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[infowar.de] America's Army II: Überraschungsmomente im Imperium der Angst
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/game/17448/1.html
Überraschungsmomente im Imperium der Angst
Krystian Woznicki 18.05.2004
Immer selbstherrlicher spielen Sicherheitskräfte und Militärs mit der
Öffentlichkeit
Nach dem Erfolg von America's Army [1] wurde jetzt die Fortsetzung
lanciert. Das US-Militär stößt damit nicht nur in neue Dimensionen der
Spielindustrie vor, sondern setzt auch in Sachen Marketing neue
Standards. An Konturen gewinnt damit jedoch auch ein jüngerer Trend:
Immer öfter spielen Sicherheitskräfte und Militärs mit den
Angstreservaten der Öffentlichkeit.
Die Armee präsentiert sich auf der diesjährigen Electronic
Entertainment Exposition
Plötzlich waren Helikopter am Himmel von Tokio zu sehen. Sie
verursachten einen ohrenbetäubenden Lärm und sorgten mit ihren
spektakulären Formationen für Aufsehen. Schauflüge standen hier jedoch
nicht auf dem Programm, das wurde bald deutlich, sondern die Simulation
eines Sondereinsatzes. Auch eine 1.000 Mann starke Truppe der
Bereitschaftspolizei, über deren Köpfe die Helikopter hin und her
flogen, probte den Ausnahmezustand. In feinabgestimmten Drills führten
sie im Yokohama International Stadium kunstvoll ihre Maßnahmen zur
Aufstandsbekämpfung vor, bei denen Szenarios so unterschiedlich wie
Bombendrohungen und Menschenraub bedacht waren. In erster Linie
fokussierten sie jedoch eine im Vergleich dazu banale Gefahr:
Hooligans, die in Japan als neuer, schwer einzuschätzender Risikofaktor
gelten.
Die Übung der japanischen Bereitschaftspolizei sollte im Vorfeld der
Fußball-WM 2002 ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Eine Botschaft,
die brav am nächsten Tag in Japan in den Massenmedien kursierte. Wenn
man den Berichten traut, waren auch Passanten davon mehr als
beeindruckt. Im Glauben, hier werde ein akuter Notstand bekämpft,
flüchteten sie sich vor lauter Schreck in ihre Wohnungen: Hatte die Aum
Sekte etwa wieder zugeschlagen und einen Giftgasanschlag auf das
Yokohama International Stadium verübt? Kein Wunder, dass es solche
Reaktionen gab: Die bislang größte Übung der Bereitschaftspolizei vor
der WM fand ohne jegliche Vorwarnung tagsüber in der Öffentlichkeit
statt.
Vergleichbares trug sich im Rahmen der "Electronic Entertainment
Exposition 2002" zu. US-Truppen liefen auf dem Messegelände in Los
Angeles auf, um das Computerspiel "America's Army" zu bewerben, das von
der US-Armee als Rekrutierungswerkzeug unter die Jugendlichen gebracht
werden sollte. Die Militärs waren bis an die Zähne mit der modernsten
High-Tech-Gear ausgestattet und hielten auch nachts vor dem Eingang
Wache, wo ein Panzer in Position gebracht worden war. Als wollten sie
die Züchtung aus den eigenen Reihen keinen Moment lang aus den Augen
lassen, etwa, damit sie nicht in falsche Hände gerate, kommunizierte
ihre Präsenz nicht zuletzt dies: Die "Electronic Entertainment
Exposition 2002" unterstand ihrer symbolischen Kontrolle.
Zwei Jahre später wiederholt sich das Spektakel. Mit "America's Army:
Overmatch" ist eine Fortsetzung des Erfolgsspiels entwickelt worden -
freilich sollte es gebührend vorgestellt werden. Wieder präsentiert
sich die US-Armee auf der Electronic Entertainment Exposition [2].
Wieder hat sie sich ein Schauspiel ausgedacht, um ihre Marke zu
kommunizieren: Gut 45 Minuten war eine Straße in Downtown L. A. der
Schauplatz eines Spektakels, dessen Dramaturgie einem Ego-Shooter
glich. Echte Helikopter, Maschinenpistolen und Soldaten mit
Kriegsbemalung sind dieses Mal zum Einsatz gekommen. Sie hangelten sie
an Fassaden von Hochhäusern entlang und gingen auf Dächern in Deckung.
Simuliert wurde mit diesen Mitteln das Storyboard von "Overmatch", ein
militärischer Ausdruck, der benutzt wird, um Kampfszenarien zu
umschreiben, bei denen Technologie, "Intelligence" sowie andere
futuristische Gimmicks eingebracht werden, damit sich ein kleineres
Team gegen einen größeren Gegner erfolgreich behauptet. Ein Szenario,
dass an jüngere Einsätze des US-Miltärs in urbanem Terrain erinnert.
Wohl nicht zufällig beschrieb [3] Wired News das Spektakel mit einem
Vergleich zum Somalia-Einsatz:
In Hollywood terms, the effect was Black Hawk Down, directed by
Fellini.
Doch was in der Vorstellung blüht und immer wieder auf Bildschirmen
flackert, bereitet noch lange nicht auf eine Begegnung in Realität vor.
Passanten, die diese Straße zufällig durchquerten, reagierten
jedenfalls alles andere als gefasst. Augenzeugenberichte sprechen von
Schockmomenten, offenen Mündern und fassungslosen Gesichtern. Lediglich
ein arabischer Passant, der in den Medien zitiert wurde, schien eine
distanzierte Perspektive zu gefunden zu haben. Sein trockener
Kommentar: "It's all brainwashing."
Links
[1] http://americasarmy.com
[2] http://www.e3expo.com/e3expo
[3]
http://www.wired.com/news/games/0,2101,63469-2,00.html?tw=wn_story_page_
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