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[infowar.de] EU: Datenspeicherung und Bekaempfung gefährlicher Angriffe



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/11152/1.html 

 Datenspeicherung und Bekämpfung gefährlicher Angriffe
 
 Erich Moechel   19.11.2001 
 
 EU-Kommission will Verbindungsdaten länger speichern und schärfere 
Strafen für "unberechtigten Zugang" zu Computernetzen 
 
 Die EU-Kommission plant nach einem noch unveröffentlichten 
Rahmenentscheid zur "Bekämpfung gefährlicher Attacken auf 
Informationssysteme" drastisch verschärfte Strafen für "unberechtigten 
Zugang" in Computernetze. Nicht einmal absichtliches Handeln ist 
notwendige Voraussetzung, um den Straftatbestand eines "unerlaubten 
Zugangs" zu erfüllen. 
 
 Laut Aussendung des Veranstalters, der DG-Informationsgesellschaft, 
wird die Plenarsitzung des European Forum on Cybercrime am 27. November 
ganz unter dem Thema "Aufbewahrung von Verbindungsdaten" stehen. Die 
zum Forum gehörige Expertenkommission hat zu diesem Zweck einen 
umfassenden [1]Fragenkatalog welche Art von Verbindungsdaten von 
welchen Betreibern bereits jetzt wie lange gespeichert werden, ins Netz 
gestellt. 
 
 Zur Sprache kommen werden in der Rue de la loi zu Brüssel wohl die 
primären Aufreger der letzten Wochen, als die Debatte um Aufhebung des 
Datenschutzes in puncto Verbindungsdaten nach den Anschlägen in New 
York auch EU-intern wieder hochgegangen war ( [2]Diskussion über die 
Speicherung von Verbindungsdaten). Höhepunkt war ein [3]Brief von 
George Bush an die EU, worin verlangt wurde, die Datenschutzrichtlinie 
zum Zweck der Terroristenjagd teilweise außer Kraft zu setzen und die 
Speicherung von Verbindungsdaten anzuordnen oder wenigstens zuzulassen. 
In erster Lesung hat das Europäische Parlament die Veränderungen der 
Richtlinie über die Verarbeitung persönlicher Daten und den Schutz der 
Privatsphäre im elektronischen Kommunikationssektor übernommen und sich 
weiter gegen eine vorsorgliche Datenspeicherung ausgesprochen, da diese 
gegen die EU-Menschenrechtskonvention verstößt. 
 
 31 internationale Bürgerrechts- und Civil-Liberties Organisationen 
hatten in der vergangenen Woche in einem [4]offenen Brief an Guy 
Verhofstadt, den Präsidenten des Eu-Ministerrats appelliert, diesen 
"Blankoschenk für zukünftige, auf reinen Hypothesen basierenden 
Ermittlungen" in den gespeicherten Datensätzen nicht auszustellen. 
US-Organisationen [5]befürchten, dass auf dem Umweg über Europa 
US-Verbindungsdaten den US-Behörden zufließen sollten, zumal in den USA 
eine den Bush-Forderungen an Europa vergleichbare Speicherpflicht nicht 
existiert. 
 
 Voraus gegangen waren 2001 bereits mehrere Versuche, eine Grundaussage 
der in Novellierung befindlichen EU-Direktive zum Datenschutz 
auszuhebeln. Diese sieht vor, dass Datensätze, sofern sie nicht [mehr] 
zur Abrechnung benötigt werden, von den Netzbetreibern gelöscht werden 
müssen. 
 
 Die Sitzung des Rats der EU-Telekom- und Verkehrsminister in Luxemburg 
vom 22. Mai zur Überarbeitung der Datenschutz-Direktive sah einen 
[6]Vorstoß von England, Frankreich und Belgien, entscheidende Teile des 
wichtigen Artikels sechs der Datenschutzrichtlinie zu kippen ( 
[7]Europäischer Rat für die Speicherung aller Kommunikationsdaten). 
Konsequenterweise hatte zuletzt Frankreich seine Provider gesetzlich 
[8]verpflichtet sämtliche Verbindungsdaten ein Jahr lang zu speichern. 
In Großbritannien läuft ein ähnlicher Versuch, ein in der letzten Woche 
bekannt gewordenes [9]Dokument des Innenministeriums lässt sogar die 
Option einer Speicherungspflicht per Verordnung des Innenministers 
offen, falls keine Einigung mit der Industrie zu einer "freiwilligen" 
Speicherung der Verbindungsdaten zu Stande kommt. 
 
 Während also die Frage der verpflichtenden Datenspeicherung erklärter 
Maßen im Zentrum des EU-Forums steht, wird auch ganz nebenbei ein 
"Rahmenentwurf zur Bekämpfung gefährlicher Attacken auf 
Informationssysteme" (Proposal for a Framework Decision on serious 
attacks against information systems) präsentiert. Im Unterschied zur 
Datenspeicherungs-Debatte ist dieser "Entwurf" bereits in einem so 
fortgeschrittenen Stadium, dass er nach Angaben der 
DG-Informationsgesellschaft bereits den Segen der EU-Kommission haben, 
also deren offizielle Position darstellen könnte, wenn das Forum am 27. 
November eröffnet wird. 
 
 Ganz nebenbei soll im Windschatten der Speicherungsdiskussion eine 
zentrale Regelung des umstrittenen [10]Cybercrime-Abkommens beim 
Europarat maßgeblich verschärft werden ( [11]Europarat verabschiedet 
Cybercrime-Abkommen). In einem mit 5. Oktober 2001 datierten, 
mittlerweile bei Cryptome einsehbaren [12]Entwurf zur "Bekämpfung 
gefährlicher Attacken auf Informationssysteme", könnte auch ein 
"unberechtigter Zugang zu einem geschützten System" als "gefährlicher 
Angriff" gewertet werden, egal wie dieser unberechtigte Zugang zu 
Stande gekommen ist [Artikel 2, i/i]. Mit dem Entwurf soll auf dem 
Hintergrund der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten 
Kriminalität eine einheitliche Definition für "gefährliche Angriffe auf 
Informationssysteme" für die Mitgliedsländer geschaffen werden, so dass 
diese EU-weit ähnlich verfolgt und bestraft werden können. 
 
 Das Cybercrime-Abkommen des Europarats stellte hingegen eindeutig 
fest, dass grundsätzlich Absicht vorliegen müsse, um den Tatbestand von 
"illegal access" zu erfüllen. Zusätzlich stellt es das Abkommen den 
Unterzeichnerstaaten frei, noch "unehrliche Absichten" oder "Umgehung 
von Sicherheitsmaßnahmen" (infringing security measures, with the 
intent of obtaining computer data or other dishonest intent) als Latte 
für das Vorliegen eines Verbrechens festzulegen. 
 
 Im Kommissionsentwurf ist dies nicht mehr eindeutig formuliert. Zwar 
wird gesagt, dass harmlose oder triviale Vergehen nicht verfolgt werden 
müssen, gleichwohl gilt als "gefährlicher Angriff" bereits ein 
"unerlaubter Zugang oder ein unerlaubter Zugriff auf ein geschütztes 
System; oder wenn dies von einer Person mit der Absicht durchgeführt 
wird, einer natürlichen oder juristischen Person Schaden zuzufügen." 
Das "Explanatory Memorandum" stellt erläuternd fest, 
"unglücklicherweise" sei es nun einmal Fakt, dass viele User ihre 
Systeme viel zu wenig schützten, weshalb die Umgehung von 
Sicherheitsmaßnahmen kein notwendiges Kriterium für das Vorliegen einer 
"gefährlichen Attacke" sei. 
 
 Unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes argumentiert die 
Kommission hier an der Realität des Internet vorbei, wo sich der 
halbwegs kundige Datenreisende bereits nach einem "Sicherheitscheck" 
der primitivsten Sorte oft in einem Ordner wiederfindet, der eigentlich 
nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Zahllose einschlägige Fälle 
sind aus den letzten Jahren bekannt. Das Wiener Allgemeine Krankenhaus 
hatte bis vor kurzem die Datensätze von über 80 Blutdruckpatienten auf 
einem derartigen ungeschützten Ordner praktisch öffentlich im Netz. Die 
Fälle, in denen man über Suchmaschinen in geschützte Teile von Websites 
gelangt, ohne überhaupt zu wissen, dass es sich geschützte Bereiche 
handelt, sind ebenfalls Legion. 
 
 Nach dem Wortlaut des Papiers der EU-Kommission für eine 
"Rahmenentscheidung" könnten solche Fälle als Straftaten verfolgt 
werden. Dass "Strafe nicht immer die Form von Gefängnis" annehmen 
müsse, gibt das Kommissionspapier in Artikel sechs der Erläuterungen 
gnädigerweise zu. Falls aber dem Eigentümer auch nur ein indirekter 
ökonomischer Schaden welcher Art auch immer entstanden sei, dann seien 
"erschwerende Umstände" (Artikel 7) gegeben. Das Delikt müsse dann 
EU-weit mit einem Strafrahmen von mindestens vier Jahren Gefängnis 
beantwortet werden. 
 
 Für den 27. November eingeladen hat die DG-Informationsgesellschaft 
ISPs, Telekombetreiber, Mobilfunker, Polizei, diverse andere Behörden, 
am unteren Ende sind auch Konsumenten- und Datenschützer aufgelistet. 
 
 Die Registrierungsfrist für Redezeit läuft noch bis Dienstag, den 20. 
November, schriftliche Stellungnahmen können bis Donnerstag unter 
dieser  Mailadresse INFSO-JAI-cybercrime-comments -!
- cec -
 eu -
 int 
<mailto:Mailadresse INFSO-JAI-cybercrime-comments -!
- cec -
 eu -
 int> abgegeben 
werden. Der Rahmenentwurf" soll laut Willen der Kommission bis 30. Juni 
2003 in allen Mitgliedsstaaten der EU umgesetzt werden. 
 
 Erich Moechel ist Redakteur von [13]Futurezone. Telepolis und 
Futurezone haben eine engere Kooperation vereinbart. 
 
 Links 
 
 [1]
http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/internet/crime/
wpapnov/index_en.htm
 [2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/9980/1.html
 [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11051/1.html
 [4] http://www.quintessenz.at/archiv/msg01739.html
 [5] http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=94892
 [6] http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=68011
 [7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/7988/1.html
 [8] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11141/1.html
 [9]
http://www.homeoffice.gov.uk/oicd/antiterrorism/retention_of_communicati
ons_data.pdf 
 [10] http://conventions.coe.int/Treaty/EN/cadreprojets.htm
 [11] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11083/1.html
 [12] http://cryptome.org/eu-antihack.htm
 [13] http://futurezone.orf.at

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