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[infowar.de] Das Pentagon darf doch keine Wetten auf Terroranschläge veranstalten
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Und hier die TP-Meldung auf Deutsch.
RB
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/15332/1.html
Das Pentagon darf doch keine Wetten auf Terroranschläge veranstalten
Florian Rötzer 30.07.2003
Die Zeiten haben sich mit beginnendem Wahlkampf verändert: Kaum wurde
das Börsenprojekt zur Vorhersage von Risiken publik, wurde es auch -
wahrscheinlich - schon eingestellt
Manchmal wird schnell reagiert. Kaum wurde scharfe Kritik am makabren
Programm des Pentagon publik, bei dem am Freitag eine Future-Börse für
Terrorwetteinsätze gestartet werden sollte, um bessere Warnungen zu
erhalten ( Future-Börse für Terroranschläge [1]), scheint sie
zumindest schon wieder gestorben zu sein. Mindestens 800.000 US-Dollar
für die Software in den Sand gesetzt. Der Darpa-Abteilung Terrorist
Information Awareness (TIA) sei halt ein wenig die Fantasie
durchgegangen, meinte Vizeverteidigungsminister Wolfowitz dazu. Jetzt
muss man im Pentagon auf eine wertvolle Informationsquelle zur
Vorhersage und Verhinderung von Terroranschlägen verzichten, zumindest
bis man eine neue Idee entwickelt oder eine andere
Finanzierungsmöglichkeit findet.
Eigentlich war man bei der TIA-Abteilung auch wirklich innovativ. Wenn
sich schon über Wetteinsätze auf Ereignisse in der Zukunft wie der
Ausgang von Wahlen relativ gute Voraussagen erzielen ließen, dann
könnte dies doch bei der Vorhersage von Terroranschlägen oder anderen
Sicherheitsrisiken auch der Fall sein, dachte man sich bei der Darpa.
TIA-Leiter Poindexter hatte ja seinerzeit schon anderes möglich
gemacht.
Trotz des Verbots des Kongresses unter Präsident Reagan und
Vizepräsident Bush lieferte er zusammen mit Oliver North Waffen an den
Ajatollah-Iran, um amerikanische Geiseln zu befreien, mit dem Geld aus
den Verkäufen unterstützte man die Rebellen - heute müssten sie
eigentlich Terroristen heißen -, die gegen das linke Regime in
Nicaragua kämpften. Dass ausgerechnet Poindexter von Bush jun. im
Zeichen der Terrorbekämpfung wieder eine nicht unbedeutende Stelle im
Verteidigungsministerium erhalten hat, dürfte Grund zum Spekulieren
geben. Angeblich wurde er wegen seiner Verdienste fürs Vaterland,
vielleicht auch für den Bush-Vater, ernannt. Poindexter wurde seiner
Zeit wegen Falschaussagen verurteilt, dann aber wieder frei auf
durchsichtige Weise gesprochen, weil er doch eine Aussage machte, aber
vermutlich Reagan und Bush deckte ( Aufklärung über die
Aufklärer [2]).
Einsichtig schien das Projekt schon zu sein, nachdem die Geheimdienste
sowohl beim 11.9. als auch hinsichtlich der Beweise für die Existenz
von Massenvernichtungswaffen Irak derart versagt haben, zumindest haben
sie bei letzteren nicht geboten, was das Weiße Haus gerne haben wollte.
Das Börsenspiel mit echtem Geld, das aus der Masse der auf der ganzen
Welt stammenden Investoren so etwas wie eine kollektive Intelligenz
entstehen lassen sollte, machte auch deswegen noch Sinn, weil man damit
auch die Folgen der amerikanischen Politik mit ihren Interventionen im
Nahen Osten abschätzen wollte. Möglicherweise hat man im Pentagon oder
gar im Weißen Haus eingesehen, dass man zwar den Irak-Krieg gut über
die Bühne brachte, aber dann ziemlich hilflos mit dem befreiten Land
dastand.
Wie auch immer, in Zeiten des beginnenden Wahlkampfes kam die
"Future-Börse des Todes", wie Senatorin Hillary Clinton das Projekt
nannte, der Regierung und den Republikanern nicht gelegen, während die
für die Demokraten ein gefundenes Fresse war, zumal das Projekt ja
durchaus makabre oder gar zynische Züge hatte, wenn derjenige, der
einen Anschlag prophezeit, bei dessen Eintritt Geld erhält (auch wenn
dies im wirklichen Leben ganz genau so funktioniert). Auch der Demokrat
Monday fand ein treffende Bezeichnung: "staatlich gefördertes
Terrorismus-Glücksspiel". Andere fanden die Idee erbärmlich dumm oder
grotesk. Die Empörung loderte auf, die weiteren Pläne, deren Beginn der
Future-Markt Policy Analysis Market, kam daher gar nicht mehr in den
Blick.
John Warner, der Leiter des Senate Armed Services Committee, setzte
sich, wie die New York Times berichtet [3], gestern gleich ans Telefon
und rief den Darpa-Direktor an. Man "vereinbarte", das Projekt sofort
zu stoppen. Das scheint auch so zu sein, denn die Inhalte der
Projekt-Website [4] wurden bereits vom Netz genommen.
Ob damit auch FutureMAP [5] insgesamt beendet werden soll, wurde
offenbar nicht erörtert. Immerhin dürfte die Unterstützung für das
TIA.-Programm weiter schwinden. Wurde zunächst verboten, dass das
Data-Mining-Programm auch auf Amerikaner werden darf, so hatte der
Senat vor kurzem auch beschlossen, die Finanzierung für das
Gesamtprojekt einzustellen. Wie das Repräsentantenhaus entscheiden
wird, steht noch offen, der demokratische Senatsabgeordnete Ron Wyden,
der die Kritik an TIA und jetzt an der Future-Börse vor allem auf die
Beine brachte, hofft, dass jetzt das ganze Projekt eingestellt werden
muss. Bei der Darpa suchte man die Abgeordneten zu beschwichtigen und
nannte das Projekt, das zunächst Total Information Awareness hieß, in
Terrorist Information Awareness um (
Terrorist-Information-Awareness [6]). Und dagegen sollte, so wird man
sich gedacht haben, wohl niemand etwas haben können. Sicherheitshalber
hat das Weiße Haus aber womöglich schon parallel einen eigenen
behördenübergreifenden Geheimdienst aufgebaut, so dass TIA ruhig
untergehen kann ( Noch ein Geheimdienst [7]).
Die dafür verantwortliche Behörde ist an Stellen, wo wir sie als
fantasievoll wünschen, brillant fantasievoll. Es klingt so, als würden
sie in diesem Bereich zu fantasievoll gewesen sein.
Vizeverteidigungsminister Wolfowitz, der angeblich [8] erst gestern
von dem Projekt erfahren hat
Charles Polk, Präsident von Net Exchange, die von der Darpa neben der
Economist Intelligence Unit mit dem Aufbau und dem Betreiben der Börse
beauftragt war, versuchte [9] die Befürchtungen als Übertreibungen
herunterzuspielen. Es sei doch keine "Terrorismusbörse", man wolle
damit lediglich in die Zukunft schauen, um politische, wirtschaftliche
und militärische Entwicklungen im Nahen Osten besser zu verstehen. Und
selbst wenn Terroristen bei der Börse zur Bereicherung mitspielen
würden, was ein Vorwurf war, so würde doch daraus genau das Warnsignal
entstehen, das der Policy Analysis Market erzeugen soll: "Sie würden
einige Preise verändern. Und sie würden diese Preise auf Höhen treiben,
die ihnen bislang vom Markt verwehrt waren. Daher würden die Menschen
sich fragen: 'Warum ist dieser Preis so hoch?'"
So also geht Terrorismusbekämpfung - und man könnte nachgerade noch
vermuten, dass die Initiatoren doch hofften, Terroristen mit ihrem
"Honigtopf" im Internet anzulocken.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15327/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/13840/1.html
[3]
http://www.nytimes.com/2003/07/29/politics/29WIRE-PENT.html?hp=&pagewant
ed=print&position=
[4] http://www.policyanalysismarket.org/
[5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15327/1.html
[6] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14849/1.html
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14073/1.html
[8] http://www.cnn.com/2003/ALLPOLITICS/07/29/terror.market/
[9] http://www.msnbc.com/news/945269.asp?0cv=TB10&cp1=1
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