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[infowar.de] Handelsblatt über Cyberwar: "Bundeswehr beteiligt sich nicht an offensiven Plänen"



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Hallo,

und noch einer aus der aktuellen HB-Ausgabe. Interessant ist zweifellos
die Aussage von Bernd Glowacki, Referatsleiter Konzept und Planung des
IT-Stabes, dass die Bundeswehr nicht für eigene Cyberattacken plant. Als
ich vor knapp zweieinhalb Jahren mit Glowacki für meinen Artikel über
Bundeswehr und IW sprach, sagte er noch - vorsichtig und indirekt - ,
dass man solche Massnahmen in Erwägung zieht, vgl.
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/8326/1.html.
Georg Schöfbänker hat diese These ja kürzlich sogar noch stärker
gemacht: (http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/9380/1.html)

Was bedeutet nun die aktuelle Aussage von Glowacki? Ist das der letzte
Stand, ist damit auch eine Grundsatzentscheidung gefallen? Dazu würde
ich gerne mal die Meinung der Insider hier aus der Liste hören.

Grüße, Ralf


Handelsblatt, 1.10.2001

CYBERWAR & MILITÄR

   "Wer mit zehn Panzerdivisionen keine Chance hat, hat sie
   womöglich mit zehn Hackern."

   Cyber-Techniken als Mittel des Terrors sind nur eine Seite der
   Medaille. Denn sie stehen auch auf der Agenda von Nato,
   Bundeswehr und US- Armee. Gemäß des Nato-Dokumentes MC
   348 umfasst ?Information Warfare? auch die Zerstörung von
   Informationssystemen, die Blockade von Informationen und die
   elektronische Kriegsführung selbst. ?Streitkräfte, die sich auf
   dem Niveau des Industriezeitalters befinden, können die äußere
   Sicherheit eines Staates im Informationszeitalter nicht
   gewährleisten?, meint Generalleutnant Walter Jertz. ?Der
   ,Cyberwar? löst die bestehenden Schlachtfelder ab.? 

   Ähnlich sieht es die Bevölkerung, wie eine Umfrage des
   Online-Marktforschers Speedfacts unter 2 000 Surfern für
   Handelsblatt Netzwert belegt: 43 % glauben demnach, dass
   digitale Techniken in 10 Jahren zum gewöhnlichen Arsenal
   moderner Armeen zählen, lediglich 21 % lehnten diese These
   ab. Ferner fühlten sich 47 % der Befragten durch den möglichen
   Terror per Internet bedroht ? und das bereits Anfang September,
   also noch vor den aktuellen Terrorttacken in den USA. 

   ?Die Bundeswehr hat das Problem erkannt?, urteilt Holger Mey,
   Leiter des Instituts für strategische Analysen in Bonn. ?Dass
   sich was tut, versteht sich von selbst? ? obwohl die
   Möglichkeiten wegen der angespannten Finanzierungslage sehr
   begrenzt seien, und der Schutz der Infrastrukturen eigentlich
   beim Innenminister liege. Auch Mey findet das Risiko enorm;
   besonders bedroht seien Staaten mit ausgeprägter Infrastruktur
   ? wie die Bundesrepublik. Mey meint, dass die Zahl ihrer
   potenziellen Gegner ebenso wachse wie deren Gefährlichkeit:
   ?Wer mit zehn Panzerdivisionen keine Chance hat, hat sie
   womöglich mit zehn Hackern.?

   Zum Schutz entwirft das Militär zurzeit die Teilkonzeption
   ?IT-Sicherheit in der Bundeswehr?. Geschrieben wird sie im noch
   jungen IT-Stab, einfließen soll sie in allgemeinere
   Strategiepapiere. Entgegen anderen Gerüchten handelt es sich
   laut Oberst Berndt Glowacki, Referatsleiter Konzept und
   Planung, um ein rein defensives Grundsatzpapier. Es sei mit
   den US-Ambitionen in keiner Weise zu vergleichen, im
   Gegenteil: Die Bundeswehr grenze sich davon ab. ?Allein schon
   völkerrechtliche und gesetzliche Bestimmungen stecken für uns
   den Rahmen ab. Die eine oder andere Planung stellen wir
   deshalb gar nicht erst auf? ? darunter solche, die offensive
   Cyber-Gefechte betreffen. 

   Ein Punkt dabei: In der Regel wären zivile Einrichtungen wie
   Wasserwerke, private Rechenzentren oder Stromversorger das
   Ziel digitaler Angriffe ? und das ist streng genommen nicht
   legitim. Ferner nimmt Artikel 51 der UN-Charta, der Angriffe
   definiert, nach denen ein Staat zurückschlagen darf,
   Cyber-Attacken bis dato aus. Gleiches gilt für den Terror vom
   11. September, und so schnell lässt es sich auch nicht ändern:
   Fiele Terror unter den Artikel, erwürben die Täter auch Rechte,
   die gewöhnlich nur regulären, staatlichen Armeen zustehen. 

   Wie lange diese Bedenken halten, ist unterdessen fraglich. So
   sehen die USA Cyberwar in ihrer Langfristplanung als
   gleichberechtigte Waffengattung neben Heer, Marine und
   Luftwaffe. Auch ist in Sicherheitskreisen die Rede davon, der
   erste Teil von Bushs Gegenschlag ? das Einfrieren von Bin
   Ladens Geldern ? sei nur per Hacking möglich. Schließlich sei
   es sehr unwahrscheinlich, dass die Banken in mehr als 50
   Ländern, in denen das Geld deponiert sein soll, anstandslos mit
   den USA kooperieren. Hingegen sei es prinzipiell kein Problem,
   das Kapital digital verschwinden zu lassen. 

   Rechtlich natürlich wäre eine solche Aktion bedenklich. Doch
   Stratege Mey meint, für die USA sei dies das kleinere Problem:
   ?Die Grenzen von Krieg und Frieden verschwimmen ohnehin,
   genau wie die Grenzen zwischen zivilen und militärischen
   Schäden.?  ew

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