große Probleme
bekommen. Die USA könnten so intensiver im Irak investieren, dass die OPEC de
facto geschwächt würde. Die OPEC könnte in einem solchen Fall auseinander
fallen. Es sind die wirtschaftlichen Probleme, die die Staaten der Region in
Schwierigkeiten bringen könnten. Hinzu kommt noch der politische Druck, der
auf die Staaten ausgeübt wird. [...] Auch Jemen und Ägypten sind nicht vor
den Auswirkungen eines Irak-Krieges gefeit. Die Ägypter sind überzeugt, dass
sie die Nachbeben der amerikanischen Militäroperationen spüren werden. Wenn
die amerikanischen Operationen lange dauern, werden die amerikanischen
Erfolge umso geringer sein. [...]
Außerdem wird der Extremismus und Radikalismus in der Region zunehmen,
besonders weil in den islamischen Ländern ein großer Hass gegen die USA
besteht. Die Menschen sehen, dass gegen die israelische Politik nicht
protestiert wird, während die USA hart gegen den Irak vorgeht. Dennoch hat
die Politik des Irak in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass niemand den
Irak unterstützt, nicht einmal Frankreich und Deutschland, die gegen die
militärischen Operationen der Amerikaner sind. Sie betonen, dass sie nicht
Saddam verteidigen, aber wenn sie die Situation in Palästina betrachten und
sehen, wie die USA und andere Weltmächte sich dort verhalten und wenn sie die
US-Palästina-Politik mit der US-Irak-Politik vergleichen, bemerken sie, dass
zweierlei Maß angesetzt werden, und sehen das Ergebnis dieser
unterschiedlichen Reaktionen [seitens der USA und der Weltmächte]. Deswegen
werden nach den militärischen Operationen die extremistischen und radikalen
Bewegungen in der Region stärker wachsen. Je mehr die USA ihre Politik in der
Region fortführt, desto mehr wird der Radikalismus zunehmen. [...] Iran kann
in diesem Krieg auf keiner der beiden Seiten in den Krieg eintreten. Wir
können nicht das irakische Regime verteidigen, wenn wir an den langen
[iranisch-irakischen] Krieg denken. Die iranische Bevölkerung würde einen
solchen Schritt nie akzeptieren. In der Vergangenheit hat das irakische
Regime große Unsicherheit in der Region ausgelöst. Wir können [aber] auch
nicht auf der Seite der Amerikaner kämpfen. Wir können nicht mit ihnen
kooperieren. Denn die USA wollen ohne eine Verbindung mit der irakischen
Bevölkerung Entscheidungen treffen, die den Willen der Bevölkerung nicht
berücksichtigen. Eine solche Politik kann in der gegenwärtigen Weltordnung
nicht akzeptiert werden. Wir können nicht mit den Amerikanern kooperieren, da
uns eine solche Politik in Zukunft große Probleme bereiten würde. [...]
Wir müssen aufpassen, dass wir auf keine Seite gezogen werden. Wir müssen
aber mit allen regionalen und internationalen Protagonisten im Zusammenhang
mit diesem Problem in Kontakt bleiben und eine aktive Diplomatie betreiben.
Wir haben mit allen Nachbarländern gemeinsame Interessen. Wir müssen an den
gemeinsamen Interessen arbeiten. Beispielsweise haben wir mit der Türkei das
gemeinsame Interesse, dass der Irak nicht geteilt wird. Mit Kuwait, das ein
Verbündeter der USA ist, haben wir gemeinsame Interessen beim Schutz des
Ölmarktes und der OPEC. Mit den Kuwaitis haben wir auch das gemeinsame
Interesse, dass im zukünftigen Irak strukturelle Änderungen vollzogen werden
und dass die Iraker selbst ihr Land regieren. Wir haben mit Syrien in Bezug
auf die libanesische Hizbollah und Palästina gemeinsame Interessen. Wir haben
mit allen unseren Nachbarländern in der Region bei einer Reihe von Themen
gemeinsame Interessen und wir müssen mit ihnen zusammen arbeiten. [...]
Europa verfolgt auf der internationalen Ebene eine ernsthafte Politik gegen
den Krieg. Diese Politik harmoniert gänzlich mit unserer Politik. Wir können
gemeinsam mit Staaten wie Deutschland und Frankreich eine Politik gegen den
Krieg verfolgen. Wir können mit einer aktiven Diplomatie in der Region unsere
Präsenz zeigen. Natürlich können wir auch gegenüber den USA in einem
mehrseitigen Dialog unsere Positionen austragen und uns verteidigen. [...]
Unsere Beziehung zu der irakischen Regierung bedeutet nicht, dass wir Saddam
unterstützen. Die Türkei ist Mitglied der NATO und wird sicher an den
militärischen Aktionen gegen den Irak beteiligt sein. Aber trotzdem pflegt
die Türkei diplomatische Beziehungen mit dem Irak. Das Kommen und Gehen der
Minister verschiedener Länder weist nicht auf gegenseitige Unterstützung hin.
Im Vordergrund steht jeweils die Vertretung der eigenen Interessen. Wir haben
Beziehungen mit dem Irak, weil unsere Pilger nach Irak reisen und weil wir
gemeinsame Handelsabkommen haben. Daher müssen die entsprechenden Apparate
miteinander agieren. Niemand in der Welt hat den Besuch des irakischen
Außenministers im Iran als Zeichen einer iranischen Unterstützung
interpretiert. Alle wissen, dass beide Seiten nationale Interessen verfolgen.
Diese Spielregeln sind in der internationalen Diplomatie normal. [...] Auch
der Besuch [des iranischen Außenministers] bei [Tony] Blair in England
bedeutet nicht eine Bestätigung der britischen Irak-Politik. Es geht mehr um
Beratung. Wir müssen sehen, welche gemeinsamen Interessen wir haben können.
Morgen könnte sich der iranische Außenminister auch mit dem französischen
Außenminister treffen, der eine ganz andere Politik als England verfolgt.
Weder kann eine Reise nach England als die Bestätigung der britischen Politik
interpretiert werden, noch bedeutet eine Reise nach Frankreich die
Bestätigung der französischen Politik. Diese beruhen auf Gegenseitigkeit und
sind für die Außenbeziehungen der Staaten wichtig, sogar gegenüber Staaten,
deren Politik gänzlich abgelehnt wird. Er ergänzte: Wir sehen überhaupt keine
Probleme im Umgang mit Irak und Europa. Wir müssen besonders mit den
europäischen Staaten diplomatische Beziehungen pflegen. [...]"
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