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[infowar.de] Bundeswehr bekommt Augen im All



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/raum/12298/1.html 

 Bundeswehr bekommt Augen im All
 
 Ralf Bendrath   12.04.2002 
 
 Mit den Spionagesatelliten SAR-Lupe wird Deutschland nach den USA und 
Russland der dritte Staat mit Radarüberwachung aus dem Weltraum 
 
 Deutschland steigt in die Weltraumspionage ein. Die Bundeswehr bekommt 
ab 2005 insgesamt fünf Spionagesatelliten vom Typ [1]SAR-Lupe. Für 300 
Millionen Euro leistet sich die Bundeswehr damit einen nationalen 
Einstieg in die Überwachung aus dem Weltall. Über die bei dem System 
genutzte Radarüberwachung, mit der Bilder in einer Auflösung von einem 
Meter auch bei schlechtem Wetter oder bei Nacht möglich sind, verfügen 
bislang nur die USA und Russland. 
 
 Die Satelliten, die im Abstand von einem halben Jahr ins All 
geschossen werden und die Bundeswehr ungefähr zehn Jahre lang mit 
Bildern versorgen sollen, arbeiten nicht wie viele andere 
Spionagesatelliten im optischen Frequenzbereich, also mit normalen 
Fotomethoden. Sie nutzen stattdessen Radartechnologie, mit der sie auch 
durch Wolkendecken sehen und bei Dunkelheit Bilder machen können. Die 
etwa 700 Kilogramm schweren künstlichen Erdtrabanten arbeiten mit dem 
Synthetic Aperture Radar (SAR), das z.B. auch im amerikanischen 
Spionageflugzeug J-STARS eingesetzt wird. Die Bezeichnung "Lupe" stammt 
von einer neuen, in Deutschland speziell entwickelte Technik. Die 
Satelliten beobachten normalerweise ein großes Gebiet mit geringerer 
Auflösung, können aber mit der "Lupen"-Funktion bei Bedarf einzelne 
Ausschnitte vergrößern. Damit ist eine Auflösung von bis zu einem Meter 
möglich. Einzelne Fahrzeuge können damit unterschieden werden. Das 
System kann den gesamten Erdball überwachen. 
 
    "Zur Verbesserung unserer strategischen Aufklärungsfähigkeit 
beschaffen wir das allwetterfähige Radarsatellitensystem SAR-Lupe. Mit 
dem französischen optischen Satellitensystem HELIOS II wird es den Kern 
eines 'europäischen satellitengestützten Aufklärungsverbundes' bilden." 
- Rudolf Scharping am 8.4.2002       
 
 Die Ausschreibung für das Satellitensystem hatte ein Konsortium unter 
Führung des Bremer Raumfahrtunternehmens [2]OHB System bereits im 
August letzten Jahres gewonnen. Im Dezember gab dann der 
Haushaltsausschuss des Bundestages die Finanzierung frei. OHB System 
hatte bereits seit 1998 an dem System SAR-Lupe gearbeitet. An dem 
Konsortium sind eine Reihe anderer Rüstungs- und Raumfahrtunternehmen 
aus dem In- und Ausland beteiligt, darunter Alcatel Space (Toulouse), 
TESAT (früher Bosch Satcom, Backnang), Carlo Gavazzi Space (Mailand), 
Saab Ericsson (Göteborg), RST (Salem), EADS Dornier (Friedrichshafen). 
Die Konkurrenz unter Führung von Astrium konnte sich nicht durchsetzen. 
Astrium wird allerdings durch den kürzlichen Beschluss der europäischen 
Verkehrsminister zur Beschaffung des Satellitennavigationssystems 
Galileo ( [3]Startschuss für Galileo) mehr als entschädigt. Das 
Unternehmen ist an Galileo Industries zu 50 Prozent beteiligt, und das 
Navigationssystem, das eine direkte Konkurrenz zum amerikanischen 
Global Positioning System (GPS) darstellt, kostet mit seinen 30 
Satelliten zwölf mal soviel wie die fünf deutschen Radar-Spione. 
 
 Der Start des ersten Satelliten ist für Anfang 2005 mit einer 
russischen Rakete geplant. Auch hier demonstriert die Bundeswehr 
Unabhängigkeit von den USA, gegen deren zurückhaltende 
Informationspolitik sich das Projekt vor allem richtet. Die USA 
besitzen bereits seit Jahren hochauflösende Radaraufklärungssatelliten 
vom Typ Lacrosse. Diese sind allerdings deutlich größer als die 
SAR-Lupe - 15 Tonnen Gewicht und so groß wie ein Autobus. Ihre 
Auflösung beträgt wie bei dem deutschen Modell einen Meter. Die 
optischen Fotosatelliten der USA können in der modernen Version 
Improved Crystal Kennan KH-12 Keyhole sogar Objekte mit einer Größe von 
5 bis 10 Zentimetern erkennen. Schon lange - ob im Sechs-Tage-Krieg, im 
Golfkrieg oder im Kosovokrieg - hatten sich deutsche Militärs und 
Sicherheitspolitiker darüber beklagt, dass sie von den USA nur 
unzureichend mit Spionagebildern versorgt wird. 
 
 Im Rahmen der Westeuropäischen Union (WEU), die inzwischen den 
militärischen Arm der EU bildet, hatten die europäischen Regierungen 
daher seit Jahren versucht, ihre Weltraumspionage zu bündeln. Das 1992 
gegründete [4]WEU-Satellitenzentrum im spanischen Torrejon erhielt aber 
nur schwach auflösende Bilder von kommerziellen Fotosatelliten wie dem 
französischen SPOT oder dem russischen KVR-1000, dazu vom 1995 
gestarteten militärischen Fotosatelliten Helios-I der französischen 
Regierung, der ebenfalls keine sehr hohe Auflösung hat. Mitte der 
neunziger Jahre planten Helmut Kohl und François Mitterand daher das 
gemeinsame Nachfolgeprogramm Helios-II mit optischen und 
Radarsatelliten. Das Projekt platzte, ebenso wie eine noch im Sommer 
2001 geplante Beteiligung Frankreichs an dem Projekt SAR-Lupe. 
Deutschland setzt mit dem neuen Radarsystem nun vor allem auf eine gute 
Verhandlungsposition im NATO-internen Informationspoker mit den 
europäischen Verbündeten und den USA. Denn darum geht es bei dem 
Projekt vor allem: nicht vorrangig um Bilder für deutsche Einsätze, 
sondern um Verhandlungsmasse, damit man im Austausch für die 
Spionageerkenntnisse der Verbündeten etwas anzubieten hat. 
 
 Heikler Nebenaspekt: Ein Großteil der Grundlagenforschung für SAR-Lupe 
ist an Instituten der offiziell rüstungsfreien Universität Bremen 
geleistet worden. Der Bereich "Bildverarbeitung" des 
Technologie-Zentrum Informatik Bremen ( [5]TZI) etwa erforschte unter 
anderem die Objekterkennung aus der Luft. Dabei wurden nach 
Informationen des Bremer AstA auch studentische Projekte genutzt, etwa 
das Projekt SImA (Satellite Imagine Analysis), dessen Schwerpunkt das 
"Analysieren von SAR-Bildern" und die Entwicklung von 
Auswertungssoftware war. Zwar war das Hauptuntersuchungsobjekt in 
diesem Projekt das Verfolgen von Eisschollen, aber die Erkenntnisse 
lassen sich auch für das Überwachen anderer bewegter Objekte, etwa 
Fahrzeugkonvois, nutzen. 

 Der Hersteller von SAR-Lupe, OHB System, ist im Technologiepark in 
direkter Nachbarschaft der Universität angesiedelt und war offizieller 
Partner des Projektes. Auch das universitäre Zentrum für 
Kognitionswissenschaften ( [6]ZKW) war an dem Projekt beteiligt. Am ZKW 
wird anhand der Hirnaktivitäten bestimmter Tiere erforscht, wie mit 
neuronalen Netzen eine schnelle Objekterkennung realisiert werden kann 
- ebenfalls eine interessante Frage für die Satellitenspionage. 
Offiziell entspricht dies nicht der Linie der traditionell linken 
Universität. Ein Beschluss des Akademischen Senates stellte noch 1992 
fest: "Der Akademische Senat lehnt jede Beteiligung von Wissenschaft 
und Forschung mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ab und fordert 
die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel 
abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können." 
 
 Links 
 
 [1] http://www.fuchs-gruppe.com/ohb-system/
 [2] http://www.fuchs-gruppe.com/ohb-system
 [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/raum/12173/1.html
 [4] http://www.weu.int/satellite/en/
 [5] http://www.tzi.de
 [6] http://pooh.physik.uni-bremen.de/~zkw

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