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[infowar.de] "mehr Ueberwachung!" - TELEPOLIS: Enfopol gedeiht
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/enfo/7968/1.html
Enfopol gedeiht
Florian Rötzer 26.06.2001
In einem neuen Papier fordern die europäischen Strafverfolger, dass
sie unabhängig von der jeweiligen Technik jede denkbare Art der
Telekommunikation in Echtzeit belauschen können
Einer Veröffentlichung zugänglich gemacht wurde über Cryptome am
Wochenende das neueste Papier der EU Arbeitsgruppe Polizeiliche
Zusammenarbeit, das bereits als Entschließung des Europäischen Rats
formuliert ist. Thema des Dokuments [0] mit der Bezeichnung ENFOPOL 55
vom 20. Juni 2001 sind Richtlinien für die Überwachung der öffentlichen
Telekommunikationsnetzwerke und - dienste.
Seit Jahren werden von den europäischen Strafverfolgungsbehörden im
Rahmen von Enfopol technische Leitlinien für
Telekommunikations-Abhörmaßnahmen in Form der International User
Requirements (IUR) propagiert. Telepolis hatte 1998 die ersten Papiere
der Arbeitsgruppe veröffentlicht. Wegen der damals entstandenen
öffentlichen Kritik wurden die Enfopol-Pläne erst einmal auf Eis gelegt
und schließlich reduziert in das Europäische Rechtshilfeabkommen
eingebaut ( Enfopol-Pläne in Europäisches Rechtshilfeabkommen
integriert [1]).
Für erneutes Aufsehen hatten kürzlich die von Statewatch vor den
britischen Wahlen veröffentlichten neuen Papiere der Arbeitsgruppe
gesorgt, die fordert, dass jede Kommunikation vom Telefon- oder
Handygespräch bis hin zu Emails und allen Internetdaten mindestens
sieben Jahre lange gespeichert werden soll ( Europäische Strafverfolger
fordern die totale Telekommunikations-Überwachung [2]). Provider,
Lobbyvereine und Datenschützer haben diese Pläne scharf kritisiert (
Widerstand gegen die neuen Enfopol-Überwachungspläne [3]).
Zu Beginn des neuen Dokuments mit der Bezeichnung Enfopol 55 wird zwar
bekräftigt, dass bei der Einführung von Überwachungsmöglichkeiten das
Recht des Einzelnen auf die Wahrung seiner Privatsphäre zu beachten
sei, aber dann geht es nur noch darum, dass die Strafverfolger
ungehinderten Zugriff auf "alle Arten der Telekommunikation" haben
müssen, von ISDN über GPRS, UMTS, TETRA bis hin zu Email- oder
Message-Diensten. Sinn des Entschlusses ist es offenbar, die
Richtlinien so zu formulieren, dass die Anforderungen der
Überwachungsmöglichkeiten unabhängig vom jeweiligen Stand der Technik
formuliert werden, um nicht gleich wieder zu veralten.
So würden die Strafverfolgungsbehörden Zugang zu jeder
Telekommunikation und zu allen damit zusammenhängenden Anrufdaten
( Call) benötigen, wozu die technischen Identifikationsmöglichkeiten
gehören, aber auch Wohnort oder Adresse des Arbeitsplatzes oder
Kreditkartendaten. Im Fall von Internetkommunikation müssen so zur
Identifizierung beispielsweise IP-Adresse, Account-Nummer, Passwort,
PIN-Nummer und Emailadresse den Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt
werden. Die Strafverfolgungsbehörden brauchen auch dann den Zugang zur
Telekommunikation, "wenn der Abgehörte zeitweise ein Netzwerk oder eine
Telekommunikationseinrichtung benutzt". Das betrifft beispielsweise die
Verwendung von Telefonkarten oder den Fernzugriff durch einen anderen
Internetprovider.
Ganz entscheidend ist, dass die Strafverfolger Informationen "über den
genauesten geographischen Ort" verlangen, die ein Netzwerk von einem
Mobilteilnehmer besitzt. Das würde nicht nur geographische, sondern
auch materielle und logische Informationen betreffen, wozu auch
Einwählnetze für Internetprovider oder Rerouting gehören. Diese
Informationen hätten die Strafverfolger gerne in einer "leicht
verständlichen" Version.
Erforderlich sei natürlich die Möglichkeit zur ganztägigen
Echtzeit-Überwachung, auch die mit einem Call verbundenen Daten sollten
in Echtzeit den Strafverfolgern vorliegen. Dazu müssen die
Netzbetreiber oder Internetprovider eine oder mehrere Schnittstellen
einrichten, um die abgehörte Telekommunikation den Strafverfolgern
zuzuleiten. Die Daten müssen in einem "allgemein erhältlichen Format"
übermittelt werden, das einzeln festgelegt werden soll.
Sichergestellt werden müsse auch, dass die Belauschten nicht merken,
dass sie abgehört werden. Keine Veränderung dürfe für sie bemerkbar
sein. Die Netzbetreiber und Internetprovider sollen auch nicht
mitteilen dürfen, ob, wie und wie oft bei ihnen abgehört wurde. Und
wenn diese Telekommunikation komprimieren oder verschlüsseln, dann
wollen die Strafverfolger einen Zugriff auf die unverschlüsselte
Kommunikation.
Abgesehen vom ersten Satz, dass der Datenschutz beachtet werden müsse,
spielt das Prinzip der Sparsamkeit bei der Erhebung ansonsten keine
Rolle, die ja auch technisch berücksichtigt werden könnte. Wie immer -
und offenbar ungetrübt durch Kritik - werden Maximalforderungen
formuliert.
Links
[0] http://cryptome.org/eu-intercept.htm
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/6515/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/7684/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/7709/1.html
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