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[infowar.de] TELEPOLIS: Cruise Missiles auf Internetprovider
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Cruise Missiles auf Internetprovider
Florian Rötzer 17.09.2001
Der britische Militärhistoriker fordert, dass die USA Verschlüsselung
verbieten und dann militärisch gegen widerspenstige ausländische
Provider vorgehen soll
Nach den Anschlägen vermehren sich auch in den Medien die Experten,
die wissen, wie man eigentlich auf die Anschläge reagieren müsste und
wie man gegen den Terrorismus vorzugehen habe. Vom Umbau der
Sicherheitspolitik bis zur Ausweitung der Überwachung oder der
Schließung der Grenzen wird vieles von Politikern oder anderen Experten
den Menschen vorzelebriert. Die Fantasien sprudeln unterbrechungslos,
in der Medien- oder Wissensgesellschaft ist Ratlosigkeit, die zu
überlegten Handlungen führt, nicht gefragt. Heute hat ein "Experte"
einen erfrischend neuen Gedanken unter vielen anderen Überlegungen zur
Bekämpfung des Bösen vorgelegt: Bombardierung der Internetprovider, die
verschlüsselte Kommunikation zulassen.
John Keegan ist freilich nicht irgendwer. Er gilt als einer der
führenden Militärhistoriker Großbritanniens und hat zahlreiche Bücher
zum Thema geschrieben. Er hat Militärgeschichte an der britischen
Militärakademie in Sandhurst unterrichtet und ist Redakteur der
konservativen britischen Tageszeitung "Daily Telegraph", zuständig für
Verteidigungsfragen. Unumstritten war Keegan nie, der sich für das
Militär begeistert und eine Welt ohne die "Kultur des Krieges" nicht
für möglich hält. Für ihn ist der Krieg in Anspielung auf den berühmten
Satz von Clausewitz "die Fortführung der Kultur mit ihren eigenen
Mitteln". Den Atombombeneinsatz der Amerikaner auf Nagasaki und
Hiroshima wird von Keegan übrigens als notwendig erachtet.
Natürlich begrüßt Keegan in seinem Kommentar [0] in der heutigen
Ausgabe des Daily Telegraph jetzt die erneute Ausrufung der
Kriegskultur oder des Kulturkrieges, nachdem die NATO-Mitglieder für
den Kampf gegen den Terrorismus zum Beistand verpflichtet haben ( Kampf
um Freiheit [1]). Nachdem er festgestellt hast, dass von den
NATO-Partnern vermutlich nur Großbritannien "Substantielles" zum
Militärschlag beisteuern könnte, zumal die Spezialeinheiten der USA ihr
Vorbild in den britischen haben und in drei Kriegen Großbritannien
immerhin 1878 einmal die Afghanen besiegt hatte, kommt er am Schluss
auf Entwicklungen zu sprechen, die ihm offenbar gefallen.
Man könne bereits eine Tendenz beobachten, dass die Befürworter der
Menschenrechte von der Bühne des öffentlichen Lebens zurücktreten:
"Amerika wird Kriegsstimmung nichts mit einer übergroßen Beachtung des
verfassungsgemäßen Schutzes der Freiheit seiner Feinde zu tun haben
wollen." Die Amerikaner werden überdies auch lernen müssen, dass
Eingriffe in ihren "direkten elektronischen Zugang zu Freunden und
Diensten" stattfinden werden.
Keegan verrät den Lesern zwar nicht, woher er das weiß, aber er ist
sich sicher, dass der Anschlag auf das World Trade Center über das
Internet koordiniert wurde, weswegen die Konsequenz sein muss:
"Wenn Washington ernsthaft willens ist, den Terrorismus zu vernichten,
dann wird es Internetprovidern verbieten müssen, die Übertragung von
verschlüsselten Botschaften zu erlauben, die jetzt mit öffentlichen
Schlüsseln kodiert werden, die selbst von den Computer der National
Security Agency nicht geknackt werden können, und es wird jeden
Provider aus dem Verkehr ziehen müssen, der hier nicht mitmacht. Sich
verweigernde Provider im Ausland werden davon ausgehen müssen, dass
ihre Gebäude durch Cruise Missiles zerstört werden. Wenn das Internet
einmal an der Ermordung von Amerikanern beteiligt ist, dann werden
seine besten Tage vermutlich vorbei sein."
Links
[0]
http://www.dailytelegraph.co.uk/dt?ac=006026230637643&rtmo=k7CAx7ep&atmo
=rrrrrrrq&pg=/01/9/14/do01.html
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9569/1.html
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/glosse/9573/1.html
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