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[infowar.de] SZ, 1.4.: Amerikaner kämpfen auch an der virtuellen Front



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Jetzt hat das Thema Cyberwar und Irak auch die großen Zeitungen hier
erreicht. 
Na, dann werden uns in den nächsten zwei Wochen wieder einige Artikel
bevorstehen, die das elektronische Schlachtfeld im Irak beschreiben
wollen und dann doch nur von Script-Kiddies veränderte Websiten als
Beleg nennen können. Bin ja gespannt, wann das erste Mal der Hoax mit
den Viren in den irakischen Druckern im 1991er Krieg als Tatsache
wiedergegeben wird. ;-)
RB


Süddeutsche Zeitung, Dienstag, 1.4.2003 

Maus statt Mörser 

Amerikaner kämpfen auch an der virtuellen Front 

Panzerschlachten in der Wüste, Einschläge von Marschflugkörpern in der
irakischen Hauptstadt - die Auseinandersetzung im Irak wird wohl einer
der letzten Kriege im herkömmlichen Stil sein. In Zukunft wird auch das
Internet in die Kampfhandlungen einbezogen. Erste, noch eher
spielerische Ansätze zeigen die Amerikaner bereits. Schon Wochen vor
Kriegsbeginn bombardierte der US-Geheimdienst CIA Iraks politische und
militärische Elite mit E-Mails. Saddams Regime wehrte sich gegen die
unwillkommene Post, indem es E-Mail-Filter einbaute, die alle
Nachrichten mit amerikanischem Absender abblockte. Seither setzt die CIA
für diese Art der psychologischen Kriegsführung E-Mail-Provider aus
Europa oder Nah-Ost ein. So bleiben die Amerikaner, wie
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, ?in ständigem Kontakt mit
der anderen Seite". 

Dafür hat das Pentagon beste Voraussetzungen. Der gesamte
Internetverkehr des Irak läuft über den Satellitenzugang zweier Firmen
der Kriegsgegner: der Atlanta International Teleport im US-Bundesstaat
Georgia und der Satellite Media Services in England. Daher könnten die
Alliierten Irak schnell vom Netz nehmen. 

Aber eine solche Aktion würde vor allem eine kleine Schicht der
Bevölkerung treffen, die sich den 50 Dollar pro Jahr teuren Zugang
überhaupt leisten kann. Aufgrund der seit zwölf Jahren andauernden
UN-Sanktionen ist der Irak technisch ins Abseits geraten, weshalb das
Internet dort nicht die zentrale Bedeutung für Wirtschaft und
Infrastruktur hat wie in den Industriestaaten. Etliche
Vermittlungsrechner arbeiten mit veralteter Software, deren
Sicherheitslücken für jeden Hacker eine Einladung darstellen. Für die
US-Spezialisten der so genannten CNA (Computer Network Attack) wäre es
deshalb kein Problem, die Computer in Saddams Schaltstellen lahm zu
legen. Die vor drei Jahren gegründete, geheime Organisation soll
aggressive Computerprogramme entwickeln, die im Kriegsfall zum Beispiel
das Stromnetz des Gegners zum Erliegen bringen. 

Die Amerikaner versprechen sich viel von dieser Art Krieg: ?Wenn man die
Computernetze der feindlichen Luftverteidigung durch die Manipulation
von Nullen und Einsen beeinträchtigen kann, könnte das eine elegantere
Vorgehensweise sein als 2000-Pfund-Bomben auf Radarstellungen
abzuwerfen", sagte der jetzige US-Generalstabschef Richard Myers, als er
mit dem Aufbau der Cyber-Streitkraft betraut wurde. Wie die Washington
Post berichtete, unterzeichnete US-Präsident George W. Bush nun vor
wenigen Wochen die ?National Security Presidential Directive 16", in der
er Militär und Geheimdienste anwies, die Bedingungen und Strategien für
einen Cyberkrieg auszuarbeiten. Das hat durchaus Tradition: Schon im
Kosovo-Krieg hatte Präsident Bill Clinton die Regierungs-Hacker
aufgefordert, Milosevics Auslandskonten zu manipulieren. 

Dabei ist Amerika selbst anfälliger gegen Cyber-Attacken als der Irak,
weil das Internet ein wichtiger Teil seiner Infrastruktur ist. Bisher
sind nur Nadelstiche bekannt geworden, davon aber viele. Der finnische
Antivirenhersteller F-Secure hat in den ersten drei Stunden des Krieges
1000 manipulierte Internetseiten registriert, darunter auch die der US-
Marine. Als neuen Trend sehen die Experten von F-Secure, dass nun neben
Islamisten und amerikanischen Patrioten auch angebliche
Friedensaktivisten in die Webseiten ihrer jeweiligen Gegner eindringen,
um sie zu verändern. Allerdings ist es schwer herauszufinden, wer sich
tatsächlich hinter den Angriffen verbirgt. Das amerikanische
Sicherheitsunternehmen iDefense vermutet, dass etliche
Friedensbotschaften von der pro-islamischen Hackergruppe ?Unix
SecurityGuard" stammen. 

Andere Seiten werden mit Massenmails bombardiert. So ging laut F- Secure
die Seite des britischen Premiers Tony Blair (www.number-10.gov. uk) vor
einer Woche kurzzeitig in die Knie. Nicht viel besser erging es
tagsdrauf der Seite des arabischen TV-Senders al-Dschasira, nachdem
dieser Bilder gefangener GIs ausgestrahlt hatte. Offenbar hatten sich
nicht nur die Militärs auf den Krieg vorbereitet, sondern auch die
Virenschreiber. Bereits im vergangenen November drohte im Magazin
Computerworld ein Malaysier mit dem Pseudonym Melhacker, der bereits den
Computervirus ?Nedal" (?Laden" rückwärts gelesen) programmiert hatte:
?Ich werde diesen Wurm (?Scezda") losschicken, wenn Amerika den Irak
angreift." 

Inzwischen gibt es Viren auf beiden Seiten. Der Irak-Wurm ?Ganda" lockt
mit angeblichen Satellitenbildern vom Irak oder einem pro-amerikanischen
Bildschirmschoner. ?Lisa" dagegen möchte, dass Nutzer per Mausklick
gegen den Krieg stimmen. Ein fataler Klick: Er führt zum Verlust aller
gespeicherter Daten. 

MICHAEL LANG

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