Suche innerhalb des Archivs / Search the Archive All words Any words

[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[infowar.de] Das ausgelagerte Gedächtnis der DARPA



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------

http://www.intern.de/news/4406.html

Das ausgelagerte Gedächtnis

04.06.2003

Erst im November vergangenen Jahres wurden Informationen über ein 
Forschungsprojekt Microsofts bekannt, bei dem es - kurz gesagt - um ein 
Back-Up der gesamten Erfahrungswelt eines Menschen geht. DARPA, der 
Forschungsarm des US-Militärs hat eine Projektausschreibung
veröffentlicht, 
bei der es um ähnliche Ziele geht. Diese und weitere Vorhaben lassen die 
Frage aufkommen, wer solche Lösungen braucht und wozu.

Das Microsoft-Projekt MylifeBits soll schlicht "alles" speichern. Doch 
"alles" ist hier wohl eher im Zusammenhang mit dem Büro- und
Arbeitsalltag 
eines Individuums zu sehen. Daten aus diesen Bereichen sollen
gespeichert 
und schnell zugänglich gemacht werden. Im Interesse und Auftrag des 
Nutzers. Und als proprietäre Lösung Microsofts.

Bei dem DARPA-Vorhaben LifeLog sollen die entwickelten Techniken dagegen 
nicht zur Verschlusssache werden. Vermutlich ist - wie bei den früheren 
DARPA-Projekten "Internet" und "Global Positioning System" - mit einer
weit 
gehenden Freigabe der Ergebnisse zu rechnen.

Doch wozu benötigt das US-Militär eine solche Speicherlösung? Diese
Frage 
wird auch von GlobalSecurity.org gestellt, einer Gruppe, die sich mit
der 
Analyse des Militärs und seinen Aktivitäten beschäftigt.

DARPA-Vertreter meinen, ein solcher Speicher, der mittels einer Kamera
und 
Mikrophonen auch audiovisuelle Wahrnehmungen speichert, könnte 
beispielsweise das Gedächtnis der Offiziere verbessern. Eine andere 
Anwendung läge im Bereich der Evaluation computer-gestützter Trainings. 
Traingsabläufe könnten retrospektiv zur Verbesserung der Maßnahmen 
analysiert werden.

Doch das DARPA-Projekt soll ja auch im kommerziellen Umfeld Einsatz
finden. 
Ähnlich wie es bei dem Projekt des kanadischen Professors Steve Mann 
vorgesehen ist, der schon seit 30 Jahren mit tragbaren Kameras und Co. 
experimentiert. Er kann sein Equipment inzwischen in einem
Brillengestell 
und einem Gürtelanhänger - etwa so groß wie ein Mobilfunkgerät - 
unterbringen. Und er arbeitet inzwischen mit Samsung an einer
kommerziellen 
Lösung.

So kann man dem DARPA-Projekt durchaus etwas Positives abgewinnen. 
Kommerzielle Back-Up-Projekte gibt es schon mehrere. Ein aus der 
Staatskasse finanziertes Projekt könnte hier Standards setzen und den 
proprietären Wildwuchs hemmen.

Doch die Frage nach dem "wozu" des Vorhabens bleibt. Warum sollten
gerade 
Privatpersonen ihre Wahrnehmung auslagern? Um bei Ehestreitigkeiten oder 
Zivilprozessen die ultimative Möglichkeit zur Beweisführung zu haben? Um 
sich zu erinnern, wo man die Autoschlüssel, Brille etc. dieses Mal
verlegt 
hat? Oder, um sich selbst gemachte Fehler wieder und wieder
vorzuspielen, 
bis man sich selbst nicht mehr ertragen kann?

Dazu kommt die Frage, wer Zugriff auf diese Daten nehmen darf. DARPA
setzt 
auf das Prinzip der Freiwilligkeit. Zumindest, wenn es um die
Aufzeichnung 
geht. Doch wer will es den Strafverfolgern der Zukunft verbieten,
Einblick 
in diese Daten zu nehmen, wenn ein Verdachtsmoment vorliegt? Die Daten 
wurden ja freiwillig gespeichert und nicht widerrechtlich von den 
Ermittlern aufgezeichnet. Eine Verfügung könnte dann schon reichen, um
die 
Daten zu erhalten.

Diese Probleme werden von den Datenschützern vermutlich als am
drängendsten 
empfunden. Das ist gerade nach den Entwicklungen der letzten Monate 
verständlich. Die DARPA bestreitet zwar, dass es einen Zusammenhang 
zwischen LifeLog und dem Projekt der "Terrorism Information Awareness" 
(zuvor "Total Information Awareness) gibt.

Auch dort sollen alle nur denkbaren elektronischen Informationen 
gespeichert werden. Aber an zentraler Stelle und nicht unter Kontrolle
der 
Datenurheber. Doch Ähnlichkeiten zwischen beiden Vorhaben sind durchaus 
nicht von der Hand zu weisen.


DARPA-Ausschreibung
http://www.darpa.mil/ipto/Solicitations/PIP_03-30.html


Pentagon's New Game: This Is Your Life (AP-Meldung)
http://globalsecurity.org/org/news/2003/030602-darpa-life01. htm


Microsoft: MyLifeBits Project (incl. Links und Informationen zu weiteren 
Projekten, Literatur...)
http://research.microsoft.com/barc/MediaPresence/MyLifeBits. aspx


Professor Steve Mann
http://wearcam.org/

---------------------------------------------------------------
Liste verlassen: 
Mail an infowar -
 de-request -!
- infopeace -
 de mit "unsubscribe" im Text.