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[infowar.de] Bundeswehr richtet sich auf "Network Centric Warfare" aus



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Bundeswehr richtet sich auf "Network Centric Warfare" aus
[04.09.2003 18:09 ]



Ein Stichwort geistert seit einigen Jahren durch die Militär-Community: 
Netzwerkzentrierte Kriegsführung -- oder auch "Network Centric Warfare". 
Oberst Ralph Thiele, Kommandeur des Zentrums für Analysen und Studien in 
Waldbröl, dem Think Tank der Bundeswehr, strich auf der der Tagung 
"Network Centric Capabilities und der Transformationsprozess" der 
Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik[1] heraus, dass Network Centric 
Warfare eine wichtige Grundorientierung in der "Neuausrichtung der 
Bundeswehr als interoperable, multinationale Joint Force" sei. Es gehe 
darum, "moderne, preiswerte und leistungsfähige IT-Technologie mit Wissen 
mit Blick auf Relevanz und Fähigkeiten zu verbinden". Dabei sei es wie in 
der Formel 1: "Wer schneller fährt, setzt den Standard." 

Die USA widmen sich, so Thiele, "mit großer Energie" dem Thema und setzen 
so neue Standards in der Software, Hardware und Organisation. In der Tat 
hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf seiner Prioritätenliste 
für das Jahr 2004 zwei Punkte ganz nach oben gesetzt: erstens den 
erfolgreichen weltweiten Krieg gegen den Terror und zweitens die 
Kampfkraft im Verbund zu stärken. 

Wie Brigadier General Vonley J. Warner, Direktor für Strategie und 
Analysen beim U.S. Joint Forces Command, sagte, sei die neue Doktrin 
jedoch nicht das Ergebnis weiser Einsicht, sondern von Versagen: Erst das 
militärische Debakel in Südwest-Asien habe dem Militär die Augen geöffnet. 
Navy- und Airforce-Piloten konnten nicht miteinander kommunizieren, es 
hatte keine gemeinsamen Verfahren und Konzepte gegeben. Der Kongress 
forderte deshalb mehr "Jointness", mehr Zusammenarbeit im Verbund, und 
mehr Interoperabilität. Das gute Budget und die gute personelle 
Ausstattung befähige das Militär jetzt zu schnellen Fortschritten, 
konstatierte Warner zufrieden. 

Als Vorbild für netzwerkzentrierte Kriegsführung gilt der Fischschwarm, in 
dem einzelne Fische gleichzeitig auf Umweltveränderungen reagieren. 
Voraussetzung dafür ist, dass "jeder einzelne, jedes Team die optimale 
Information zur Erfüllung seiner Aufgabe hat", so Warner. Angesichts der 
Informationsfülle räumte er aber ein: "Das ist sehr schwer zu erreichen." 
Er gab zu, dass die Industrie noch nicht in der Lage sei, ein Produkt zu 
liefern, das aus einer großen Menge von Einzelinformationen die richtigen 
Informationen für den Einsatz in Echtzeit herausfiltern könne.

Oberst i.G. Gerhard Schulz vom Führungsstab im 
Bundesverteidigungsministerium schilderte erste Erfahrungen der Bundeswehr 
mit dem neuen Konzept seit 2001. Man habe erkannt, dass "Network Centric 
Warfare" nicht als "Nebenaufgabe" zu lösen sei. Auch, so ergänzte Warner, 
gehe es nicht nur um einen technikzentrierten Wandel, sondern um einen 
Kulturwandel. 

Erfahrungen konnten die USA gemeinsam mit ihren Deutschland, 
Großbritannien, Kanada, Australien und Frankreich bereits im Mai 2003 
sammeln, als sie im Seminarstil das Kriegsspiel "Pinnacle Impact 03" 
durchführten. Darin erprobten die Teilnehmer neue Einsatzkonzepte für 
Operationen, bei denen alle Teilstreitkräfte engagiert sind. Ein Problem 
für die Partner seien jedoch der unterschiedliche Umgang mit eingestufter 
Information gewesen: Geben die USA Informationen nur ausnahmsweise heraus, 
halten die Partner die Informationen nur ausnahmsweise zurück. Der 
funktionierende Informationsaustausch sei bei Koalitionsoperationen 
"elementar bedeutsam", folgerte die Bundeswehr. 

Umdenken sei auch bei der Beschaffung nötig, betonte Schulz. Ein schnelles 
Prototyping auf Basis eines systematischen Analyseprozesses in einem 
dauerhaften experimentalen Umfeld sei besser als riesige 
Hardware-Ausgaben, die dann bis zu zwanzig Jahren im Inventar geführt 
würden, aber nicht zu den aktuellen Aufgaben passten. Dafür sei beim 
Prototyping eine "gewisse Risikotoleranz" nötig. In den USA habe sich 
bereits die Einsicht durchgesetzt, dass eine schnelle 80-Prozent-Lösung 
besser sei als eine späte 100-Prozent-Lösung.

Das Bundesverteidigungsministerium hat laut Schulz inzwischen ein 
nationales Konzept für Concept Development & Experimentation "im Konsens 
gezeichnet", das bald der Öffentlichkeit vorgestellt werde. Es begründe, 
warum die Bundeswehr Teil einer Aufbauorganisation sein müsse. Sowohl ein 
Entwicklungs-, als auch ein Experimentallabor sollen für eine raschere 
Entwicklung sorgen. Schulz forderte, dass Bundeswehr und Industrie nach 
US-Vorbild enger zusammenarbeiten sollten. In den USA säße die "Creme de 
la Creme der US-Industrie an einem Tisch mit dem Militär", um in einem 
engen Dialog schnell auf die Bedürfnisse das Militärs reagieren zu können. 
Schulz forderte, die Bundeswehr müsse hier "legalistische Bedenken 
abbauen". (Christiane Schulzki-Haddouti) / (wst[2]/c't)




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