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[infowar.de] IRAK/TELEPOLIS: Massenhacks und Online-Demo
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/irak/14443/1.html
Massenhacks und Online-Demo
Florian Rötzer 22.03.2003
Cyberaktivisten protestieren gegen den Irak-Krieg und noch berichten
auch unabhängige Beobachter direkt aus Bagdad
Offenbar hat der Massenhack der islamischen Gruppe USC ( "Vive Iraq!":
Massenhack aus Kritik an Irak-Krieg [1]) auch anderen Hackergruppen zum
Vorbild gedient. So ist auch eine andere Gruppe aus Malaysia
angetreten, im Dienste des muslimischen Widerstands ebenfalls möglichst
viele Websites zu hacken. Doch auch eine andere bekannte Form des
Internetaktivismus hat nun begonnen: Online-Demos gegen die Websites
der amerikanischen und britischen Regierung.
Das Überschreiben von Websites, um seine politische Meinung zu
verbreiten, ist mittlerweile zu einem bekannten Phänomen bei Konflikten
geworden. Und es ist ansteckend, zumal wenn dies die Besitzer der
Websites einfach machen.
Nach dem Vorbild der Hackergruppe USC, die nach Kriegsbeginn gleich ein
paar Hundert Webseiten aus Solidarität mit der muslimischen Sache und
dem Irak gehackt haben und dies auch noch weiter machen, haben nun
ebenso wahllos und weltweit dum.my and tum.my [2] zugeschlagen, um
ihrer Meinung - und sicherlich auch ihren Personen und ihrem
Hackerkönnen - Aufmerksamkeit zu verschaffen. Ihre Meinungsäußerung ist
knapp, aber geht immerhin mit Liebe einher:
"BUSH IS GAY!!!
STOP WAR, STAY LOVE AND PEACE!!!
By dum.my and tum.my
>From Malaysia With LOVE!"
Das ist zweifellos ein wenig einfältig und zeugt von pubertärem
Aktivismus. Lapidar hinterlässt die Gruppe "kn0w" den Slogan auf
zahlreichen Webseiten: "no war peace fuck you bush". Und auch USC ist
weiter tätig und hat einen neuen Slogan entwickelt: "War is terrorism,
stop the terrorists. Justice For All."
Aber die Frage ist ja auch, ob bei den Meinungsäußerungen, die auf den
gehackten "Flugblättern" der Online-Aktivisten verbreitet werden,
ausgefeilte Argumente eine große Rolle spielen. Das ist schließlich
auch bei den Sprüchen nicht der Fall, die auf Demonstrationen skandiert
werden. Zudem müssen sich Online-Aktivisten, die nicht nur eine urbane,
sondern prinzipiell globale Öffentlichkeit betreten, nicht erst zu
einer größeren Gruppe zusammenfinden, um durch Masse Bedeutung zu
erlangen. Mitunter kann schon einer allein große Wirksamkeit entfalten.
Das ist natürlich anders beim Online-Analogon zu Demonstrationen oder
Blockaden, wie sei manche Hacktivisten veranstalten . Hier kommt es
wiederum auf die Masse an. Man dringt dabei auch nicht verbotenerweise
in Eigentum anderer ein, sondern sucht nur den Zugang zu einem
virtuellen Ort zu erschwere oder zeitweise zu blockieren. Schwierig ist
freilich daran, dass die Verfassungsrechte in demokratischen Staaten
bislang vor dem Internet noch Halt machen. Es gibt keine ausgewiesenen
öffentlichen Räume - und damit auch kein Recht auf
Online-Demonstrationen. Demonstrationen und Sit-Ins haben stets auch
den Zweck, durch Masse oder auch durch zeitweise Blockaden bzw.
Störungen die Aufmerksamkeit auf die Inhalte der Protestierenden zu
lenken. Dieses von der Verfassung geschützte Recht gibt es aber immer
Internet nicht, weswegen Demonstrationen oder Sit-Ins hier illegal sind
und auch gelegentlich unter Cyberterrorismus abgehandelt werden.
So bieten beispielsweise die britischen Cyberhippies, die seit 1999
Aktionen im Netz durchführen ( Die "Electrohippies" kommen [3]), wieder
einmal die Möglichkeit [4] an, über eine Website oder durch
Herunterladen eines Java-Programms permanent die Website des Weißen
Hauses [5] und die der Downing Street [6] aufzurufen, um gegen den
dieses Mal ungerechtfertigten Krieg zu protestieren. Saddam sei
tatsächlich ein schrecklicher Mensch, sagen die Cyberhippies, aber das
würde nicht einen militärischen Angriff auf den Irak rechtfertigen, um
die irakischen Menschen angeblich zu befreien. 1988 habe sich einer der
Mitglieder der Cyberhippies an einer Demonstration beteiligt, um die
Giftgasangriffe auf die Kurden zu protestieren. Damals habe die
Demonstration unter starken Polizeikontrollen und Überwachungsmaßnahmen
stattgefunden, "weil zu dieser Zeit die britische und US-Regierung
Saddam unterstützt haben. Aus unserer Sicht ist die aktuelle
Veränderung von der Duldung zu einer 'daisy-cutter diplomacy' nur ein
zynischer Wandel der politischen Prioritäten in Washington."
Um die Websites schwieriger erreichbar zu machen, müssen sich
allerdings Tausende von Menschen zur selben Zeit an dem Online-Protest
beteiligen. Das soll auch so sein, weil die Aktivisten im Internet ein
Analogon zu einer kollektiven Aktion im öffentlichen Raum schaffen
wollen. Je mehr sich beteiligen, desto stärker soll der Effekt sein.
Man habe die beiden offiziellen Seiten des britischen und
amerikanischen Regierungschefs gewählt, weil diese die offiziellen
Rechtfertigungen für den Krieg im Irak verbreiten. Es seien auch
deswegen legitime Ziele des Protests, "weil sie gebraucht werden, um
falsche Informationen und Halbwahrheiten über die Vorgänge im Irak zu
veröffentlichen". Vor den "Cyber-Sit-Ins" haben die Cyberhippies die
Betreiber der beiden Websites benachrichtigt [7], um die Proteste
anzukündigen und ihnen die Möglichkeit zu geben, darauf zu reagieren
oder zu versuchen, sie rechtlich verbieten zu lassen.
Spanische Aktivisten wollten angeblich eine Webcam [8] in Bagdad
installieren. Versprochen wurde zumindest vor Kriegsausbruch, dass ein
Iraker aus Barcelona in sein Heimatland und dort die Kamera aufbauen
sollte. Aber bei der Ankündigung scheint es geblieben zu sein. Dafür
aber wird eine Seite www.waitingforthewebcaminiraq.org [9] angeboten,
auf der man wohl tatsächlich lange warten muss. Man könne jetzt die
WebCam nicht installieren, hießt es, würde es aber dann machen, wenn
der Krieg vorüber sei. Hier waren die Mainstreammedien wie MSNBC [10]
oder n-tv [11] schneller und bieten Live-Bilder aus Bagdad an.
Und Salam Pax [12]TT, der angebliche Blogger aus Bagdad, hat gestern
das letzte Mal etwas gepostet:
"please stop sending emails asking if I were for real, don't belive it?
then don't read it. I am not anybody's propaganda ploy, well except my
own. 2 more hours untill the B52's get to Iraq.:: salam 7:05 AM."
Die unabhängigen Beobachter vom Iraq Peace Team, die sich in Bagdad
aufhalten, können auch nicht mehr Informationen liefern als die übrigen
Journalisten. Aber sie leben wie Kathy Kelly in engem Kontakt mit
irakischen Menschen und können so den alltäglichen Wahnsinn eines
Krieges schildern. Kathy Kelly schrieb am Samstag nach den ersten
"shock and awe"-Bombardements:
" Tomorrow we'll plan a birthday party for Amal who turns 13. Last
night, a cake appeared in the tearoom in celebration of Mother's Day.
Tiny Zainab and Maladh, daughters of the hotel night manager, have
warmed up to me and let me help their parents rock them to sleep. And
so it goes. As Operation Iraq Freedom storms on, we'll liberate
ourselves from any government's efforts to sever natural bonds between
us.
As I write, I can hear explosions in the distance. Clouds of smoke are
billowing in every direction. We've heard that last night's casualty
list includes 207 wounded, four of whom died in hospitals. News reports
say that more than 1,000 Cruise missiles were launched last night, and
the US may be planning to release many more tonight. On a beautiful
spring day, welcome to hell."
Und Rosemarie Gillespie, die sich als menschliches Schutzschild [13]
noch in Bagdad aufhält ( Als menschliches Schutzschild in Bagdad [14]),
richtete heute an die Friedensaktivisten den Appell, zivilen Ungehorsam
zu leisten, um den Krieg zu beenden:
"Last night the United States bombarded Iraq with 1000 missiles. Three
hundred and twenty of them hit Baghdad. One of them landed near the
April 7 Water Treatment Plant where I am living. The missile struck at
about 10pm. There was a deafening explosion, shaking the building where
we sleep. One of the other human shields, Donna Mulhearn, also from
Australia, was nearly blown off her feet from the impact of the blast.
The missile explosion set off a major fire, which sent a great cloud of
smoke spreading across the sky above us, in much the same way billowing
clouds of smoke spread across the sky during the recent Canberra
bushfires. The fire spread. It took hours before the fire was brought
under control. We could still smell the acrid smell of something
burning as the night turned into dawn.
The missile had landed little more than a kilometer away from where we
were standing. Just a small difference in the trajectory would have had
the missile heading straight for us. There are thirteen Human Shields
living at the site, three Australians, one American, two from Britain,
three from Japan, one Norwegian, one Belgian, one Italian, and one
Dane. If the US tries again, misses again and hits us instead, we will
be just become an unrecognizable mass of bits of concrete, human flesh
and broken furniture. Not only would the missile kill all of us, it
would also destroy the water treatment plant, which processes water for
three million people. To hit the site would also destroy the special
unit run by the International Committee of the Red Cross which
processes water for use in the hospitals of Baghdad."
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/14433/1.html
[2]
http://www.zone-h.org/en/defacements/filter/filter_defacer=dum.my+and+tu
m.my/
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5534/1.html
[4] http://www.fraw.org.uk/ehippies/
[5] http://www.whitehouse.gov/
[6] http://www.number-10.gov.uk
[7] http://www.fraw.org.uk/ehippies/iraq/notification.html
[8] http://www.webcaminiraq.org/index.html
[9] http://www.waitingforthewebcaminiraq.org
[10] http://www.msnbc.com/m/lv/default.asp?0cv=c644
[11] http://http://www.n-tv.de/3147867.html
[12] http://dear_raed.blogspot.com
[13] http://www.humanshields.org/
[14] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14384/1.html
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