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[infowar.de] Wie die Taliban/Al-Qaida-Kaempfer miteinander kommunizieren
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/11357/1.html
Wie die Taliban/Al-Qaida-Kämpfer miteinander kommunizieren
Erich Moechel 16.12.2001
Systematisch wurden Codan-Radios von Hilfsorganisationen verwendet,
was die US-Aufklärung lange behinderte, aber wegen fehlender
Verschlüsselung gleichzeitig das Abhören wie derzeit in Tora Bora
ermöglicht
Auf abgefangenen Funksprüchen aus den Weißen Bergen von Tora Bora sei
Bin Ladens Stimme eindeutig identifiziert worden, meldete die
[1]Washington Times am Samstag unter Berufung auf ungenannte
offiziellen Stellen. Bin Ladin habe mit seinen verbliebenen Truppen
über ein Gerät "mit sehr geringer Reichweite" kommuniziert. Mit einiger
Wahrscheinlichkeit handelt sich dabei um ein Handgerät, das zum [2]High
Power HF SSB System der Firma Codan aus dem australischen Hinterland
gehört.
Spätestens mit Beginn der US-Bombardements haben Taliban/Al-Qaida ihre
militärische Kommunikation systematisch auf die als sehr robust
bekannten Kurzwellen-Funksysteme aus Adelaide umgestellt.
Wie viele der untereinander gut vernetzbaren Codan-Radios -
Handgeräte, Auto-Funk, und leistungsstarke Basistationen, die um die
6500 Dollar kosten - schon vor dem Krieg in Afghanistan oder in Händen
von Taliban/Al-Qaida waren, ist nicht bekannt. Fest steht hingegen,
dass mehr als Tausend solcher Systeme in unterschiedlichen Dimensionen
durch Raub in die Hände von Taliban/Al-Qaida gelangt sind.
Diese ursprünglich für den Einsatz im australischen Busch entworfenen,
mobilen und stationären [3]Sprach- und Datenfunksysteme sind der
Quasi-Standard internationaler Hilfsorganisationen. Codan-Radios und
ähnliche Fabrikate kommen überall dort zum Einsatz, wo keinerlei
Infrastruktur [mehr] vorhanden ist, also in Kriegs- und
Katastrophengebieten, vor allem aber in der so genannten Dritten Welt.
Wie viele Codan-Anlagen in und um Afghanistan in Betrieb sind, könne
man angesichts der Vielzahl von Hilfsorganisationen in der Gegend
unmöglich abschätzen, schreibt Kent Parkin, Marketingchef von Codan aus
Adelaide an Telepolis. Wie viele Anlagen den Hilfsorganisationen vor
Ort fehlen, weiß man beim Hersteller allerdings relativ genau.
Allein um die Verluste bei "World Food Program", UNHCR, UNICEF und
anderen, kleineren Organisationen auszugleichen, so Parkin weiter zu
Telepolis, würden rund um die Jahreswende "mehr als tausend"
Codan-Funkausrüstungen in Richtung Afghanistan verschifft.
Die "unglücklichen Umstände" unter denen es laut Parkin zu diesen
Verlusten kam, sahen typischerweise so aus wie am 13.Oktober im
UNICEF-Büro von Kandahar. Um neun Uhr Ortszeit seien bewaffnete Männer
mit Turbanen aufgetaucht, [4]berichtete der Office Guard ans
UNICEF-Hauptquartier. Mit einer Codan-Basisstation und allen Laptops
seien sie danach wieder abgezogen. [5]Ähnliche Szenen spielten sich
zwei Tage später in den Büros von OMAR, einer internationalen
Hilfsorganisation für Landminenopfer in Mazar-e Sharif und anderen
Orten ab.
Diese Überfälle auf an sich sakrosankte Hilfsorganisationen waren
keineswegs Einzelaktionen frustrierter Kämpfer, sondern geschahen nach
einem genau festgelegten Plan. Ganz offensichtlich hatten die
Militärstrategen von Taliban/Al-Qaida von vornherein geplant, die
zivilen Codan-Anlagen bei Kriegsausbruch systematisch zur Tarnung der
eigenen Kommunikation einzusetzen.
Den USA, die das Land funktechnisch vollständig kontrollierten, sollte
die Identifikation der Ziele möglichst erschwert werden. Dass seitens
der Taliban immer mehr Codan-Radios zum Einsatz kamen, die mit der
Kennung internationaler Hilfsorganisationen operierten, machte für die
US-Aufklärung alles noch komplizierter. Dass diese Strategie wenigstens
zu Beginn des Kriegs durchaus erfolgreich war, belegen die zahlreichen
Bombentreffer auf Einrichtungen der UNO und anderer
Hilfsorganisationen.
Am 8. Oktober wurde etwa das in einem Dorf nahe Kabul gelegene Gebäude
der Afghan Technical Consultants - eines technischen Hilfswerks, das im
Auftrag der UNO operiert - durch einen US-Marschflugkörper vollständig
[6]zerstört. Auslöser dieses Fehlangriffs, bei dem vier afghanische
Techniker starben, war die im Gebäude befindliche Codan-Basisstation.
Zahlreiche Fehlschläge dieser Art hatten zur Folge, dass bereits frei
gegebene Ziele von der US-Aufklärung wieder gesperrt werden mussten.
Dies schlug sich in Fernsehbildern von Kampfflugzeugen nieder, die mit
voller Bombenlast zurückkehren mussten, und war vermutlich auch für das
Wochen lange Stocken der US-Offensive zu Beginn des Kriegs mit
verantwortlich.
Die HF-SSB-Systeme [High Frequency Single Side Band] von Codan sind
kaum gezielt zu stören, da sie in verschiedenen Bändern quer über den
gesamten Kurzwellenbereich [zwei bis 30 MHz] arbeiten. Das in
Kriegszeiten seit Beginn der drahtlosen Kommunikation übliche Jamming
hätte zudem die Kommunikation der Hilfsorganisationen schwer
beeinträchtigt.
SSB-Funk auf Kurzwelle wird seit Jahrzehnten von Radio-Amateuren
benutzt, die Modulation der Sprache ist ähnlich wie bei konventionellem
Rundfunk. Um mit dem gleichen Energieaufwand höhere Reichweiten zu
erzielen, wird allerdings nur ein Seitenband moduliert. Dies geht auf
Kosten der Übertragungsqualität. Die Sendestärke der
Codan-Basisstationen mit bis zu einem Kilowatt ermöglicht Reichweiten
von mehreren tausend Kilometern. Die Handsets werden typischerweise bei
Hilfstransporten als lokales Kommunikationsmittel verwendet.
Auch von Nichttechnikern können über ein grafisches Interface mehrere
Subnetze aus bis zu 400 Sprachkanälen [7]gebildet werden. Dieses
Grundnetz aus Basisstation, mobilen Einheiten auf Geländewagen und
Walkie-Talkies kann sowohl mit herkömmlichen Telefonnetzen oder mit
Satelliten-Uplinks verbunden werden.
"High-speed data mode"
Über diese der konventionellen Telefonie recht ähnlichen Netze lassen
sich auch Daten transportieren. Spitzenwert dieses "High-speed data
mode" ist nach [8]Angaben des Herstellers allerdings eine theoretische
Übertragungsrate von sechs Kbit/sec, die im realen Betrieb so gut wie
nie erreicht wird. Realistisch in diesem "schmutzigsten" aller
Wellenbereiche - von elektrischen Geräten aller Art bis zu Gewittern
wird die Kurzwelle aus vielen Quellen massiv gestört - sind Raten von
um die tausend Bit.
Geschützt ist diese Kommunikation allerdings nicht. Die "Single
Sideband Band" [SSB]-Modulation für Sprache [9]beherrscht jedes bessere
Kurzwellengerät, eine Verschlüsselung "on the air" gibt es auch beim
Datenfunk nicht. Damit ist der Codan-Funk wie alle ähnlichen
betriebsarten auch inhaltlich eine relativ einfache Beute für das
ECHELON-System der Amerikaner. Der zusätzliche Einsatz starker
Verschlüsselungssysteme a la PGP ist allein deshalb nicht praktikabel,
da der geringste Übertragungsfehler zur Unlesbarkeit der gesamten
Message führt.
Erich Moechel ist Redakteur von [10]Futurezone.
Links
[1] http://www.washingtontimes.com/national/20011215-68264047.htm
[2] http://www.codan.com.au/radcom/radcom_prod.asp
[3] http://aitecafrica.com/cia/articles/twoway_radio.htm
[4] http://www.unicef.org/emerg/Country/Afghanistan/011014.htm
[5] http://www.medico.de/Presse/0110afghan/omar.htm
[6]
http://wwww.reliefweb.int/w/Rwb.nsf/vID/BA966EB243C543A4C1256AE00043FEDA?OpenDocument
[7]
http://www.codan.com.au/radcom/publications/data_sheets/01/20132-ENl1.pdf
[8]
http://www.codan.com.au/radcom/publications/data_sheets/01/20131-ENl1.pdf
[9] http://www.ee.byu.edu/ee/class/ee444/ComBook/ComBook/node34.html
[10] http://futurezone.orf.at
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