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[infowar.de] Europarat verabschiedet Cybercrime-Abkommen
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/11083/1.html
Europarat verabschiedet Cybercrime-Abkommen
Florian Rötzer 08.11.2001
In das Abkommen soll möglichst schnell auch ein Zusatzprotokoll zum
Verbot des "illegalen Hosting" von rassistischen Internetinhalten
aufgenommen werden
Während heute die Außenminister der 43 Mitglieder des Europarats das
umstrittene Cybercrime-Abkommen verabschiedet hat, so dass am 23.
November in Belgrad mit der Unterzeichnung begonnen werden kann, hat
der Ständige Ausschuss des Europarats gefordert, so schnell als möglich
ein Zusatzprotokoll in das Abkommen aufzunehmen, um gegen rassistische
Websites vorgehen zu können.
Im "Kampf gegen den internationalen Terrorismus"
Natürlich stand das Treffen der Minister und der Parlamentarischen
Versammlung, die gestern und heute stattgefunden haben, ganz unter dem
Zeichen des "Kampfs gegen den internationalen Terrorismus". Die
Minister besprachen auf der Grundlage eines Berichts neue
Vorgehensweise des Europarats gegen den Terrorismus. So wurden neue
gesetzliche Regelungen und eine engere Zusammenarbeit erwogen. Unter
dem Vorsitz des Außenministers von Liechtenstein bekräftigen die
Minister die Verurteilung der Terroranschläge und begrüßten, dass so
schnell eine breite Koalition gegen den Terrorismus zustande gekommen
sei. Sie brachten auch ihre Unterstützung für die "neue Dynamik der
Solidarität" zum Ausdruck, die sich bereits in den "internationalen
Sicherheitssystemen" nieder geschlagen habe. Die Verpflichtung des
Europarats bestehe in der Suche nach einer demokratischen Lösung, um im
Rahmen seiner Möglichkeiten den Terrorismus und seine Ursachen zu
bekämpfen.
Insbesondere soll die Zusammenarbeit verstärkt werden. Man werde die
Bemühungen verstärken, die Geldströme zu kappen, durch die sich der
Terrorismus finanziert. Priorität hätten dabei das schärfere Vorgehen
gegen Geldwäsche, organisiertes Verbrechen, Drogenhandel,
Menschenhandel und Cyberkriminalität. Die Minister betonten auch, dass
die Bekämpfung des Terrorismus im Rahmen der Demokratie, des Rechts und
der Menschenrechte geschehen müsse. Zur Bekämpfung gehöre auch die
Schaffung von starken Demokratien, die die Vielheit achten und eine
größere soziale Gerechtigkeit fördern, wodurch Ursachen, aus denen sich
der Terrorismus erwächst, beseitig würden.
Beschlossen wurde die Einrichtung einer Multidisciplinary Group on
international action against Terrorism (GMT), die bis zum 31.12.2002
bestehen und auf der Grundlage der gemeinsamen Beschlüsse und Abkommen
die koordinierte Weiterentwicklung von Gesetzen vorantreiben soll.
Verabschiedet wurde auch ein Abkommen zum Schutz der Menschenrechte und
der Freiheiten in Europa, in dem vornehmlich die Bedeutung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gesichert werden soll.
Cybercrime-Abkommen kann bald in Kraft treten
Das von den Ministern nun endgültig verabschiedete
Cybercrime-Abkommen, das nach [1]Ansicht von Menschenrechtlern und
Datenschützern gegen europäische Menschenrechtsverträge verstößt, sieht
erweiterte Befugnisse zum Abhören der Internetkommunikation und zum
grenzüberschreitenden Datenaustausch vor ( [2]Cybercrime-Abkommen
passiert eine der letzten Hürden). So muss die Möglichkeit geschaffen
werden, Internetkommunikation in Echtzeit abzuhören, und es müssen
Vorkehrungen getroffen werden, die Verkehrsdaten zu speichern. Neben
der strafrechtlichen Einordnung von Cracken, illegalem Abhören und
Eindringen, Stören von Computersystemen, Stehlen, Manipulieren oder
Löschen von Daten stellt das Abkommen auch Vergehen gegen das
Copyright, das Umgehen von Kopierschutzsystemen und das Herstellen,
Verbreiten und Verfügbarmachen von Kinderpornographie unter Strafe.
Der Gesetzestext - die 27. Version - ist das Ergebnis von
vierjährigen, lange Zeit hinter verschlossenen Türen stattfindenden
Verhandlungen und soll einen ersten Durchbruch für eine internationale
Bekämpfung der Cyberkriminalität darstellen. Die Unterzeichner des
Abkommens verpflichten sich, eng bei der Verfolgung der definierten
Straftaten zusammen zu arbeiten und entsprechende Mindeststrafen für
die Vergehen einzuführen.
Einführung einer neuen Straftat: illegales Hosting
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hatte bereits im April
gefordert, dass neben der Aufnahme des Menschenhandels auch die
Verbreitung rassistischer Propaganda und Hassbotschaften über das
Internet als Verbrechen ins Abkommen aufgenommen werden soll. Um einer
schneller Verabschiedung nicht zu verhindern, habe man, so Ivar Tallo,
sozialistischer Abgeordneter aus Estland und Vertreter des
Menschenrechtsausschusses, damals noch keinen entsprechenden Zusatz
vorgenommen. Da auch die USA Mitglied des Europarats sind, wäre ein
Einsspruch von dieser Seite vorauszusehen gewesen, da dies gegen die
weitaus umfassendere Meinungsfreiheit in der amerikanischen Verfassung
verstoßen würde.
Der Ständige Ausschuss des Europarats hat heute eine Empfehlung zum
geforderten Zusatzprotokoll einstimmig verabschiedet, das die
Verbreitung rassistischer Propaganda, die missbräuchliche Speicherung
von Hassbotschaften und die Benutzung des Internet zum Menschenhandel
unter Verbot stellen soll. Gefordert wird aber auch, Möglichkeiten zu
finden, wie man gegen "illegales Hosting" vorgehen könne ( [3]Soll
illegales Hosting ein Verbrechen werden?). Damit soll Rechtsextremen
die Möglichkeit verbaut werden, ihre Seiten auf Server in einem anderen
Land zu legen, das weniger strenge Gesetze hat. "Beispielsweise wäre
es", so Ivar Tallo, "dann einer rassistischen französischen Site, die
auf ein französisches Publikum zielt, aber auf einer Server
untergebracht ist, der sich in den USA befindet, nicht mehr möglich,
sich hinter den amerikanischen Gesetzen zu verstecken, die die
Meinungsfreiheit schützen."
Natürlich müssen die Anschläge vom 11.9. auch hier wieder als
Legitimation dienen: "Der 11. September hat gezeigt, dass rassistische
Meinungen zu einer Tat von schrecklichem Ausmaß werden können. Daher
muss die moderne Technologie Sicherheitsvorkehrungen besitzen, wozu das
Verbot von Hassmeinungen im Internet gehört."
Rassismus werde, so der Beschluss der Parlamentarischen Versammlung,
nicht mehr als Meinung, sondern als Verbrechen betrachtet. Obgleich es
bereits das Internationale Abkommen zur Bekämpfung aller Formen von
Rassendiskriminierung (ICERD) gibt und einige Mitgliedsstaaten
rechtliche Möglichkeiten geschaffen haben, gegen Rassismus vorzugehen,
sei dies mit rassistischen Meinungen (hate speech) schwierig. Auf einer
ethischen Ebene müssten selbstregulierende Maßnahmen von Providern
unterstützt werden, indem beispielsweise Websites eingestuft, Hotlines
eröffnet und entsprechende Verbotsklauseln in Verträge aufgenommen
werden. Für die Ausarbeitung des Zusatzprotokolls wurde ein Ausschuss
(PC-RX) eingerichtet, der dieses bis Ende April 2002 fertig stellen
soll.
Wie Tallo in seinem Bericht ausführte, ist vorgesehen, illegales
Hosting so zu definieren, dass es das "Hosten zum Zweck der
Online-Zirkulation von Sites darstellt, die Hassbotschaften in Form von
Texten, Bildern, Tönen oder anderen Medien enthalten, um so weniger
starke Begrenzungen auszunutzen". Ein Zeichen wären etwa Websites in
einer Sprache, die nicht die des Landes ist, in dem sich der Server
befindet, Sites, bei denen die meisten Zugriffe von ausländischen
Servern erfolgen oder eine Bezugnahme auf Tatsachen oder Kontexte eines
anderen Landes. Eingeschlossen werden könnten auch entsprechende
News-Angebote, die Hass fördern. Die Unterzeichnerländer müssten, wenn
sie nicht selbst gegen die Inhalte vorgehen wollen, zumindest dafür
sorgen, dass bei der Bitte eines Landes, dessen Gesetze übertreten
wurden, die entsprechenden Websites oder Verbindungen von den Providern
entfernt werden.
Hoffnungsvoll wird dabei auf den Yahoo-Fall verwiesen, bei dem ein
französischer Richter das Portal dazu verurteilt hatte, den Zugang für
Franzosen auf Auktionsseiten für Nazi-Andenken und andere verbotene
Inhalte zu sperren ( [4]Französisches Recht soll weltweit für Franzosen
gelten). Gestern wurde allerdings just von einem amerikanischen
Berufungsgericht [5]entschieden, dass die Inhalte von US-Firmen durch
den ersten Verfassungszusatz als freie Rede geschützt sind. Überdies
könnten immer wieder Inhalte, die in den USA rechtens im Internet
publiziert werden, in anderen Ländern gegen deren Gesetze verstoßen.
Für die Einführung des Tatbestands des "illegalen Hosting", der sich im
Kontext von rassistischen Internetinhalten gerade auf die USA gerichtet
hatte, ist dies kein günstiges Zeichen.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/7239/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/7951/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/7480/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4296/1.html
[5] http://www.heise.de/newsticker/data/wst-08.11.01-001/
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