[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
[infowar.de] GCHQ oder NSA? The Winner is the Spinner!
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------
Hallo Liste!
Aufgrund der aktuellen Medienberichte um den "UN-Abhörskandal" will ich
die Frage von Andreas Schmidt aus seiner Mail vom 8. Feb. noch mal
aufgreifen, in der er sich auf den Observer-Artikel
"Britain spied on UN allies over war vote" (8.2.04)
http://observer.guardian.co.uk/politics/story/0,6903,1143550,00.html
bezog. Andreas fragte:
"Dass die NSA in NY die Unterstützung des GCHQ braucht, dürfte wohl kaum
fachliche Gründe haben, oder?"
Was, wenn die ganze Sache tatsächlich ein geniales Ablenkungsmanöver
der National Security Agency/NSA war/ist? Denn im aktuellen
Mediendiskurs steht jetzt das General Communications Headquarter/GCHQ
unter Beschuss - und nicht die eigentlich federführende NSA ...
In der FR hieß es gestern z.B.: "Der britische Geheimdienst hat nach
Angaben der Ex-Entwicklungsministerin Short vor dem Irak-Krieg
UN-Generalsekretär Annan abgehört."
http://fr-aktuell.de/fr_home/startseite/?sid=8e3543a1b026cc5179cf6132b1b57eda&cnt=395199
Die New York Times titelt analog "Ex-Aide to Blair Says the British
Spied on Annan"
http://www.nytimes.com/2004/02/27/international/europe/27BRIT.html
Was soll diese Entrüstung? Wir wissen doch schon seit fast genau einem
Jahr, seit dem Observer-Artikel ...
"Secret document details American plan to bug phones and emails of key
Security Council members" (2. März 2003)
http://www.observer.co.uk/international/story/0,6903,905899,00.html
... und dem dort angehängten Original-Memo-Text von
"FRANK KOZA, Def Chief of Staff (Regional Targets)CIV/NSA" (datiert auf
Jan 31 2003)
http://observer.guardian.co.uk/iraq/story/0,12239,905954,00.html,
dass die Aktion damals a) als NSA-Job schon lief, und dass sie b) de
facto keine UN-Institution "(minus US and GBR of course)" aus der
Bespitzelung ausnahm.
Deshalb kann man doch jetzt nicht a) die Frage außer lassen, wer damals,
während der UN-Debatte über einen neuen Irak-Krieg von diesen
Geheimdienst-Informationen profitieren wollte und b) wirklich so empört
darüber sein, dass offenbar auch Kofi Annan, Hans Blix etc. zu den
"Zielpersonen" gehörten!?
Und ging es dabei tatsächlich um zwei verschiedene "bugging operations",
wie es jetzt dargestellt wird: Die eine, die sich - mit Bezug auf das
Koza-Memo als NSA-Kampagne - gegen die den Irak-Krieg ablehnenden
Security Council Members richtete und die von Katherine Gun 'verraten'
worden ist (das impliziert zumindest der von Andreas verschickte
Observer-Artikel vom 8.2.04); und die andere gegen Annan usw. (lt. Clare
Short), die jetzt als rein britische Abhör-Affäre verkauft wird?
Siehe "Did Britain spy on the UN?" (26.2.04)
http://www.bbc.co.uk/radio4/today/reports/politics/clareshort_20040226.shtml
Selbst die NYT schafft es nicht, diese Argumentation schlüssig
darzulegen. Da heißt es zunächst, "In her comments, Ms. Short drew no
connection between the bugging of Mr. Annan's office and the
surveillance that had been undertaken in the Gun case." Anschließend
wird Short im Text aber als diejenige vorgestellt, die das Koza-Memo an
den Observer weitergereicht hat ...
O.k., seit Anfang Februar 2004 wissen wir zumindest, dass das GCHQ der
Einladung der NSA nachgekommen ist und mitgespitzelt hat. Und genau das
ist die Reihenfolge der Verantwortlichkeit: Wann kommt die NSA als
(siehe Koza) Urheberin ins Spiel? Schon vor einem Jahr, mitten im Hype
der Vorkriegszeit, haben die Observer-Meldungen und die strafrechtliche
Relevanz der dort aufgedeckten (US!-)"Operation" gegen die UNO kaum
jemanden interessiert.
Dass Blair sich jetzt weigert, zu den Spionage-Vorwürfen Stellung zu
nehmen, "angeblich aus Rücksichtnahme auf seine Spione", wie es in Peter
Nonnenmachers FR-Kommentar "Blairs Schweigen" (27.2.04)
http://fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/die_seite_3/?cnt=395120
hilflos heißt, liegt vielleicht eher daran, dass der britische Premier
kaum erzählen kann, dass die Mitschriften der persönlichen
Konsultationen Annans längst in Washington vorlagen, bevor Kopien davon
in seinem Kabinett zirkulierten ...
Mal sehen, wer sich in den nächsten Tagen/Wochen "traut", die losen
Fäden zu verknüpfen und eine fundierte journalistische Bearbeitung
dieses Vorgangs abzuliefern. (Für die hiesige Presse ist das Timing ja
nicht so toll: Wer will heute nach den Verantwortung der USA in diesem
Kontext fragen, wenn Schröder und Bush gerade auf einen neuen
Kuschelkurs einschwenken ;-)
Die aktuellen Aussagen & Reaktionen müssen aber in einen Bezug gesetzt
werden zu den Informationen & Bewertungen, die vor einem Jahr schon
vorlagen. M. E. ist die politische Brisanz des jetzigen Abhörskandals,
das (fortwährende) Politikum NSA/Echelon und die Funktion des
"Bauernopfers" GCHQ nur so angemessen zu interpretieren.
Cheerio
Elvi Claßen
-----------
Elvira Claßen / Medienwissenschaftlerin (Dipl.-Soz.wiss.) & Freie
Journalistin (dju)
Kontakt & Infos: info -!
- elvira-classen -
de *** Tel.: 0160/4301902 *
http://www.elvira-classen.de
Forschungsgruppe Informationsgesellschaft und Sicherheitspolitik/FoG:IS
-> http://www.fogis.de
---------------------------------------------------------------
Liste verlassen:
Mail an infowar -
de-request -!
- infopeace -
de mit "unsubscribe" im Text.