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[infowar.de] Chinas Kampf mit der Freiheit im Internet
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Ich wünsche der kompletten Mailingliste schöne Feiertage!!!
Gruss René Denzer
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Chinas Kampf mit der Freiheit im Internet
Wolfgang Pomrehn 22.12.2003
Immer wieder werden Internetnutzer aus politischen Gründen verhaftet
In China wurde Mitte Dezember wieder einmal ein Internetnutzer wegen
politischer Kommentare verhaftet, berichtet das in Hongkong ansässige
Information Centre for Human Rights and Democracy. Kong Youping sei am
13. Dezember in seiner Heimatstadt Anshan in der an Nordkorea
grenzenden Küstenprovinz Liaoning verhaftet worden. Unter anderem soll
der Fabrikarbeiter, über dessen Alter nichts bekannt ist, im Internet
einen Aufruf veröffentlicht haben, in dem die Regierung in Beijing
aufgefordert wurde, die Vorgänge im Frühjahr 1989 neu zu bewerten.
Seinerzeit hatten auf dem Tiananmen (Platz des himmlischen Friedens) im
Zentrum der Hauptstadt tausende Demonstranten über mehrere Wochen die
Demokratisierung der Gesellschaft gefordert. Die Proteste wurden im
Juni 1989 schließlich blutig niedergeschlagen und zum Werk von
"Konterrevolutionären? erklärt.
Über Kongs politische Hintergründe machen die Hongkonger
Menschenrechtler keine weiteren Angaben. Allerdings gehört die Provinz
Liaoning zum so genannten Rostgürtel. Alte Betriebe der Schwerindustrie
bestimmen die Landschaft, die Schwierigkeiten haben, sich in der seit
Beginn der 90er schrittweise eingeführten Marktwirtschaft zu behaupten;
Massenentlassungen, hohe Arbeitslosigkeit und mitunter monatelange
Verzögerung bei der Auszahlung der Löhne prägen das Leben der Arbeiter,
die einst zur wichtigsten Stütze der KP-Herrschaft gehörten. Im
Frühjahr 2002 kam es daher in Anshans Nachbarstadt Liaoyang zu großen
Arbeiterdemonstrationen, deren vermeintliche Organisatoren zu Beginn
dieses Jahres zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.
Kongs Verhaftung ist nur eine von Dutzenden in den letzten zwei Jahren.
Chinas junge Generation drängt mit Kraft ins Netz und macher nutzt das
Internet, um seine politische Meinung zu bilden und zu verbreiten.
Dabei geht es manchmal anders zu, als es den auf Stabilität und
Herrschaftssicherung bedachten Führern in Peking recht ist. Einige Tage
vor Kongs Festnahme in Anshan griffen die staatlichen Verfolger im
etwas nördlicher gelegenen in Jilin zu, wo sie Zhang Shengqi wegen
einiger Online-Artikel verhafteten. In denen soll er für die
nichtanerkannten und daher im Verborgenen operierenden christlichen
Kirchen Partei ergriffen haben (in China sind die meisten Kirchen unter
anderem wegen ihrer Beziehungen ins Ausland verboten).
Die in Paris ansässigen Reporter ohne Grenzen [1] hatte in der
Vergangenheit wiederholt Fälle von Zensur und Verfolgung im
Zusammenhang mit Veröffentlichungen im Internet dokumentiert. Anfang
des Monats berichtete [2] die Organisation, daß Huang Qi, ein
ehemaliger Webmaster, dessen sich die "Reporter ohne Grenzen?
angenommen hatten, in Isolationshaft verlegt wurde, nach dem Abgesandte
der Gruppe versucht hatten, ihn in seinem Gefängnis im
zentralchinesischen Nanchong (Provinz Sichuan) zu besuchen. Huang hat
bereits mehr als drei von den fünf Jahren abgesessen, zu denen er wegen
des "Versuchs des Sturzes der Staatmacht? verurteilt worden war. Sein
Delikt: Er hatte eine Seite [3] eingerichtet, die der Suche nach
Verschwundenen diente. Die Behörden warfen ihm vor, dabei auch Artikel
von im Ausland lebenden Dissidenten über die Vorgänge im Juni 1989 auf
dem Tiananmen veröffentlicht zu haben.
Die Journalistenorganisation berichtet auch von Vorhaben der Pekinger
Regierung, das Internet systematisch zu überwachen. Bereits im Oktober
hatte das Kultusministerium angekündigt, das künftig die Betreiber der
rund 110.000 Internetcafés im Lande verpflichtet würden, Software zu
installieren, die die Surfer überwacht. Außerdem will man
Betreiberlizenzen nur noch an große Ketten vergeben. Weniger als
hundert Unternehmen, so ein hoher Beamter der Internet-Abteilung im
Ministerium, sollen künftig die Cafés unterhalten. Offensichtlich hofft
man, durch die Zentralisierung die Kontrolle zu vereinfachen.
Reporter ohne Grenzen haben angesichts dieser Entwicklung kürzlich
einen offenen Brief an 14 große Soft- und Hardwarekonzerne
geschrieben [4], um sie aufzufordern, an diese Fakten bei ihren
lukrativen Geschäften mit der Volksrepublik zu denken und insbesondere
keine Überwachungssoftware zu liefern. Ob sich allerdings Microsoft und
Co. dadurch beeindrucken lassen, erscheint ungewiss. Zu sehr lockt das
schnelle Geld in der Volksrepublik, wo dieses Jahr noch der
78-Millionste Net Citizen erwartet wird. Vor Jahresfrist waren es 59,1
Millionen. Die Regierung in Peking ist trotz der Zensurmaßnahmen eifrig
bemüht, die Ausbreitung des Netzes zu unterstützen, nicht zuletzt, weil
man es für die Entwicklung einer modernen Marktwirtschaft für
unverzichtbar hält.
Links
[1] http://www.rsf.org
[2] http://www.rsf.org/article.php3?id_article=8740
[3] http://www.tianwang.com
[4] http://www.rsf.org/article.php3?id_article=8668
Telepolis Artikel-URL:
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/16391/1.html
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