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[infowar.de] TELEPOLIS: Rumsfeld: Pentagon luegt nicht



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 Rumsfeld: Pentagon lügt nicht
 
 Florian Rötzer   21.02.2002 
 
 Angeblich sollen nur "taktische Täuschungen" zulässig sein; für eine 
andere Informationsoperations-Abteilung wurde kürzlich allerdings der 
durch die Iran-Contra-Affäre belastete ehemalige General John 
Poindexter berufen 
 
 Für Aufregung hat das vom Pentagon eingerichtete "Office of Strategic 
Influence" gesorgt, das im Rahmen der "Information Operation" angeblich 
auch gefälschte Nachrichten in Umlauf bringen soll ( [1]Das Pentagon 
will für bessere Propaganda sorgen). Nichts da, ging 
Verteidigungsminister Rumsfeld bei einer Pressekonferenz in die 
Offensive, das Pentagon sagt nur, was "genau und korrekt" ist. Die 
Frage ist nur, ob man ihm auch unabhängig von der geplanten 
Informationsabteilung noch glaubt. 
 
 Das "Office of Strategic Influence" ist nicht die einzige neue 
Institution für den Infowar oder die "Information Operation" (IO), die 
nach dem 11.9. geschaffen wurde ( [2]Das Pentagon will für bessere 
Propaganda sorgen). Das Pentagon wird sich auch hüten, wollte es denn 
Desinformation zur Beeinflussung der Öffentlichkeit gezielt und mit der 
Unterstützung des PR-Unternehmens Rendon einsetzen. Auch die DARPA, die 
Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Pentagon, hat eine Abteilung, 
die sich Information Awareness Office (IAO) nennt. 
 
 Auch personell zurück in den Kalten Krieg 
 
 Diese Abteilung, zu deren Leitung letzte Woche General John Poindexter 
[3]berufen wurde, der schon unter Ronald Reagan als Sicherheitsberater 
diente, hat sich die offizielle Aufgabe gesetzt, 
"Informationstechnologien und Systeme zu entwickeln, um asymmetrischen 
Bedrohungen durch einen totale Erfassung der Information zu begegnen, 
die für ein Zuvorkommen, für Warnungen im Rahmen der nationalen 
Sicherheit und für die Beschlussfassung im Rahmen der nationalen 
Sicherheit nützlich ist". 
 
 Bei der DARPA wurde aber auch noch eine andere Abteilung eingerichtet, 
nämlich das Information Exploitation Office ( [4]IXO). Diese Abteilung 
soll Sensoren und Informationstechnologien entwickeln, um Bedrohungen 
in allen möglichen Umgebungen in "einem dynamischen, rückbezüglichen 
Prozess" zu begegnen. Unter anderem soll genaue Zielerkennung in 
Kampfsituationen gewährleistet werden, um möglichst Kollateralschäden 
zu vermeiden. Gezielte Anschläge also, die den neuen Krieg dem 
Terrorismus näher bringen und vom herkömmlichen Krieg der großen Armeen 
und der breit gestreuten Vernichtung entfernen. 
 
 Was beim IXO also weitgehend automatisch geschehen soll, wird vom IAO 
möglicherweise auf andere Weise erledigt. Die Berufung von Poindexter 
könnte zumindest darauf hinweisen, denn dieser war zusammen mit Oliver 
North in die Iran-Contra-Affäre verwickelt . North war im Rahmen des 
Nationalen Sicherheitsrats auch an der missglückten US-Invasion von 
Grenada 1983 beteiligt, sorgte später für im Auftrag der CIA Versorgung 
der mit Rauschgift handelnden Contras in Nicaragua mit Waffen und war 
schließlich auch für die Befreiung von US-Geiseln im Libanon zuständig. 
 
 1986 stellte sich heraus, dass hier Waffen an den Iran verkauft 
wurden, um mit dem Geld die Contras in Nicaragua zu finanzieren und 
amerikanische Geiseln im Libanon zu befreien. Dumm war bekanntlich 
lediglich, dass der Iran nach dem Sturz des Schahs und dem Sieg der 
islamischen Revolution eigentlich als Ort des Bösen galt (und heute 
auch wieder in die "Achse des Bösen" aufgenommen wurde). Reagan konnte 
seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, indem er North und Poindexter 
entließ und behauptet, von den Geschäften nichts gewusst zu haben. Die 
Beiden luden denn auch die Schuld auf sich und erklärten, dass sie 
Reagan angeschwindelt hätten. Das ließ sie für manche, allemal im 
Militär, zu Helden der Pflichterfüllung werden. 
 
 Poindexter, der auch an den SDI-Plänen beteiligt war und so wunderbar 
zum Nachfolgeprojekt des Raketenabwehrschild passt, wurde später wegen 
Verschwörung, Justizbehinderung und Vernichtung von Beweismaterial 
verurteilt, nach einer Berufung aber wieder frei gesprochen. Auch North 
blieb von der Justiz unbehelligt, obwohl beide eben auch in 
Rauschgiftschmuggel verwickelt waren. Poindexter ging nach seinen 
angeblich eigenmächtigen Machenschaften in die Wirtschaft, naja, zu dem 
Unternehmen [5]Syntek Technologies, das - so schließt sich der Kreis 
wieder - mit der DARPA zusammen arbeitet (bei [6]Syntek hat der gute 
Pondexter übrigens für den "demokratischen Widerstand in Nicaragua" 
gearbeitet und hat versucht, mit dem straategisch wichtigen Iran 
rationale Beziehungen zu entwickeln). Die Firma entwickelte mit 
DARPA-Geldern [7]Genoa, ein [8]Programm, um heimlich in Datenbanken 
Informationen zu gewinnen. Jetzt ist er also dank dem 11.9. wieder 
direkt zurück im Geschäft - und wirft ein bezeichnendes Licht auf die 
Politik der US-Regierung und des Pentagon. 
 
 Das Pentagon gibt sich als Wahrheitsministerium 
 
 Doch Rumsfeld [9]wies gestern auf einer Pressekonferenz natürlich alle 
Unterstellungen zurück, dass das Pentagon mit seinen neuen Abteilungen 
auch nur irgendwie mit Verfälschungen zu tun haben könnten. Man könnte 
gar die Vermutung erhalten, man habe es anstatt mit 
Propaganda-Abteilungen insgesamt mit einem Wahrheitsministerium zu tun. 
 
    "Ganz klar" möchte Rumsfeld nämlich herausstellen, dass "das 
Verteidigungsministerium, dieser Minister und die Menschen, die mit mir 
arbeiten, den amerikanischen Bürgern und den Menschen der ganzen Welt 
die Wahrheit sagen": "Und das geht bis dahin, dass dann, wenn Jemand 
irgend etwas sagt, dass sich irgendwann als nicht richtig erweist, dies 
schnellst möglich korrigiert wird ... So wird das gemacht. So wurde das 
gemacht. So wird das auch in Zukunft gemacht."       
 
 So weit hätte sich Rumsfeld sicher nicht als Reaktion zum Abstreiten 
der lancierten Gerüchte hinauslehnen sollen, um glaubwürdig zu 
erscheinen. Trägt man derart dick auf, schwindet noch der letzte Rest 
an Überzeugungsmöglichkeit, zumindest für ein skeptisches Publikum, das 
nicht ganz naiv ist. Rumsfeld erklärte, strategische Beeinflussung oder 
Informationsoperationen heiße, dass es nur eine "strategische oder 
taktische Täuschung" gebe. Sein Beispiel: eine Spezialeinheit plant 
einen Angriff auf eine al-Qaida-Stellung aus dem Westen. Dann werde man 
bei den Kämpfern beispielsweise den Eindruck erwecken wollen, man würde 
aus dem Norden angreifen. 
 
 Das "Office of Strategic Influence" wurde nach dem 11.9. geschaffen, 
um im Ausland die militärischen Aktionen des Pentagon besser zu 
verkaufen. Noch ist die genaue Aufgabe offensichtlich noch nicht 
geklärt, doch General Simon Worden, der Direktor der Abteilung, hat 
davon gesprochen, dass die ganze Palette von öffentlichen Mitteilungen 
bis hin zu geheimer Verbreitung von Informationen abgedeckt werde, wozu 
auch die Verbreitung von gefälschten Informationen oder das Eindringen 
in Netzwerke gehören könnte. 
 
 Auch der für Öffentlichkeitsarbeit verantwortliche Staatssekretär des 
Pentagon, Douglas Feith, [10]wies die Behauptungen zurück, die neue 
Abteilungen würde Falschmeldungen lancieren und die Medien täuschen 
wollen: 
 
    "Angehörige des Verteidigungsministeriums belügen nicht die 
Öffentlichkeit. Wir vertrauen darauf, dass die Wahrheit unseren 
Interessen im breitesten Sinne unserer nationalen Sicherheit und 
besonders in diesem Krieg dient."       
 
 Überdies müssten Informationsoperationen keineswegs auf Trug basieren. 
Beispielsweise habe man in Afghanistan den Menschen über Flugblätter 
oder Radiosendungen Belohnungen versprochen oder vor den Splitterbomben 
gewarnt. Wie Rumsfeld sprach auch er nur von "taktischen Täuschungen", 
die dem Gegner verbergen sollen, was man vorhat: "Es gibt viele 
Möglichkeiten, die Wahrnehmung der Feinde über das zu beeinflussen, was 
unsere bewaffneten Kräfte machen, die nicht beinhalten, dass Angehörige 
des Verteidigungsministeriums die Öffentlichkeit belügen müssen." 
 
 Doie Betonung liegt natürlich immer auf den Angehörigen des Pentagon. 
Eine Möglichkeit, dennoch Fälschungen an die Medien zu lancieren, 
bestünde beispielsweise darin, dies durch Outsourcing zu 
bewerkstelligen. Just das könnte eine Aufgabe der PR-Firma Rendon sein, 
die mit der Abteilung zusammenarbeitet, aber nicht über ihre Aufgabe 
reden darf oder will. Feith schloss, wie die [11]New York Times 
berichtet, eine solche Möglichkeit zumindest nicht aus: "Wir behalten 
uns die Möglichkeit vor, einen Feind in die Irre zu führen." 
 
 Links 
 
 [1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/11882/1.html
 [2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/11882/1.html
 [3] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0218/web-darpa-02-18-02.asp
 [4] http://dtsn.darpa.mil/ixo
 [5] http://www.syntek.org
 [6] http://www.syntek.org/Poindexterv2.htm
 [7] http://www.darpa.mil/ato/programs/genoa.htm
 [8] http://www.fcw.com/fcw/articles/2001/0917/news-genoa-09-17-01.asp
 [9] http://www.defenselink.mil/news/Feb2002/t02202002_t0220sd.html
 [10] http://www.defenselink.mil/news/Feb2002/n02202002_200202204.html
 [11] http://www.nytimes.com/2002/02/21/international/21INFO.html
 
 Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/info/11895/1.html 
 
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