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[infowar.de] Al Jazeera unter Druck?



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Hallo,

Al Jazeera ist der arabische Sender, der heute nach dem Beginn der
US/UK-Angriffe auf Ziele in Afghanistan das Video mit der Stellungnahme
von Osama Ibn Ladin gesendet hat. CNN hat dieses Material übernommen,
und nach Aussagen von CNN-Redakteuren gibt es eine ständige Kooperation
der beiden Sender. Al Jazeera hat im Gegenzug im arabischen Raum die
Ansprachen von Bush und Blair ausgestrahlt. Damit hat sich die
untenstehende Meldung wohl etwas relativiert. Lest zu dieser Entwicklung
mal wieder was über "Soft Power" (Nye/Owens) oder "Noopolitik"
(Arquilla/Ronfeldt).

Grüße, Ralf

http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/9740/1.html 

 Sex, Religion und Politik
 
 Harald Neuber   07.10.2001 
 
 Washington will den auch in arabischen Ländern umstrittenen Sender 
al-Jazeera schließen, weil er antiamerikanischen Positionen Platz 
einräumt 
 
 Die Bekämpfung des Terrorismus hat die Bush-Administration nun auch 
die Medien ins Visier genommen. Bei dessen Besuch in Washington hat 
US-Außenminister Colin Powell den Emir von Qatar, Scheich Hamad Khalifa 
al-Thani, aufgefordert, die aus dem Wüstenemirat sendende 
Fernsehstation  al-Jazeera [0] zu schließen. Dieser Schritt sei nötig, 
weil die Redaktion antiamerikanischen Positionen Sendeplatz einräume. 

 Seit der arabische Sender im November 1996 auf Sendung ging, hat er 
permanent an Popularität gewonnen. Grund dafür ist die provokante 
Linie, die Redaktion scheint keine Tabus zu kennen. Dazu kommen 
anscheinend beste Kontakte zu unliebsamen Regimes. So strahlte 
al-Jazeera vor einigen Monaten exclusiv Bilder der Zerstörung der 
Jahrtausend alten Buddha-Monumente in Afghanistan durch die dort 
herrschenden Taliban-Milizen aus. Als einzige Redaktion ging bei der 
al-Jazeera-Redaktion im Wüstenort Doha auch ein Nachricht des 
muslimischen Fundamentalisten Usama bin Ladin ein, in der er alle 
Muslime zum Djihad gegen die Vereinigten Staaten von Amerika aufruft. 
 
 Bei Al-Jazeera handelt es sich um einen Privatsender. Das ist durchaus 
unüblich in einer Region, in das Fernsehen in der Regel staatlich 
kontrolliert ist. Die Idee zur Gründung der Fernsehstation entstand 
nach dem Scheitern der kurzen aber vom Publikum durchaus angenommenen 
Kooperation zwischen dem BBC-Service für den arabischen Raum und 
Saudischer Geschäftspartnern. Die Zusammenarbeit wurde rasch 
aufgekündigt, weil der Stil der britischen Journalisten bei den 
arabischen Geschäftspartnern auf Unmut stieß. Nach Informationen aus 
Doha äußerten Mitglieder der in Qatar regierenden al-Thani-Familie 
daraufhin ihr Interesse, die saudischen Anteile aufzukaufen und die bis 
dato aus London sendende Frequenz weiterzuführen. 
 
 In den ersten fünf Jahren wurde der Sender mit einem zinslosen Kredit 
von 150 Millionen Dollar unterstützt, Infrastruktur wurde der Redaktion 
von Qatar-TV, dem Staatsfernsehen des Emirates, zur Verfügung gestellt. 
Während die Popularität von al-Jazeera seither ständig wuchs, sind auch 
die Feinde nicht weniger geworden. Nicht nur die US-Regierung ist über 
die journalistische Anarchie des Senders erzürnt, auch aus Algerien, 
Marokko, Saudi-Arabien, Kuwait und Ägypten hagelte es dafür Kritik, 
dass politische Dissidenten aus diesen Staaten vor die Kamera geholt 
wurden. Gerade dafür wurde dem Sender aber auch Lob zuteil. 
 
 Heute übersteigen die Einschaltquoten von al-Jazeera viele regionale 
Stationen und die aus London sendenden und von Saudi-Arabien 
finanzierten "Arabic Networks". Einschaltquoten sind in vielen 
arabischen Ländern nicht erhältlich, in den palästinensischen 
Autonomiegebieten aber erreicht al-Jazeera um die 40 Prozent der 
Zuschauer. Attacken des Saudischen Innenministers, Prinz Nayef, wurden 
von Vorwürfen des ägyptischen Staatsfernsehens begleitet. Letzteres 
betitelte des Sender als "yellow programm", das sich aus einer 
"unerträglichen Mischung aus Sex, Religion und Politik" zusammensetze. 
Es mag dem inzwischen erlangten Einfluss des Senders geschuldet sein, 
dass der ägyptische Präsident Mubarak es sich trotz der Kritik nicht 
nehmen ließ, die Räume in Doha im Juni dieses Jahres am Rande eines 
Staatsbesuches in Qatar zu besichtigen. 
 
 Besonders für seine Interviews ist die Station berüchtigt. So wurde 
dem geistlichen Führer der von den USA auf den Terrorindex gesetzten 
Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Yassin, ausführliche Interviews 
zugebilligt. Aus Jordanien kam daraufhin der Vorwurf, al-Jazeera würde 
die Gewalt im Nahen Osten schüren. Tatsächlich hatte sich aber auch der 
Interviewte über die offensive Fragestellung des Redakteurs beschwert. 
Das Simon Wiesenthal-Center in Los Angeles warf der Redaktion vor, 
antisemitische Inhalte zu verbreiten, während es aus Syrien Kritik für 
"zu viele Interviews mit israelischen Politikern" hagelte. 
 
 Tatsache ist, dass Interviews und Diskussionsforen eben die Meinungen 
gerne ins Programm nehmen, die in anderen arabischen Staaten und der 
westlichen Welt aus politischen Empfindsamkeiten gemieden werden. 
Programme wie "The Opposite Direccion", "Without Borders" oder "The 
Other Opinion" setzten auf Provokation. Oft dreht sich das Thema um die 
israelische Nahostpolitik. Dass in den Diskussionen Gefühle verletzt 
werden, nimmt die Redaktion in Kauf. "Wenn es um freien Journalismus 
geht, liegt darauf nicht die Priorität", gesteht der aus Syrien 
stammende Talkrunden-Moderator Faisal al-Qassem offenherzig. Dieser 
Gedanke mag auch der Geburt eines Talkformat Pate gestanden haben, bei 
dem ein ägyptischer Gast für eine Normalisierung der Beziehungen zu 
Israel eintrat, während sich sein Gegenspieler für die Förderung 
antisemitischer Publikationen in arabischen Ländern einsetzte. 
 
 Von einem Verstoß gegen die journalistische Ethik will Moderator 
al-Qassem aber nichts wissen. Bei ähnlichen Formaten in Europa werde 
genauso verfahren, nur ginge es dort um Themen, die die Menschen dort 
bewegten. Die Politik Israels und der Vereinigten Staaten werde auch 
weiterhin Thema der Berichterstattung sein, weil die Zuschauer das 
forderten. Außerdem sei auch der israelische Premier Ariel Sharon zum 
Interview geladen worden. Er habe aber abgesagt. 
 
 Einen schnellen Erfolg wird die Forderung nach der Schließung von 
al-Jazeera voraussichtlich nicht haben. Nach seinem Gespräch mit Colin 
Powell bekräftigte Scheich Hamad jedenfalls die Notwendigkeit "freier 
und selbstbestimmter Medien". Die Forderung von Powell verstehe er als 
"Ratschlag". Diese Abfuhr ist umso gewichtiger, als der Staatschef die 
USA als derzeitiger Vorsitzender der "Organisation of Islamic 
Conference" besuchte. Nach seiner Rückkehr gab Scheich Hamad dem Sender 
prompt ein Interview. Die Geschehnisse in den USA, hieß es darin, 
hätten alle Araber in Misskredit gebracht. "Die Amerikaner müssen aber 
verstehen, dass Terrorismus nicht in direktem Zusammenhang mit den 
Arabern steht." Solche hehren Worte verblassen etwas in Anbetracht 
dessen, dass man Skandalmeldungen über das Regime in Qatar bei 
al-Jazeera vergebens sucht. 

 Links 
 
 [0] http://www.aljazeera.net/

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