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[infowar.de] Keine elektronische Intifada mehr



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/info/12363/1.html 

 Keine elektronische Intifada mehr
 
 Florian Rötzer   19.04.2002 
 
 Die Intifada ist im Herbst 2000 mit einer Art Infowar gestartet, doch 
schon lange finden die Kämpfe nur noch im wirklichen Raum statt 
 
 Als die Intifida, die sich jetzt zum erbarmungslosen israelischen 
"Krieg gegen den Terrorismus" und einer ebenso erbarmungslosen Serie 
von Selbstmordanschlägen gesteigert hat, im Oktober 2000 begann, wurde 
die Auseinandersetzung auch im Internet geführt. Der "Infowar" dieser 
Art, bei dem politisch motivierte Hacker Websites der vermeintlichen 
Gegner lahmlegen oder entstellen, scheint jedoch mit den wachsenden 
Kämpfen und dem Propagandakrieg in den Medien an Bedeutung zu 
verlieren. 
 
 Ob die Anfänge wirklich so waren, ist nicht mehr nachzuvollziehen. 
Angeblich haben israelische Hacker den "elektronischen Dschihad" 
ausgelöst, als sie Anfang Oktober 2000 die Website der Hisbollah durch 
viele Mails und Aufrufe in die Knie zwangen. Zuvor waren allerdings 
drei israelische Soldaten von der Hisbollah gefangen genommen worden ( 
[1]Eine Website der Hisbollah soll durch Israel und seine Unterstützer 
lahmgelegt worden sein). Ob es sich tatsächlich um einen wirklichen 
Angriff gehandelt hat oder nur der Server überlastet war, ist 
vielleicht auch gar nicht so wichtig. Der Webmaster sprach jedenfalls 
davon, dass Israel "einen technologischen Krieg gegen die Hisbollah" 
begonnen habe. Auch sonst hatte der Webmaster einige abstruse Dinge 
gemeldet. 
 
 Es erfolgten jedenfalls Aufrufe zur "elektronischen Intifada". So 
wurden Webseiten eingerichtet mit Programmen, mit denen sich durch 
automatisch wiederholte Aufrufe Websites lahm legen lassen. So wurden 
die Website des Sprechers der israelischen Streitkräfte, des 
Außenministeriums und des damaligen Ministerpräsidenten angegriffen 
worden. Auch die Website des Knesset ist durch zahlreiche Aufrufe oder 
DoS-Angriffe lahmgelegt worden ( [2]Intifada im Cyberspace). Der 
mittlerweile prominent gewordene Hisbollah-Webmaster freute sich 
angesichts der Erfolge der elektronischen Intifada: "Wir haben 
herausgefunden, dass wir eine unglaubliche Macht besitzen, auf unsere 
Weise zu kämpfen, dass wir wirklich in diesem technologischen Krieg, 
den Israel begonnen hat, zurückschlagen können." Angeblich würde sich 
Araber und Sympathisanten aus der ganzen Welt beteiligen. Er selbst 
habe Tausende von Emails erhalten, in denen er gefragt worden sei, wie 
man den Widerstand unterstützen könne ( [3]Kämpfe im Internet gehen 
weiter). 
 
 Man glaubte gar, Israel durch Blockade des E-Commerce in Phase 3 des 
Cyberwar nachhaltig schaden zu können und propagierte, dass sich jeder, 
der auf der Seite der Palästinenser steht, zumindest an dieser 
elektronischen Intifada beteiligen könne, wenn er schon wirklich zu den 
Waffen greift ( [4]Libanesische Zeitung als Sprachrohr der arabischen 
Hacker). Im Zuge des ausgerufenen Cyberwar wurde auch eine [5]Website 
in den USA gecrackt) und zahlreiche Webseiten mit politischen Parolen 
überschrieben. Aktiv waren dabei vornehmlich zwei pakistanische 
Hackergruppen. 
 
 Das alles reizte natürlich auch israelische Hacker, die mit ähnlichen 
Angriffen auf palästinensische Websites reagierten. Hacker der Gruppe 
Israeli Internet Underground (IIU), die aus verschiedenen israelischen 
Firmen stammen, haben dann im November 2000 eine Website eingerichtet, 
um Informationen über die Auseinandersetzungen zwischen 
pro-palästinensischen und pro-israelischen Hackern und über 
Sicherheitsgefährdungen bei israelischen Websites bereit zu stellen ( 
[6]Israelische Hacker wollen Websites vor pro-palästinensischen 
Angriffen schützen). Aber allmählich ( [7]Vom Cyberwar zum Mord, der 
übers Internet eingeleitet wurde) klangen dann diese 
Internettätlichkeiten ab, während sich die Gewalt in der Wirklichkeit 
steigerte. Diese lässt den Cyberwar mehr und mehr als Spielerei 
erscheinen, die wenig bewirkt und nicht einmal im Propagandakrieg 
nachhaltig zur Geltung kommt ( [8]Vom Cyberwar zum Mord, der übers 
Internet eingeleitet wurde). Dann wurde von den Medien der kurze 
Schlagabtausch zwischen chinesischen und amerikanischen Hackern 
aufgebauscht ( [9]Erster Schlagabtausch zwischen amerikanischen und 
chinesischen Crackern), sogar schon einmal der World Cyberwar I 
verkündet ( [10]Der World Cyber War I entpuppt sich als heiße Luft), 
dahinter ging dann für die Medien und anscheinend auch die Beteiligten 
die elektronische Intifada verloren. 
 
 Sie wurde seitdem auch nicht wieder in Gang gesetzt. Wider alle 
Realität verkündete vor kurzem dann die Firma [11]Mi2G in einem wohl 
verzweifelten Akt, damit für Aufmerksamkeit zu sorgen, dass israelische 
Websites einem "asymmetrischen Krieg" ausgesetzt seien. Israelische 
Websites (.il) seien im Mittleren Osten am meisten überschrieben 
worden. Mit dem Ansteigen der Gewalt, so gibt auch [12]BBC den Bericht 
wieder, würden auch die "Cyberangriffe" anzunehmen. In den letzten 14 
Tagen seien zwei Drittel der wichtigsten Überschreibungen von Webseiten 
in Israel geschehen. Das Land sei auch deswegen gefährdet, weil es hier 
die meisten Internetverbindungen in der Region gebe. 
 
 Tatsächlich aber sind 2001 und 2002 verschwindend wenige .il-Sites, 
zumindest nach dem Archiv von [13]alldas.de, Ziel eines 
defacement-Angriffes gewesen. Überdies handelte es sich in der letzten 
Zeit offensichtlich nicht um politisch motivierte Cracks. 
Palästinensische Websites mit der Domain .ps tauchen in der 
Defacement-Statistik nicht auf. 
 
 Aus der irreführenden Meldung von Mi2G machte Newsbytes wiederum eine 
neue Meldung [14]Palestinian Sites Knocked Offline By Mideast Conflict 
und verweist auf die palästinenischen Websites wie www.pna.net oder 
www.mopa.gov.ps, die nicht mehr erreichbar sind. Ruft man Adressen wie 
[15]www.pna.net/, eine alternative Website der Autonomiebehörde, auf, 
so wird man seit dem 11.4. auf die Website von 
[16]ElectronicIntifada.net weiter geleitet. 
 
 Der Ausfall der palästinensischen Websites und Server verdankt sich 
allerdings keinem Cyberwar, sondern dem ganz materiellen Einmarsch der 
israelischen Truppen in die Autonomiestädte. Dabei wurden viele 
Zerstörungen angerichtet und auch Stromverbindungen gekappt. Überdies 
hinderten Ausgangssperren die für die Server Verantwortlichen daran, 
die Störungen zu beheben. Auch die meisten der Fernsehsender wurden 
geschlossen oder zerstört ( [17]Palästinenser ohne Medien). 
 
 Links 
 
 [1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/8962/1.html
 [2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4133/1.html
 [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4149/1.html
 [4] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4188/1.html
 [5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/4183/1.html
 [6] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4267/1.html
 [7] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4719/1.html
 [8] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4719/1.html
 [9] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/7499/1.html
 [10] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/7551/1.html
 [11] http://www.mi2g.com/
 [12] 
http://news.bbc.co.uk/hi/english/sci/tech/newsid_1932000/1932750.stm
 [13] http://www.alldas.de/
 [14] http://www.newsbytes.com/news/02/175980.html
 [15] http://www.pna.net/
 [16] http://electronicintifada.net/new.html
 [17] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12238/1.html

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