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[infowar.de] WELT: Lauschangriff auf deutsche EU-Delegation II



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.welt.de/data/2003/03/20/55092.html?s=1

Gipfeltreffen der EU offenbar abgehört 
Bei der US-Vertretung heißt es: Man habe Berichte über die Wanzenfunde zur 
Kenntnis genommen, der EU-Rat sei nicht an sie herangetreten. Ein hartes 
Dementi klingt anders 
von Andreas Middel

Brüssel -  Einen Tag vor dem EU-Gipfel versetzt ein großer Lauschangriff 
Europas Hauptstadt in Aufregung. Im Gebäude des Rates, wo heute das 
Spitzentreffen der EU zum drohenden Irak-Krieg stattfindet, wurden, wie 
erst jetzt bekannt wurde, am 28. Februar Abhöranlagen und Wanzen entdeckt. 
Ursprünglich hieß es, die Delegationsbüros Deutschland und Frankreichs 
seien verwanzt. Doch nach und nach kam heraus, dass auch Briten, Spanier 
und Österreicher abgehört worden sind. Möglicherweise sind die Anlagen 
bereits 1994 installiert worden. 


Und sofort wucherten im Europa-Viertel in Brüssel die Gerüchte. "Die Amis 
waren es", heißt es dort unter Hinweis auf den üblichen Verdächtigen. 
Immerhin hatte Washington vor knapp zwei Jahren eingeräumt, dass die USA 
über ihr weltweites Abhörsystem Echelon gelegentlich auch die Brüder und 
Schwestern auf dem Alten Kontinent anzapften. Warum also jetzt nicht 
wieder einmal? Bei der US-Vertretung in Brüssel heißt es lapidar, man habe 
die Zeitungsberichte über die Wanzenfunde zur Kenntnis genommen. Ansonsten 
aber sei der EU-Rat nicht an sie herangetreten. Ein hartes Dementi klingt 
anders. 


Dennoch wollte man in der Verwaltung des Rates über die mutmaßlichen 
Spione nichts sagen. Wie lange und vom wem die EU-Delegationen abgehört 
und belauscht wurden, darüber hüllt man sich in Brüssel in Schweigen. 
Inzwischen kümmern sich die nationalen Nachrichtendienste um die 
Verfolgung der Wanzenspuren. Und damit herrscht praktisch 
Nachrichtensperre. 


Zum ersten Mal ist es aber Unbekannten gelungen, im sonst so hermetisch 
abgeschirmten Justus-Lipsius-Gebäude, in dem regelmäßig EU-Ministertreffen 
und EU-Gipfel stattfinden, ein Abhörsystem zu installieren. Es habe schon 
mehrfach Versuche gegeben, aber sie seien rechtzeitig entdeckt worden. 


Die betroffene deutsche Delegation hüllt sich in Schweigen. Man sei vom 
Rat informiert worden, heißt es in einer Erklärung. Weitere Erkenntnisse 
wurden nicht mitgeteilt. In Berlin teilte ein Sprecher 
Bundesinnenministeriums mit, Urheber, Hintergründe und Umfang der 
Abhörmaßnahmen seien Gegenstand intensiver Ermittlungen. Über die 
einzelnen Maßnahmen entscheide die EU. Wegen der Dringlichkeit der 
Aufklärung könne er keinerlei Details über die bisherigen 
Ermittlungsergebnisse mitteilen. 


Der griechische Außenminister Georgious Papandreou reagierte auf die 
Wanzenberichte eher ironisch. Die EU sei eine sehr transparente 
Organisation. Wer etwas über sie erfahren wolle, könne alle entscheidenden 
Dokumente auf der Website nachlesen. "Es ist nicht nötig, zu solchen 
Maßnahmen zu greifen", sagte er an die Adresse der mutmaßlichen Spione 
gerichtet. "Wir können alle notwendigen Informationen liefern." 


In einer ersten Reaktion auf den Lauschangriff sollen jetzt die 
Sicherheitsmaßnahmen für den heute Abend beginnenden EU-Gipfel verstärkt 
werden. 


Das Treffen selbst, bei dem es zum ersten Aufeinandertreffen zwischen Tony 
Blair und Jacques Chirac seit mehreren Wochen kommt, steht ganz im Zeichen 
des Irak-Krieges. Erwartet wird, dass sich die Irak-Diskussion vor allem 
um die Frage der humanitären Hilfe dreht. 


Am zweiten Gipfeltag wollen sich die EU-Chefs wirtschafts- und 
sozialpolitischen Themen widmen. An der Sitzung nehmen neben den 
Außenministern auch die EU-Finanzminister teil. 


Erwartet wird dabei, dass auch über eine etwas laxere Auslegung des 
Stabilitätspaktes diskutiert wird. Die EU-Kommission hatte im Falle eines 
sich länger hinziehenden Irak-Krieges eine Rezession für Europa 
prognostiziert. In einem solchen Fall könnte die Regelung, die das 
Haushaltsdefizit eines Landes auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts 
beschränkt, ausgesetzt werden. Deutschland hatte bereits im vergangenen 
Jahr ein Defizit von 3,6 Prozent. Doch auch Frankreich und wohl auch 
Italien haben derzeit Schwierigkeiten, die Stabilitätskriterien 
einzuhalten. 


Gegen eine solche Stabilitätspakt-Debatte ist aber eine Mehrheit der 
kleineren EU-Staaten, die ihre Haushalte bereits in Ordnung gebracht 
haben. Zum Abschluss des Gipfels empfangen die EU-Oberen schließlich noch 
ihre Kollegen aus den Beitrittsländern. 


Artikel erschienen am 20. Mär 2003
 
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