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[infowar.de] Mikrowellenwaffe fuer den Irak
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Mikrowellenwaffe für den Irak
Florian Rötzer 24.09.2004
Der nun zum Krieg auswachsende Konflikt im Irak wird vom Pentagon auch
zum Testfeld neuer Waffensysteme benutzt, auch von nichttödlichen
Waffen für den Stadtkampf
Der Einmarsch in den Irak und die Besetzung des Landes erfolgte schnell
und relativ problemlos. Die zuvor gefürchteten Stadtkämpfe blieben aus,
die Streitkräfte des Husein-Regimes zogen es meist vor, sich
aufzulösen. Doch der Sieg im Blitzkrieg löste die Hoffnung des
US-Präsidenten Bush nicht ein, der bereits im Mai des letzten Jahres
"Mission Accomplished" verkündete. Nun müssen die Koalitionstruppen mit
dem von der Bush-Regierung nicht vorausgesehenen asymmetrischen
Konflikten in Form von Terroranschlägen, einer Vielzahl von
Guerilla-Gruppen und Kämpfen in Städten zurecht kommen. Zur Herstellung
der Sicherheit sind, wie sich gezeigt hat, die traditionellen
militärischen Vorgehensweisen und überlegene militärische Waffensysteme
nicht geeignet. Daher versucht man im Pentagon, neue Strategien und
Waffen zu finden, um die Aufständischen bekämpfen und Zivilisten dabei
schonen zu können.
Vizeadmiral Arthur K. Cebrowski, der das Office of Force
Transformation [1] des Pentagon leitet, sprach [2] kürzlich auf einer
Konferenz davon, dass in den gegenwärtigen und künftigen Kriegen mit
ihren unzusammenhängenden Kampfgebieten die Gewinnung der "social
intelligence" wichtiger als die "military intelligence" ist. Noch immer
agieren die Truppen in Afghanistan und im Irak meist isoliert, haben
wenig Kenntnis von den Aufständischen und Terroristen, ergreifen oft
die Falschen, weil sie irreführende Tipps erhalten, und haben es so
auch durch Folter und Misshandlungen nicht erreicht, Zugang zu
Informationen zu erhalten. Man müsse, so Cebrowski, eine
"Umarmungsstrategie" entwickeln und mit den Feinden in Verbindung
stehen, um die Informationen der "social intelligence" zu erhalten.
Eine konkretere Neurorientierung ist die Schaffung von kleineren
Einheiten, die mit Kommunikationsmitteln und einer Mischung aus
"tödlichen und nichttödlichen, aktiven und passiven Waffen" ausgerüstet
werden sollen. Es geht dabei eher um Polizei-, als um Militäreinsätze.
So wird etwa, wie Cebrowski sagt, nächstes Jahr das "Project Sheriff"
im Irak gestartet, das mit Fahrzeugen für den Einsatz in Städten
experimentiert. Wichtig aber sei auch, neben der Ausstattung mit neuen
Waffen Informationen, die immer schneller und in riesigen Mengen
gesammelt werden, automatisch zu verarbeiten und zu analysieren.
Über die normalen nichttödlichen Waffen wie Tränengas, Pfefferspray,
Gummigeschosse, Blend- und Knallgranaten, Elektroschockwaffen wie Taser
verfügt das Militär natürlich schon länger. Seit den 90er Jahren gibt
es auch das Joint Non-Lethal Weapons Directorate [3], das für die
Entwicklung neuer Waffensysteme zuständig ist. Betrachtet man das
Gesamtbudget des Pentagon, so legen die 44 Millionen US-Dollar, die das
JNLWD 2004 erhalten hat, Zeugnis dafür ab, dass die Entwicklung von
nichttödlichen Waffen nicht gerade als wichtig erachtet wird - oder
wurde. Auch bis 2009 soll bislang das Budget nur leicht auf 60
Millionen wachsen. Man setzt, wie auch gegenwärtig im Irak zu sehen,
lieber weiterhin auf überwältigende tödliche und zerstörerische Gewalt.
So soll das auf einem Fahrzeug angebrachte "Activ Denial System"
aussehen.
In Vorbereitung ist ein ganzes Arsenal an mehr oder weniger exotischen
Systemen von Mikrowellen- und anderen Hochenergiewaffen wie
"Abstandswaffen" mit Plasma- oder Ultraviolettstrahlen ( "Blitzkrieg"
mit elektrischen Massenbetäubungswaffen [4]) über Laserwaffen und
akustische Waffen bis hin zu biologischen und chemischen Waffen.
Beispielsweise werden auch Stinkbomben entwickelt ( Stinkbomben als
Waffe [5]).
Im unübersichtlichen Gebiet des urbanen Kriegs, in dem sich die Gegner
unter Zivilisten mischen und schnell untertauchen können, versprechen
nichttödliche Waffen eine sichere Kontrolle von Menschenmengen und eine
Minimierung der Opfer unter den Zivilisten. "Kollateralschäden", wie
sie im Stadtkampf - siehe Irak - kaum zu vermeiden sind, wenn schwere
Waffen eingesetzt werden oder wild um sich geschossen wird, schüren den
Widerstand. Ein militärischer "Sieg" kann sich daher schnell rächen.
Daher die Hoffnung auf die Wunderwaffen, die den Krieg sicher machen
sollen, weil sie die eigenen Kämpfer schützen und den Gegner nur
vorübergehend lahm setzen oder ihn vertreiben sollen.
Allerdings darf angenommen werden, dass angebliche nichttödliche Waffen
dafür um so schneller und um so häufiger eingesetzt werden, weil ja
nicht viel passieren kann. "Weiche" Waffen dürften Sicherheitskräfte
und Soldaten auch nur gegenüber unbewaffneten Menschen oder Zivilisten
einsetzen, was auch nicht unbedingt konfliktmindernde Wirkungen haben
könnte, wenn sie nun häufiger angegriffen werden, auch wenn nur
Schmerzen, aber keine Verletzungen die Folgen sind. Zudem können
nichttödliche Waffen nicht nur zur Abwehr von Gegnern oder zum
Aufhalten bzw. Zerstreuen von Menschenmengen eingesetzt werden, sondern
auch zur Folter, wie dies beispielsweise mit Elektroschockgeraten
geschieht. Und natürlich können Waffen auch von Feinden oder
Kriminellen für ihre Zwecke eingesetzt werden.
Auch nichttödliche Waffen sind keine Wundermittel
Im Irak wird beispielsweise der M26 Taser und neuerdings auch XM26E
Taser eingesetzt [6], die beide durch Schock und durch Einwirkung des
Stromschlags mit 26 Watt auf die Muskeln einen Menschen kurzzeitig
bewegungsunfähig machen. Allerdings wirkt der Taser nur bis zu einer
Entfernung von sieben Metern, kann aber auch mit einer Videokamera
verbunden und automatisch oder aus der Ferne ausgelöst werden. Überdies
wird im Irak noch der X-Rail Taser verwendet, der leichter und kleiner
und am Gewehr angebracht ist, so dass die Wahl besteht, ob scharf oder
weich geschossen wird und die Waffe nicht gewechselt werden muss.
Im Rahmen von "Project Sheriff" werden einige Militärfahrzeuge mit
einer Strahlenwaffe ausgestattet, die eigentlich erst 2009
einsatzbereit sein sollte. Die Probleme im Irak haben anscheinend die
Realisierung beschleunigt, zudem dient der Irak seit Beginn des Krieges
auch als Testfeld für neue Waffensysteme - auch wenn der Einsatz nur in
PsyOp-Strategien angedroht wird ( Schon wieder eine neue
"Wunderwaffe" [7]). Die Rede war bereits zu Beginn dieses Jahres davon,
dass neben der Lärmwaffe Long Range Acoustic Device (LRAD) auch das
Active Denial System (ADS) im Irak zum Einsatz kommen soll ( Testfeld
für neue nichttödliche Abstandswaffen [8]). Vor kurzem erläuterte [9]
die Zeitschrift Stars and Stripes die Absichten des Office of Force
Transformation näher. Danach sollen, wenn denn die US-Truppen dann noch
immer im Irak stationiert sein werden, vier bis sechs mit dem ADS
ausgerüstete Fahrzeuge im Irak für Patrouillen, Checkpoints oder Abwehr
bzw, Auflösung von Menschenmengen eingesetzt werden.
Das für den Irak bestimmte "Vehicle Mounted Active Denial System", das
bereits seit über 10 Jahren entwickelt wird, setzt elektromagnetische
Energie in Form von Wellen in der Länge von einem Millimeter ein, um
Feinde bereits in einer Entfernung zu stoppen, aus der sie mit
Handfeuerwaffen noch nicht gefährlich werden können. Abgefeuert wird
ein konzentrierter Energiestrahl mit einer Frequenz von 95Ghz, der
angeblich nur ein 1/64 Inch (ungefähr 0,4 Millimeter) in die Haut
eindringen soll. Nachdem der Strahl ein paar Sekunden auf einen
Menschen gerichtet ist, erhitzt sich innerhalb von Sekunden die
Hautoberfläche auf 50 Grad Celsius, so dass die Schmerzen unerträglich
werden.
Der Schmerz, den der Energiestrahl bewirkt, sei vergleichbar mit dem
Schmerz, der entsteht, wenn man kurz eine heiße Glühbirne anlangt,
beruhigt George Fenton, der Direktor des Joint Non-Lethal Weapons
Program. Und ähnlich wie der Schmerz dazu führt, dass man seine Finger
von der Glühbirne wegnimmt, um Verbrennungen zu vermeiden, würden die
vom Energiestrahl Angezielten möglichst schnell aus der Schusslinie
gehen. Tests an Menschen und Tieren sind bereits vorgenommen worden (
The Pentagons's People Zapper [10]). Angeblich würden keine Schäden
entstehen, weil die Strahlen dafür nicht weit genug in die Haut
eindringen.
Ob die Waffe aber tatsächlich so ungefährlich ist, wie das Pentagon
behauptet, wird sich herausstellen müssen. Fraglich ist auch, ob ADS
tatsächlich zur Auflösung von Menschenmengen geeignet ist, da jeweils
nur eine Person angezielt werden kann. Überdies könnten Aufständische,
Demonstranten oder unerwünschte Zivilisten sich auch gegen die
Strahlenwaffe wappnen, indem sie sich dick anziehen oder reflektierende
Gegenstände mit sich führen. Sollte der Strahl in das ungeschützte Auge
gehen, so sind vermutlich Schädigungen zu erwarten. Und wenn sich die
anvisierte Person nicht aus dem Strahl wegbewegen kann oder weiterhin
angezielt wird, würden wahrscheinlich, wie Kritiker sagen, doch auch
Verbrennungen verursacht werden können. Beim Air Force Lab, das ADS
gestestet hat, spricht man davon, dass keine Testperson den Schmerz
durch die Strahlen länger als drei Sekunden ausgehalten habe. Um
Verbrennungen zu verursachen, müsste die Person angeblich mehrere
Minuten den Mikrowellen ausgesetzt sein.
Links
[1] http://www.oft.osd.mil/
[2] http://www.gcn.com/vol1_no1/defense-technology/26832-1.html
[3] http://www.jnlwd.usmc.mil/default.asp
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/17692/1.html
[5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9011/1.html
[6] http://www.nationaldefensemagazine.org/article.cfm?Id=1614
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14008/1.html
[8] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/16883/1.html
[9]
http://www.estripes.com/article.asp?section=104&article=23525&archive=tr
ue
[10] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9930/1.html
Telepolis Artikel-URL:
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/18398/1.html
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