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[infowar.de] Französische Medienaufsichtsbehörde rügt al-Dschasira



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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/14457/1.html 

Französische Medienaufsichtsbehörde rügt al-Dschasira

Florian Rötzer   25.03.2003 

Die Diskussion über die Ausstrahlung von Bildern von Kriegsgefangenen 
folgt, so ein Vertreter des arabischen Senders, einem doppeltem Maßstab 

Wegen der vom arabischen Sender al-Dschasira gesendeten Bilder von 
amerikanischen Kriegsgefangenen in der Hand der irakischen Truppen 
wurde Michel Kik, der französische Repräsentant des Senders, gestern 
vor die französische Medienaufsichtsbehörde Conseil supérieur de 
l'audiovisuel (CSA) zitiert. 

Schon am 18. März hatte der CSA eine Reihe von Empfehlungen [1] für die 
Kriegsberichterstattung aufgestellt, um die redaktionelle Verantwortung 
sicher zu stellen. Fernseh- und Rundfunksender sollten darauf achten, 
dass die Informationen stimmen. Falls dies ungewiss sei, müsste dies so 
mit Quelle und Datum dargestellt werden. Wenn man ungesicherte 
Informationen veröffentlicht, gäbe es die Verpflichtung, diese so bald 
als möglich zu verifizieren. Archivbilder müssen als solche 
gekennzeichnet sein. Dokumente dürfte nicht zur Unterhaltung 
ausgebeutet werden. Man müsse auch darauf achten, keine Spannungen oder 
auch Ablehnung und Fremdenfeindlichkeit in bestimmten Gemeinschaften 
oder Ländern zu schüren. Das betreffe gerade auch Diskussionssendungen 
oder Sendungen, in denen das Publikum zu Wort kommen. 

Hingewiesen wurde auch darauf, keine Dokumente zu senden, die gegen die 
Genfer Konvention über Kriegsgefangene verstoßen. Dessen aber hatte 
sich al-Dschasira schuldig gemacht. Der CSA könnte dem arabischen 
Sender die Lizenz für Europa entziehen. Es wurden zwar in anderen 
Sendern - und auch in amerikanischen - Bilder von gefangenen genommenen 
irakischen Soldaten gezeigt, das aber schien den CSA nicht entsprechend 
stark zu beschäftigen. Überdies wurde von der CSA auch nicht weiter 
erklärt, warum die Genfer Konvention, die das Verhalten der 
Kriegsparteien regeln soll, auch für freie Medien gelten soll. 

Immerhin machte gestern [2] der CSA die zuvor erwähnte Empfehlung für 
den Umgang mit Bildern von Kriegsgefangenen auf beiden Seiten 
deutlicher. Er verlangt [3], um die Sicherheit und die Würde der 
Gefangenen unabhängig von ihrer Nationalität zu gewährleisten, von den 
audiovisuellen Medien, dass die Gefangenen auf den Bildern nicht 
identifiziert werden können. Ansonsten solle man sie nicht senden. Der 
CSA kündigte an, mit den anderen Aufsichtsbehörden der EU hier eine 
gemeinsame europäische Position erreichen zu wollen. 

"Q: In terms of the pictures, the administration is upset because it is 
a violation of the Geneva Accords, you say -- 

MR. FLEISCHER: That's correct. 

Q: Are we following the Geneva Accords -- 

MR. FLEISCHER: Of course. 

Q: -- in Iraq and Guantanamo? 

MR. FLEISCHER: There are two different situations. You have the war 
against terrorism, and then you have this conflict, which is much more 
of a traditional conflict. And we have always treated people humanely, 
consistent with international agreements. In the case of the fight in 
Iraq, there's no question that it's being done in accordance with the 
Geneva Conventions. 

Q: How about the detainees in Guantanamo? They have no rights under the 
Geneva Accords? 

MR. FLEISCHER: As I just indicated, we always treat them humanely, 
consistent with." 

Auszug aus der Pressekonferenz [4] im Weißen Haus am 24.3.       

Michel Kik verteidigte hingegen vor dem CSA die Ausstrahlung der Bilder 
und warf den Kritikern einen doppelten Maßstab vor: "10 Jahre lang 
wurden Bilder von palästinensischen Gefangenen auf der ganzen Welt 
gezeigt, und im Golf hat jeder Bilder von irakischen Gefangenen sehen 
können, die gedemütigt knien mussten." Niemand habe sich hier um die 
Genfer Konvention gekümmert. Er warf der CSA vor, nur al-Dschasira 
vorgeladen zu haben, aber nicht auch französische und andere 
internationale Sender, die Bilder von irakischen Kriegsgefangenen 
gesendet haben. Überdies stammen, so Kik, die Bilder von der Befragung 
der amerikanischen Gefangenen aus dem irakischen Fernsehen, mehrere 
Sender hätten diese übernommen. 

Die europäischen Sendelizenzen für Sender wie CNN oder Fox liegen aber 
bei der britischen Aufsichtsbehörde, wie man sich bei dem CSA 
verteidigt [5]. Der Ball liege nun bei den entsprechenden 
Medienaufsichtsbehörden der anderen Länder 

Wie üblich in Zeiten des Konflikts gibt es ganz unterschiedliche 
Meinungen. Während die US-Regierung die amerikanischen Medien 
aufgefordert hat, diese Bilder nicht zu senden - aber vergessen hat zu 
erwähnen, auch keine von irakischen Gefangenen zu zeigen -, ist man in 
der arabischen Welt anderer Ansicht [6], zumal die US-Regierung 
bislang, wenn es um nicht-amerikanische Gefangene gegangen ist, die 
Genfer Konvention nichts ins Spiel brachte und sich sogar im Fall der 
eigenmächtig als rechtlose "feindliche Kämpfer" bezeichneten Gefangenen 
des Afghanistan-Krieges darüber hinwegsetzte. Mohamed Mesfar, 
Politologie-Professor in Katar, ist denn deswegen auch der Meinung, al 
Dschasira habe kein internationales Recht verletzt. Auch andere 
verweisen auf den Umgang mit den Gefangenen in Guantanamo ( Das Recht 
auf Willkür im Krieg [7]). 

Das Pentagon hatte die amerikanischen Sender aufgefordert, keine Bilder 
von US-Gefangenen zu zeigen, solange deren Gefangennahme nicht den 
Familien bekannt ist, vor allem aber, weil dies gegen die Artikel 13 
und 14 Genfer Konvention verstoße (Kriegsgefangene müssen mit 
Menschlichkeit behandelt werden, haben Anspruch auf Achtung ihrer 
Person und Ehre und sind "jederzeit vor Gewalt oder Einschüchterung, 
Beleidigungen und öffentlicher Neugier zu schützen"). Die plötzliche 
Entdeckung des internationalen Rechts durch die US-Regierung ist selbst 
natürlich vorwiegend ein Versuch, diese Bilder der eigenen Bevölkerung 
und der Weltöffentlichkeit vorzuenthalten, um die Stimmung an der 
Heimatfront nicht zu gefährden. Auch Präsident Bush zeigte sich 
"empört", was aber nicht die Bilder von irakischen Kriegsgefangenen 
betraf. 

Selbst die amerikanischen Zeitungen hielten sich teilweise an das 
Bilderverbot, die Sender machten die Gesichter unkenntlich. Inzwischen 
aber zeigt CNN wieder einzelne Bilder oder kurze Ausschnitte des Films, 
nachdem die Gefangenen identifiziert und ihre Familien benachrichtigt 
wurden: "Ehrlich gesagt", so Judy Woodruff von CNN, "die 
Berichterstattung über ihre Behandlung ist ein wichtiger Bestandteil 
der Kriegsberichterstattung." Allerdings sind die Versuche, solche 
Bilder zu zensieren, in Zeiten globaler Medien und des Internet kaum 
mehr durchsetzbar - auch wenn ein Provider eine Website deswegen vom 
Netz abgehängt hat ( Krieg der Bilder [8]). 

Links 

[1] http://www.csa.fr/infos/textes/textes_detail.php?id=11876
[2] http://www.liberation.fr/page.php?Article=98069
[3] 
http://www.csa.fr/actualite/communiques/communiques_detail.php?id=11913
[4] http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/20030324-4.html
[5] http://fr.news.yahoo.com/030324/202/342aj.html
[6] http://fr.news.yahoo.com/030324/202/342j0.html
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12767/1.html
[8] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14455/1.html



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