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[infowar.de] TELEPOLIS: 800 Millionen Mark fuer einen Buergerkri...



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800 Millionen Mark für einen Bürgerkrieg

Jürgen Elsässer   14.08.2003 

Titos Geheimdienstchef Antun Duhacek erzählt, wie der BND Jugoslawien 
zerstört hat 

Anfang Februar haben die Parlamente in Belgrad und Podgorica auf Druck 
der EU beschlossen, die Bundesrepublik Jugoslawien formell aufzulösen 
und durch eine lose Föderation Serbien und Montenegro zu ersetzen - 
Spötter bezeichnen das Gebilde als Solanien. Mittlerweile hat Solanien 
auch den Cyberspace erreicht: Statt der Länderendung .yu werden Serben 
und Montenegriner künftig nur noch Adressen mit .cs bekommen (für Crna 
Gora/Montenegro und Serbien). 

   Duhacek: Jetzt haben sie es endlich geschafft, Jugoslawien von der 
Landkarte zu tilgen, und am Schluss wird man es nicht einmal mehr im 
Internet finden.   

 Wen meinen Sie mit sie?  

   Duhacek: Deutschland versuchte es schon seit langem, spätestens Ende 
der achtziger Jahre ging es in die entscheidende Phase. Dabei wurde die 
Bonner Regierung von Österreich, Italien und dem Vatikan unterstützt. 
Der Bundesnachrichtendienst (BND) koordinierte die Unterstützung für 
die Teilrepubliken Kroatien und Slowenien, die sich von Jugoslawien 
trennen  wollten [1].   

 Welche geheimdienstlichen Erkenntnisse haben Sie darüber?  

   Duhacek: Der  BND [2] übernahm Ende der 80er Jahre die direkte 
operative Führung des kroatischen Auslandsgeheimdienstes - der war de 
jure noch Teil des gesamtjugoslawischen Dienstes UDBA, de fakto schon 
seit den frühen siebziger Jahren praktisch ohne Belgrader Kontrolle. 
Bei einem persönlichen Treffen zwischen Bundesaußenminister Genscher 
und dem kroatischen Geheimdienstchef  Josip Manolic [3] im Februar 
1990, im Vorfeld der Wahlen im - damals noch zu Jugoslawien gehörenden 
- Kroatien, hat Genscher 800 Millionen Mark versprochen. Manolic wollte 
das Geld gleich in bar mitnehmen, der spätere Präsident Franjo Tudjman 
und sein damaliger Mitstreiter (und heutige Präsident)  Stipe Mesic [4] 
warteten dringend darauf. Schließlich floss das Geld erst kurz nach den 
Wahlen im März 1990. Leute des BND übergaben die 800 Millionen Mark in 
Zagreb, Cash.   

 Das muss ein ziemlich schwerer Koffer gewesen sein.  

   Duhacek: Die Deutschen haben ja auch eine Gegenleistung dafür 
bekommen. Manolic hatte im Februar 1990 mit dem BND ein sehr weit 
reichendes Geheimabkommen geschlossen. Es umfasste im wesentlichen drei 
Punkte: 1) Zusammenarbeit des von ihm kontrollierten kroatischen 
Dienstes mit dem BND im Vorgehen gegen Jugoslawien und Serbien. 2) Der 
BND stellt seinen kroatischen Partnern alle Aufklärungsergebnisse zur 
Verfügung, die er und befreundete Nato-Dienste in und über Jugoslawien 
sammeln, zum Beispiel über die Situation in der Jugoslawischen Armee, 
ihre Truppenbewegungen und so weiter. Das sollte bei den bald 
beginnenden militärischen Auseinandersetzungen ein großer Vorteil für 
Zagreb werden. 3) Manolic unterstellt einen Teil seiner Informanten und 
informellen Mitarbeiter, zum Beispiel in Belgrad, direkt dem BND.   

   Erich Schmidt-Eenboom [5] nimmt in Der Schattenkrieger, seinem Buch 
über die BND-Aktivitäten von Klaus Kinkel, an vielen Stellen auf Sie 
Bezug. Bei ihm heißt es aber, dass schon "unmittelbar vor dem Tode 
Titos" in Zagreb "alle Entscheidungen in strategischen Fragen nur noch 
in Absprache ... mit BND-Instanzen und Ustascha-Repräsentanten 
getroffen werden". Das war zu Beginn der 80er Jahre.  

   Duhacek: Das waren enge Kontakte, aber sie mussten noch verdeckt 
abgewickelt werden. Die heiße Phase beginnt erst Ende der achtziger 
Jahre, als aus dem Apparat, den Manolic und sein Ziehvater  Ivan 
Krajacic [6] im Verborgenen aufgebaut haben, der offizielle 
Geheimdienst des neuen kroatischen Staates wird. Ab ungefähr Mai 1990 
funktioniert dieser Geheimdienst wie ein Anhängsel des  BND [7]. Die 
deutsche Seite verlangte für ihre Leistungen eine totale Unterordnung 
des kroatischen Dienstes, und das hat sie bekommen. Zum Beispiel 
bestimmten die Deutschen, welche kroatischen Emigranten Pässe bekommen 
sollten. 

Nach 1945 hatten ja viele faschistische Aktivisten der 
Ustascha-Bewegung das Land verlassen müssen und dann in der ganzen Welt 
verstreut gelebt. Der BND legte 1990 fest, welche dieser 
extremistischen Kader mit Pässen ausgestattet wurden, damit sie 
zurückkommen konnten. Diese zurückgekehrten Ustaschen haben sich dann 
in die Regierung des neuen kroatischen Staates eingekauft, 300.000 Mark 
kostete etwa der Posten eines Ministerialbeamten. Präsident Tudjman 
setzte voll auf diese Leute. 

Tudjmans enge Verbindungen zum BND einerseits, zu alten 
Ustascha-Faschisten andererseits verdichten sich in der Person von 
Ernest Bauer. Der Jugoslawe "volksdeutscher" Herkunft war während des 
Zweiten Weltkrieges Oberst des Ustascha-Geheimdienstes UNS, wurde 
danach vom BND-Chef Reinhard Gehlen übernommen, reaktivierte für diesen 
sein Agentennetz in Zagreb und führt es bis Anfang der neunziger Jahre. 
Als Tudjman 1990 seine nastionalistisch-kroatische Partei HDZ gründete, 
mit der er den Sezessionsstaat fast die gesamten neunziger Jahre 
regieren sollte, residiert er während der gesamten vier Tage des 
Gründungskongresses bei Bauer. Nachdem Tudjman Präsident geworden ist, 
macht er den hochbetagten Geheimdienst-Mann zu seinem 
Sonderbeauftragten im Bundespresseamt in Bonn. 

Es gibt noch bessere Beispiele für die Macht des BND über seine 
kroatischen Partner. Zum Beispiel verlangte der BND 1993/94 eine 
Säuberung des kroatischen Dienstes. Alle Leute, die aus einer 
Partisanentradition stammen, mussten gehen. Dazu muss man wissen, dass 
das gesamte Tudjman-Projekt, der neue kroatische Staat und alle seine 
Institutionen, zunächst einen Kompromisscharakter trugen. Der 
kroatische Nationalismus und die Feindschaft gegen Jugoslawien war der 
gemeinsame Nenner; auf dieser Plattform trafen sich die Kräfte, die 
sich während des 2. Weltkrieges noch bekämpft hatten, nämlich 
Nationalkommunisten und Ustascha-Faschisten. Nun verlangte der BND, daß 
erstere hinausgesäubert werden. Deswegen wurde Josip Manolic in den 
Geheimdienststrukturen entmachtet, und Stipe Mesic verließ mit ihm und 
einigen anderen frustriert die Tudjman-Partei HDZ und gründete eine 
eigene.   

 Das hat der BND verlangt?  

   Duhacek: Tudjman hat es sogar zugegeben. 1994 schrieb er über seinen 
Bruch mit Manolic: "Als es zu einer solchen Situation mit Herrn Manolic 
kam, das muss ich dazu noch sagen - 1992, als wir formell anerkannt 
waren, aber noch keine wirklichen Freunde hatten -, kamen die Vertreter 
einer der Hauptmächte der Welt zu mir und sagten: Herr Präsident, Sie 
sind sich wahrscheinlich bewusst, dass Sie eine neue Verteidigungs- und 
Sicherheitsstruktur aufbauen müssen. Wir sind bereit, Ihnen dabei zu 
helfen, aber bitte ohne Joza Manolic. "   

 Aber was sollte der BND gegen Manolic haben? Er war doch der Mann 
gewesen, der den Deutschen 1990 den kroatischen Dienst ausgeliefert 
hatte.  

   Duhacek: Der BND misstraute den Leuten, die aus der 
Partisanentradition kamen, die hatten schließlich vier Jahre lang gegen 
die Deutschen gekämpft. Die erschienen ihm nicht sicher, jedenfalls 
nicht auf lange Sicht. Nehmen Sie etwa Manolic. Er ist Träger des 
Partisanenordens "Kämpfer des ersten Tages". Oder Mesic: Der hat zwar 
zugegeben, dass er 1991 Kontakte zum BND hatte - er war damals 
Vorsitzender des jugoslawischen  Staatspräsidiums [8].   

 Der BND half ihm dabei, in diesem Amt möglichst destruktiv zu sein.  

   Duhacek: Sicher. Aber Mesic hatte im Zweiten Weltkrieg 16 
Familienmitglieder verloren, von den Faschisten ermordet. Der war nicht 
zuverlässig, in den Augen der Deutschen.   

 Aber aus dem Zitat Tudjmans geht nicht klar hervor, wer die Ablösung 
von Manolic verlangt hat. Er sagt nur "Vertreter einer der Hauptmächte 
der Welt". Könnten das nicht auch die US-Amerikaner gewesen sein, die, 
nachdem sie zunächst gegen die Anerkennung der Sezessionsstaaten 
gewesen waren, zu Beginn der Clinton-Präsidentschaft den Kurs 
wechselten und selber Einfluss in Zagreb bekommen wollten? Macht es 
nicht eher Sinn, dass sie es waren, die die Ablösung des pro-deutschen 
Manolic verlangten?  

   Duhacek: Nein, die US-Amerikaner hatten keinerlei  Einfluss [9]. Die 
Deutschen waren absolut dominant. Und als 1995 US-Militärberater die 
kroatische Offensive zur Eroberung der Krajina (und der Vertreibung 
ihrer serbischen Bevölkerung)  dirigierten [10] taten sie das auf 
Wunsch der Deutschen. Kohl und Genscher wollten sich nicht die Finger 
schmutzig machen, ein deutscher Militäreinsatz wäre damals 
innenpolitisch nicht populär gewesen. Aber die Deutschen haben die 
Waffen geliefert, vor allem Restbestände aus den ehemals 
sozialistischen Ländern Polen, Tschechoslowakei und DDR.   

 Mittlerweile ist die Tudjman-Partei HDZ in Kroatien abgewählt, im 
Jahre 2000 wurde Mesic zum Präsidenten gewählt. Haben die Deutschen 
also ihren Einfluss verloren? Mesic müsste, nach allem was Sie 
geschildert haben, ziemlich sauer auf den BND sein.  

   Duhacek: Man hat sich arrangiert. Mesic kann nicht ohne die 
Deutschen, und die Deutschen können nicht ohne ihn, zur Zeit 
jedenfalls. Tudjman ist tot, seine rechte Hand Gojko Susak, der erste 
 Verteidigungsminister [11], ist ebenfalls tot. Und dass Mesic sich 
jetzt bemüht, einige der 300.000 vertriebenen Serben nach Kroatien 
zurückzuholen, ist auch für Deutschland als Hauptwirtschaftspartner 
sinnvoll: Gebiete wie die Krajina und Slawonien sind seit der 
ethnischen Säuberung durch die kroatischen Nationalisten wie 
entvölkert, so liegt ein Drittel des Landes wirtschaftlich brach.   

 Mit Ihrem Wissen wären Sie ein wichtiger Zeuge im Haager Prozess gegen 
Milosevic.  

   Duhacek: Wenn ich geladen werde, werde ich gehen - obwohl ich schon 
Morddrohungen bekommen habe, es nicht zu tun. 

Zur Person: Antun Duhacek arbeitete seit 1950 für den jugoslawischen 
Geheimdienst UDBA und war von 1955 bis 1968 dessen Direktor. Von 1969 
bis 1974 war er Abgeordneter im kroatischen Republiksparlament und u.a. 
Sprecher für Volksgruppenfragen. Von 1991 bis 1994 fungierte er im 
kroatischen und bosnischen Bürgerkrieg als Militärberater der Serben. 
Der gebürtige Kroate darf Kroatien nicht mehr betreten - die Regierung 
in Zagreb hat einen Steckbrief auf ihn ausgestellt - und lebt deswegen 
seit 1998 in Jugoslawien. 

Links 

[1] http://www.un.org/icty/transe54/020218IT.htm
[2] http://www.bundesnachrichtendienst.de/index1.htm
[3] http://voiceofcroatia.net/Manolic.htm
[4] http://www.discovery.de/de/pub/specials/bruderkrieg/people/mesic.htm
[5] http://www.ffi-weilheim.de
[6] 
http://www.suc.org/culture/library/Ubij_Bliznjeg_Svoga/bgd/bgd2.html?Suc
_Se ssion=3cf9263ec9d50e8aaec674a23e51fbd0
[7] http://www.jungewelt.de/2000/12-04/001.shtml
[8] http://www.covertaction.org/yugo4.htm
[9] http://www.klick-nach-rechts.de/germany/croatia.htm
[10] http://www.tenc.net
[11] http://www.cdsp.neu.edu/info/students/marko/hrslovo/hrslovo7.html

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