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[infowar.de] TP-Interview mit iranischer Hackergruppe, die die Guantanamo-Site defaced hat
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- Date: Thu, 04 Aug 2005 17:34:29 +0200
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http://www.telepolis.de/r4/artikel/20/20654/1.html
"Unsere Motivation ist politisch"
Harald Neuber 03.08.2005
Eine iranische Hackergruppe erklärt, warum sie die Internetseite des
US-Stützpunktes Guantánamo überschrieben hat
Guantánamo steht als Synonym für die Auswüchse des "Krieges gegen den
Terrorismus". Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die Internetseite
(1) der US-Marinebasis auch ins Visier von Hackern gerät. Anfang
vergangener Woche wurde die Seite kurz nacheinander gleich von zwei
international bekannten Hackergruppen angegriffen.
Zunächst gelang es dem mexikanisch-argentinischen Team "Xtech Inc Group",
auf der Guantánamo-Seite ein defacement zu hinterlassen. Wenig später
stand eine politische Botschaft (2) an der Stelle. Es seien Muslime, die
dem Terror den höchsten Blutzoll entrichteten, beklagte die Gruppe "Iran
Hackers Sabotage" (IHS): "Seht ihr nicht, was Muslimen in den letzten 50
Jahren in Israel passiert ist? Sehr ihr nicht, wie viele Opfer die Muslime
jeden Tag im Irak haben?"
IHS distanzierte sich aber auch vom Terror von London und anderen
Terroranschlägen. In dem Gefangenenlager auf Guantánamo könne man die
Einstellung der Amerikaner gegenüber den Muslimen sehen, so die Anklage
der Gruppe. Nach Angaben des Pentagon sind auf dem Marinestützpunkt
derzeit rund 510 mutmaßliche Terroristen inhaftiert. Viele werden dort
unter Protest aus aller Welt bereits seit mehr als drei Jahren ohne
Anklage festgehalten. Derzeit befinden sich 52 Gefangene im Hungerstreik
und wollen damit gegen ihre "unmenschlichen Haftbedingungen" protestieren.
Inzwischen sind beide defacements von der Seite verschwunden. "Wir sind
derzeit offline", heißt es stattdessen. Telepolis sprach mit Majid,
Mitglied der IHS.
Warum haben Sie die Seite des US-Marinestützpunktes Guantánamo auf Kuba
angegriffen?
Majid:
Wir wollten ein politisches Zeichen setzen. Denn es ist doch so: Wenn
heute irgendetwas Schlimmes geschieht, vor allem Terrorangriffe, dann
werden reflexartig wir Muslime dafür verantwortlich gemacht. Das ist aber
ein Trugschluss. Wenn wir uns die politische Situation in Palästina oder
die Lage der Gefangenen in Guantánamo ansehen, dann wird deutlich, dass
Muslime die Hauptopfer von Grausamkeit und Terror weltweit sind.
Das Hackerportal Zone-H stuft (3) Ihre Gruppe Iran Hackers Sabotage (4)
mit 181 defacements derzeit weltweit auf Platz 28 ein. Trotzdem seien nur
zehn dieser Aktionen politisch motiviert gewesen ...
Majid:
Keine Ahnung, wie die darauf kommen. Unsere Hauptmotivation ist politisch.
Inwiefern?
Majid:
Wir wollen deutlich machen, dass von dem Islam keine Gefahr ausgeht. Der
Islam lehnt Krieg und Gewalt als offensives Mittel grundsätzlich ab. Aber
wir haben auch konkretere Anliegen. So treten wir etwa für das Recht Irans
ein, nukleare Energie für friedliche Zwecke zu nutzen.
Geben Sie uns einen Überblick über die Geschichte der "Iran Hackers Sabotage"?
Majid:
Als Team gibt es uns seit Mitte 2004. IHS besteht im Wesentlichen aus
drei Personen. Wie gesagt, unser Hauptanliegen ist politisch. Wir
versuchen, Muslimen und Iranern weltweit politisch beizustehen. So haben
wir über 200 Seiten, meist Regierungsseiten, gehackt, um gegen den Krieg
der USA für Öl zu protestieren - den Irak-Krieg. Wir wenden uns auch gegen
die andauernden Morde, die von Zionisten in Palästina begangen werden.
Im Herbst 2000 gab es Ansätze einer elektronischen Intifada (5).
Inzwischen ist davon nur noch wenig zu sehen. Ist dieser Ansatz der
politischen Auseinandersetzung im Internet gescheitert?
Majid:
Sie sprechen von Dschihad. Dafür möchte ich das Konzept dahinter kurz
erläutern. Dschihad bedeutet nichts als die Verpflichtung, mit gerechten
Mitteln gegen Unterdrückung zu kämpfen. Aber es ist doch klar, dass wir
durch unsere Aktionen im Internet die Menschen weder in Irak noch in
Palästina davor bewahren können, getötet zu werden. Uns bleibt nur übrig,
unsere technischen Fähigkeiten zu nutzen, um der Welt von unseren
Computern aus mitzuteilen, welches Unrecht den Menschen in diesen Ländern
zustößt.
Unsere Botschaft ist simpel: Diejenigen, die angeblich Menschenrechte
bewahren wollen, gehören zu ihren größten Feinden, vor allem US-Präsident
George W. Bush. Und diejenigen, die vorgeben, gegen Terrorismus zu
kämpfen, wenden ihn selber im großen Maßstab an. Wir halten die Anschläge
vom 11. September 2001, die Kriege in Afghanistan und Irak sowie die
jüngsten Terroranschläge in London für den Teil eines Masterplans, um die
globalen Machtverhältnisse dauerhaft zu ändern. Dieser Kampf nimmt vor
allem von Seiten der USA zunehmend die Form eines Kreuzzuges an.
Kommen Sie aus Iran?
Majid:
Ja, und wir sind stolz darauf. Das ganze IHS-Team lebt und arbeitet in Iran.
Die Guantánamo-Seite wurde zunächst von der Hackergruppe "Xtech Inc Group"
geknackt, erst danach gelang es Ihnen nachzuziehen. Im Unterschied zur
ersten Attacke haben Sie eine politische Botschaft hinterlassen. Wie
verbreitet ist eine solche politische Motivation in der Hackerszene noch?
Majid:
Ich glaube nicht, dass es auf der internationalen Ebene noch viele
Hacker gibt, die aus politischen Gründen defacen. Es gibt aber einen
gemeinsamen Nenner auf einer niedrigeren politischen Ebene: Wir alle
wenden uns gegen die zunehmende Kontrolle des Internet. Ich denke schon,
dass die Anzahl derer zunimmt, die sich für die Freiheit im Internet
einsetzen.
LINKS
(1) http://www.nsgtmo.navy.mil
(2) http://www.telepolis.de/r4/artikel/20/20591/1.html
(3) http://www.zone-h.org/en/hallofshame/special
(4) http://www.ihsteam.com/
(5) http://www.telepolis.de/r4/artikel/12/12363/1.html
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