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[infowar.de] TELEPOLIS: Wie ein IMAX-Film direkt vor den Augen



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Dieser TELEPOLIS Artikel wurde Ihnen
von Ralf Bendrath <bendrath -!
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Auf der tp-Seite sind noch ein paar Fotos davon zu sehen. 
RB

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 Wie ein IMAX-Film direkt vor den Augen
 
 Florian Rötzer   23.02.2002 
 
 Visionen des amerikanischen Militärs vom Informationssoldaten der 
Zukunft 
 
 Das Pentagon-Projekt "Objective Force Warrior" will im Rahmen des 
sogenannten "Künftigen Kampfsystems" (FCS) den "Hightech-Soldaten der 
Zukunft" entwickeln. Realistisch soll dabei bei aller Vision 
vorgegangen werden, um die Soldaten möglichst noch in diesem Jahrzehnt 
zu gefährlichen Kampfmaschinen zu machen, die vor Angriffen weitgehend 
geschützt sein sollen. Wie dieser Wunderkämpfer ausgestattet sein soll, 
damit wird sich nun auch ein "unabhängiges" Team unter der Leitung des 
Oak Ridge National Laboratory ( [1]ORNL) beschäftigen. 
 
 Bescheiden ist man in Zeiten wie diesen gerade nicht, aber in 
militärischen Kreisen neigt man wohl überhaupt gerne zu Übertreibungen. 
Arnold Schwarzenegger als der Terminator ist offenbar das Vorbild, 
zumindest meint man beim ORNL, dass der anvisierte Wunschsoldat des 21. 
Jahrhunderts ihm in nichts nachstehen werde. Grundlage seiner 
erweiterten Kapazitäten ist nicht nur, aber vor allem Information. Ziel 
sei es, den Soldaten wie Cyborgs mit technischen Systemen auszustatten 
oder ihn in diesen einzuhüllen, um so seine Kapazität um das 
Zwanzigfache zur derzeitigen letalen Leistungskraft zu vergrößern. Bis 
2010 will man die Vision, die die Grenzen des technisch Möglichen 
erkunden soll, auch umsetzen. Zum Ausmalen der "Kunst des Möglichen" 
soll ein Team an Futuristen, Systemingenieuren, Biologen, 
Militärexperten, Spezialisten für den menschlichen Faktor oder Autoren 
helfen, die möglicherweise noch einen anderen Schuss Science-Fiction 
einbringen sollen. 
 
    "Der Objective Force Warrior (OFW) wird ein schrecklicher Krieger 
in einem unbesiegbaren Team sein, der als Erster sehen, als Erster 
verstehen, als Erster handeln und die Aktion zum Abschluss bringen 
kann."       
 
 Was man haben will, ist schon im Groben ausgeführt. Das individuelle 
Kampfsystem muss so leicht als möglich, so tödlich als möglich und voll 
integriert sein. Dazu gehören Waffen, ein Ganzkörper-Schutz vor 
Verletzungen, möglichst weitgehende Kommunikationsmöglichkeiten, 
leichte Energiespeicher, die einen 72-stündigen autonomen Kampfeinsatz 
erlauben, so dass der Hightech-Soldat nicht plötzlich ohne Strom 
dasteht, und natürlich Systeme wie Exoskelette, die seine 
Leistungsfähigkeit (Ausdauer, Mobilität, Geschwindigkeit, Tragkraft 
oder Reichweite) steigern. "Innovative Technologien" sollen den 
Soldaten ermöglichen, den Feind aus größeren Entfernungen mit höherer 
Präzision und größeren Schäden zu treffen, während er gleichzeitig auf 
allen Kanälen senden und empfangen kann. Seine Wahrnehmung soll durch 
Techniken ergänzt, sein Gehirn durch "advanced situational awareness 
software" gestärkt werden, um nicht nur schnell agieren zu können, 
sondern auch nicht von der kommenden Informationsflut aus allen 
mitgeführten und vernetzten Systemen überrollt zu werden. 
 
 Die Vision läuft natürlich darauf zu, dass der im künftigen 
technischen System wie in einem Futteral steckende Mensch nur noch ein 
vorübergehend notwendiger Restposten ist, der bald den autonomen oder 
ferngesteuerten Kampfrobotern den Platz räumen wird. Die hätten dann 
womöglich auch die kognitive Kapazität, gewaltige Mengen an Daten zu 
verarbeiten, obgleich hier auch so etwas wie der Flaschenhals der 
Aufmerksamkeit auftreten wird, wenn es darum geht, aus der Analyse der 
Wahrnehmung heraus schnell das Richtig zu tun. Möglicherweise aber 
könnten vielleicht die Robotsysteme der Zukunft auch besser 
Multitasking im Wahrnehmen und Handeln leisten, beispielsweise über die 
Fähigkeit einer Rundumwahrnehmung mit verschiedenen Sensoren (Licht, 
Wärmedetektoren, chemische Sensoren etc.) verfügen. Solange aber noch 
die biologisch relativ beschränkten Menschen, die in aller Regel nur 
Eines nach dem Anderen machen können, im System stecken, ist nicht nur 
die Leistungssteigerung durch Erweiterung der körperlichen und 
kognitiven Kräfte notwendig, sondern sind auch zusätzlich Schutzsysteme 
für dessen empfindliche Wetware erwünscht. Die Zeit, in der Massen von 
Menschen in Schlachten geopfert werden können, ist vorbei, da im 21. 
Jahrhundert der Trend zu Spezialeinheiten stark zunehmen wird, bei 
denen die technische Leistungsseigerung die fehlende Menge ersetzt. Die 
immer leichteren Waffen nehmen an Zerstörungskraft zu und werden 
überdies nicht nur vom Soldaten bedient, sondern sollen auch mit dem 
künftigen Kampfsystem direkt oder indirekt synchronisiert sein. 
Zugeschnitten sollen die Waffen übrigens nach den Erfahrungen in 
Somalia vornehmlich auf den Einsatz in urbanen Gebieten sein. 
 
 Die neuen "Low intensity"-Kriege der Spezialeinheiten mit immer 
mächtigeren tödlichen und optional auch nicht-tödlichen Waffensystemen 
können natürlich auch besser geführt werden, wenn die Zahl der eigenen 
Opfer möglichst gering bleibt. Da gibt es am wenigsten Widerstand an 
der Heimatfront. Der neue Kampfanzug soll daher natürlich die Soldaten 
vor Verwundungen schützen, indem beispielsweise das flexible Material 
sofort undurchdringlich erstarrt, sobald eine Kugel auftrifft, und wenn 
diese doch durchdringt, dann soll zumindest schnell die Wunde 
automatisch durch Druck geschlossen werden, um den Blutverlust zu 
minimieren. Möglicherweise gibt es dann auch gleich automatisch 
Schmerzmittel und andere Medikamente. Detektoren erkennen gefährliche 
biologische oder chemische Waffen und, so würde man sich dies wünschen, 
veranlassen automatisch die Zerstörung dieser Substanzen. Ein 
Teilnehmer aus dem Team hat, wie man beim ORNL berichtet, einen Brief 
geschrieben, wie er von einem Soldaten im Jahr 2017 an seine Eltern - 
da scheint sich also noch nichts zu ändern - geschrieben werden könnte. 
In dem Fall wären die Eltern in der Tat ganz nützlich, da sie ja immer 
Sorge haben, dass ihr Nachwuchs zu sehr den Computerspielen verfallen 
ist und dabei nicht an den Ernst des Lebens, also an das Lernen, denkt. 
Alles Unsinn, sagt der Soldat der Zukunft, die Kinder trainieren schon 
jetzt im Sinne des edutainment oder der Spaßgesellschaft für das, was 
sie als patriotische Soldaten - oder auch als Hightech-Terroristen - 
einmal dringend können müssen: 
 
    "Erinnert Ihr Euch, wie Ihr mir immer gesagt habt, dass mich das 
ganze Spielen von Computerspielen im Leben nirgendwo hin bringen wird? 
Ihr müsst Euch meinen Helm ansehen, um das zu glauben. Es ist wie ein 
IMAX-Film direkt vor meinen Augen."       
 
 Und letztlich wäre es da auch egal, ob der vernetzte und mit 
zahlreichen On-Board-Systemen beladene Soldat der Zukunft schließlich 
den Kampfanzug verlässt und diesen gewissermaßen aus der Ferne vor dem 
Bildschirm oder in einem VR-Helm steuert. Die Grenze zwischen Spiel und 
Ernst verschwimmt auch hier. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.ornl.gov/
 
 Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/info/11919/1.html 
 
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