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[infowar.de] Bleibt das Echelon-Lauschsystem Deutschland erhalten?
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/ech/17024/1.html
Bleibt das Echelon-Lauschsystem Deutschland erhalten?
Florian Rötzer 22.03.2004
Von der NSA-Abhörstation in Bad Aibling werden Personal und Anlagen
nach Darmstadt verlegt, wo gerade vom US-Militär eine neue
Satellitenabhöranlage errichtet wird
Eigentlich hatte die NSA im Frühjahr 2001 angekündigt, den in
Deutschland befindlichen Lauschposten für das Überwachungssystem
Echelon nach der erhöhten Aufmerksamkeit zu schließen, die durch den
Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments entstanden ist (
Europa-Parlament verabschiedet Echelon-Bericht [1]). Dann kam der
11.9. und die Schließung sowie die geplante Verlegung nach Menwith Hill
wurden erst einmal vertagt ( Lauschposten in Bad Aibling bleibt
bestehen [2]). Letztes Jahr wurde dann trotz der politischen Spannungen
zwischen Deutschland und den USA beschlossen, einen Teil der
Belegschaft in die neue Lauschstation in Griesheim bei Darmstadt zu
verlegen.
Die vom U.S. Army Intelligence and Security Command ( INSCOM [3])
betriebene Lauschstation in Bad Aibling wird nun endgültig im September
2004 geschlossen, aber nur ein Teil des Personals wird nach Menwith
Hill verlegt. Über 150 Mann der noch in Bad Aibling stationierten 66th
Military Intelligence Group sollen [4] bereits ab April nach Darmstadt
kommen, wo auf dem sogenannten "Dagger Complex" eine Radarstation mit
einer Sende- und vier Empfangsanlagen gebaut werden. Die durch eine
Kuppel geschützten Parabolantennen sollen sechzehn Meter hoch sein und
einen Durchmesser von sieben Meter besitzen. Schon zuvor wurden andere
INSCOM-Einheiten von Augsburg nach Darmstadt verlegt. Im Oktober des
letzten Jahres hatte das hessische Regierungspräsidium den Bau der
Anlage mit einer Betriebsgenehmigung bis 2012 genehmigt [5]. Mit den
Bauarbeiten wurde im Dezember 2003 begonnen.
Der Griesheimer Bürgermeister Norbert Leber (SPD) sah sich von der
Entscheidung überrumpelt und legte Widerspruch gegen die Baugenehmigung
ein. Das Gelände selbst gehört allerdings zu Darmstadt. Die Genehmigung
erfolgte, obgleich die Lauschstation auch noch in einem
Naturschutzgebiet und in der Nähe eines Kindergartens errichtet wird.
Der Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium abgelehnt [6]. Die Stadt
überlegte, ob sie nun vor das Verwaltungsgericht ziehen soll, da die
Baugenehmigung nicht mit einem Nachweis möglicher Gefahren durch die
Strahlenbelastung für die Bevölkerung verbunden war, beschloss aber
dann, dies wegen geringer Erfolgsaussichten doch nicht zu machen. Noch
ist die Bürgerinitiative "ICEbox Griesheim" aktiv, auf einer von Kay
Raven betriebenen Webseite [7] über Echelon und andere Lauschsysteme
gibt es detaillierte Informationen über den Hintergrund der
Lauschanlage in Darmstadt und die aktuellen Entwicklungen.
Leber ist der Meinung [8], dass damit Echelon in Deutschland bleibt:
Meine Informationen deuten darauf hin, dass sie zum Spionagesystem
Echelon gehören, mit dem Telefongespräche überwacht werden.
Tatsächlich spricht man beim Militär nicht nur von einer Verlegung von
Personal, sondern auch von "Anlagen" (assets) der 66th Military
Intelligence Group nach Griesheim. Zur Lage wird lediglich gesagt, dass
man dort näher an anderen US-Militäreinrichtungen sei als in Südbayern.
Allerdings wurde von Capt. George Hammar abgestritten [9], dass die
Verlegung etwas mit der Installation der Satellitensysteme im Griesheim
zu tun habe:
Die Radaranlagen haben nichts mit der Gruppe oder mit INSCOM zu tun.
Das ist eine reine Navy-Anlage.
Die U.S. Naval Security Activity [10], das Hauptquartier ist in Fort
Meade, in der Nähe des NSA-Hauptsitzes, betreibt [11] allerdings auch
andere Echelon-Posten.
Die Bundesregierung hatte der NSA-Abhöranlage in Bad Aibling einen
Persilschein [12] ausgestellt, Gerichte hatten Strafanzeigen gegen die
Regierung wegen Tolerierung des Spionagesystems Echelon abgewiesen (
Mehrere Staatsanwaltschaften weisen Echelon-Strafanzeige gegen die
Bundesregierung wegen fehlender Beweise ab [13]). Deutschland und
Großbritannien wurden im Abschlussbericht des
Echelon-Untersuchungsausschusses des europäischen Parlaments
aufgefordert [14]), weitere Überwachungsaktivitäten von ihrem
Territorium durch US-Geheimdienste davon abhängig zu machen, ob sie in
Übereinstimmung mit der europäischen Menschenrechtscharta stattfinden (
Echelon-Ausschuss verabschiedet Empfehlungen [15]). Die Charta
verbietet eine ständige Überwachung der Kommunikation Deutschland und
Vereinigtes Königreich verstoßen mit NSA-Spionageverbindungen gegen
Menschenrechte [16]). Aber das war noch vor dem 11.9., danach ist es um
Echelon ruhig geworden. Immerhin verriet [17] der bayerische
Innenminister Günther Beckstein am 18. Oktober 2001 im Deutschen
Bundestag im Kontext einer Diskussion über die Bekämpfung des
internationalen Terrorismus ein wenig von seinem Wissen:
Hinsichtlich der Echelon-Abhöranlage in Bad Aibling haben wir uns
darauf verständigt, dass wir sie - anders als die Amerikaner - in
Deutschland als eine militärische Einrichtung betrachten, damit eine
Betreuung durch die Bundeswehr möglich ist. Allerdings hat sich das
Bundesverteidigungsministerium dieser Betrachtung bisher nicht
angeschlossen. Die Amerikaner wollen dort mehr als nur einige
Polizeibeamte mit Maschinenpistolen. Sie wollen für die weltweit
wichtigste Abhöreinrichtung angemessenen Schutz. Dafür muss Bundeswehr
her.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/9472/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/9937/1.html
[3] http://www.inscom.army.mil
[4]
http://www.26thasg.heidelberg.army.mil/newspaperweb/Archive/2003/April24
/MainStory1.htm
[5] http://www.echo-online.de/suedhessen/detail.php3?id=209598
[6]
http://www.echo-online.de/3/detail.php3?id=225715&search_text=euler-flug
platz
[7] http://kai.iks-jena.de/miniwahr/darmstadt-griesheim
[8] http://www.echo-online.de/suedhessen/detail.php3?id=209774
[9]
http://www.estripes.com/article.asp?section=104&article=17316&archive=tr
ue
[10] http://www.nsgafm.navy.mil/
[11] http://www.wired.com/news/print/0,1294,33891,00.html
[12] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/6748/1.html
[13] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/7765/1.html
[14] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/7813/1.html
[15] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/9014/1.html
[16] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/7754/1.html
[17] http://dip.bundestag.de/btp/14/14195.pdf
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