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[infowar.de] Bush will Super-Ministerium fuer Homeland Security schaffen
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/12686/1.html
Und die Lösung ist: ein neues Ministerium
Florian Rötzer 07.06.2002
Update: Die unter Druck stehende Bush-Regierung will durch die
Schaffung eines neuen Ministeriums für nationale Sicherheit und einem
darin integrierten Super-Geheimdienst Handlungskompetenz demonstrieren
und die schärfer werdende Kritik dämpfen
Die Bush-Regierung scheint mehr und mehr unter Druck im Hinblick auf
das Vorwissen und eine mögliche Verhinderung der Anschläge vom 11.9. zu
stehen ( [1]Hunt the F-15! - Die Hinterachse des Bösen). Gerade finden
die Anhörungen über die möglichen Fehler im Rechtsausschuss des Senats
und in einem gemeinsamen Ausschuss für die Geheimdienste von Kongress
und Senat statt, die große Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Präsident
Bush will mit einem großen Schlag den Blick von den möglichen
Versäumnissen der Regierung ablenken, indem er keine wirkliche Reform,
dafür aber die Schaffung eines neuen Ministeriums für nationale
Sicherheit und eines Geheimdienstes fordert, der über allen anderen
Behörden stehen soll.
Was machen Politiker, wenn sie nicht wirklich etwas ändern können oder
wollen, aber so tun, als würden sie souverän handeln und etwas
voranbringen: Sie schaffen eine neue Behörde und verstärken die
Bürokratie. Offenbar scheut Bush davor zurück, radikal in die vielen
Geheimdienste, Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden einzugreifen,
die es sowieso schon gibt. Möglicherweise könnte, wenn Köpfe rollen,
auch etwas herauskommen, was wirklich vernichtend für die Regierung
wäre. Bislang scheint es so, als habe lediglich der Kommunikationsfluss
in Behörden wie dem FBI und dem CIA und zwischen diesen nicht geklappt.
Bürokratische Hemmnisse also und Konkurrenz zwischen Behörden und
Angestellten. Wie also kann man Entschlossenheit und
Handlungsfreudigkeit bei der Auflösung von bürokratischen Hemmnissen
demonstrieren: Man stellt noch eine Behörde über alle anderen, die alle
mehr oder weniger mit der Bekämpfung des Terrorismus zusammen hängenden
Informationen von möglichst vielen Behörden erhalten, verbinden und
auswerten soll.
Bush, dessen Vater bekanntlich CIA-Chef war, legt großen Wert auf die
Arbeit der Geheimdienste - und will mit der Einrichtung eines neuen
Supergeheimdienstes offenbar auch der aufgekommenen Debatte um Schuld
und Versäumnisse entgehen:
"Auf der Grundlage von allem, was ich gesehen habe, glaube ich
nicht, dass jemand die schrecklichen Ereignisse vom 11. September hätte
verhindern können. Dennoch wissen wir, dass Tausende von ausgebildeten
Killern planen, uns anzugreifen, und dieses schreckliche Wissen lässt
es erforderlich werden, anders zu handeln."
Mit großen Worten hat Bush das für den Krieg gegen den Terrorismus
angeblich notwendige Ministerium angekündigt. Es sei die größte
Reorganisation der Regierung seit einem halben Jahrhundert, als der
damalige Präsident Truman das National Security Coucil einrichtete, um
Militär, Geheimdienste und Politik für den Kalten Krieg an einem Strang
ziehen zu lassen. Bekanntlich sieht Bush durchaus eine Analogie
zwischen dem Kampf gegen den Kommunismus und dem gegen den Terrorismus,
da beide totalitär seien und die Freiheit bedrohen. Das neue
Ministerium soll der "Homeland Security" ein noch größeres Gewicht
geben, also eine Art Ministerium für die innere Sicherheit werden, das
vermutlich anderen Ministerien wie dem Justiz- oder
Verteidigungsministerium in die Quere kommen dürfte. Anscheinend soll
aber auch das bislang dem Weißen Haus unterstellte Office for Homeland
Security, auch einmal als eine Art Integrationsbehörde gedacht,
erhalten bleiben. Von einer besonderen Entscheidungs- und
Durchsetzungsfreudigkeit des Präsidenten an der politischen Heimatfront
zeugt all dies nicht, auch wenn manche Bewunderung dafür hegen, das die
Vorbereitung tatsächlich geheim erfolgen konnte, so dass die
Ankündigung zu einem mediengerechten Überraschungscoup wurde. Ob Tom
Ridge auch dem neuen Ministerium vorstehen soll, das natürlich erst
noch von Senat und Kongress bewilligt werden muss, ist noch nicht
bekannt.
" The changing nature of the threats facing America requires a new
government structure to protect against invisible enemies that can
strike with a wide variety of weapons. Today no one single government
agency has homeland security as its primary mission. In fact,
responsibilities for homeland security are dispersed among more than
100 different government organizations. America needs a single, unified
homeland security structure that will improve protection against
today's threats and be flexible enough to help meet the unknown threats
of the future."
Dem neuen Ministerium sollen Teile von anderen Ministerien und
Bundesbehörden unterstellt werden, die für Grenzüberwachung und
Verkehrssicherheit, Notstandsvorbereitungen oder Gegenmaßnahmen gegen
chemische, biologische und nukleare Angriffe zuständig sind. Eine Art
Super- oder Geheimdienstabteilung soll schließlich für den Schutz der
Infrastruktur sorgen und alle Informationen vom FBI, CIA und von
anderen Geheimdiensten und Polizeibehörden sammeln, verbinden,
auswerten und, wenn nötig, in Aktion umsetzen. Zwar sind die Grenzen
zwischen geheimdienstlicher Tätigkeit im In- und Ausland sowieso schon
aufgeweicht worden, der neue Geheimdienst soll nun aber diese
Unterscheidung offenbar ganz aufheben. Seltsamer- oder auffälligerweise
will Bush nichts beim FBI und CIA verändern, fordert nur dazu auf, dass
sie Reformen einleiten sollen, und wunderbarerweise soll alles auch
kostenneutral sein, da nur einige Aufgaben innerhalb der Regierung
anders verteilt würden, ohne die Bürokratie zu verstärken. Auch neues
Personal müsste nicht eingestellt werden.
Dafür aber sagte FBI-Chef Robert S. Mueller III bei der Anhörung heute
vor dem Senatsausschuss, dass man mehr Geld, Technik und Personal
benötige, um der drängenden Aufgabe der Terrorismusprävention gerecht
werden zu können. Erst vor wenigen Tagen hatte er eine große
Reorganisation des FBI angekündigt. Die Behörde soll stärker auf
Terrorismusbekämpfung ausgerichtet werden, bessere Technologien
erhalten und 900 neue Agenten einstellen ( [2]Für den Antiterrorkampf
erhält das FBI mehr Geld, mehr Technik und mehr Rechte).
Und in einem [3]Gespräch mit der Washington Post, das passenderweise
auch heute veröffentlicht wurde, erklärte er, warum das dringend
notwendig sei. Dieses Mal sei das FBI nämlich bereits auf der Spur
potenzieller Terroristen: "Unser größtes Problem ist, dass wir Menschen
kennen, von denen wir denken, dass es sich um Terroristen handelt. Sie
unterstützen al-Qaida. Sie können sich dem Dschihad verschworen haben,
sie können sich legitim in den USA aufhalten und sie haben kein
Verbrechen begangen." Das würde zwar exakt der Maßnahme widersprechen,
die Justizminister Ashcroft realisieren will: schärfere Ein- und
Ausreisekontrollen für Menschen aus bestimmten Ländern, deren
Fingerabdrücke mit einer Datenbank von Verdächtigen oder Gesuchten
abgeglichen werden, um die Einreise von potenziellen Terroristen zu
verhindern ( [4]Festung USA: Arabische Ausländer im Visier). Ist aber
auch egal, schließlich will jede Behörde aus Überlebensgründen durch
Aktivität auffallen, ihre Legitimität beweisen und mehr Geld erhalten.
Bush setzte in seiner Fernsehansprache, die er medienstrategisch
geschickt über die Ankündigung des Ministeriums erreicht hat, erst
einmal wieder auf die Erfolge der Regierung im schicksalhaften Kampf
gegen den Terrorismus: "Amerika führt die zivilisierte Welt in einem
titanischen Kampf gegen den Terror. Freiheit und Angst führen Krieg
gegeneinander. Und die Freiheit gewinnt." Bush führt an, dass weltweit
60.000 US-Soldaten den Kampf gegen den Terrorismus in vielen Ländern
führen. Die "starke" Allianz aus 90 Nationen habe bereits 2.400
Gefangene gemacht. Als besonderen Erfolg wertete Bush die Gefangennahme
von Abu Subaydah, dem Operationsleiter der al-Qaida, schließlich sind
die bekannten Anführer, vor allem natürlich Usama bin Ladin, noch immer
nicht gefasst.
Aus allen Aktivitäten würden neue Informationen über mögliche Gefahren
entstehen, die dann zu Warnungen führen können. Das sei eine neue
Realität, doch Bush versichert, dass die Amerikaner ihrem Alltag
nachgehen sollen, auch wenn sie nach der Devise des Kalten Kriegs "Der
Feind hört mit!" wachsam bleiben müssten. Die Spione von einst sind die
Schläfer von heute. Die Bürger sollen sich vor allem auf die Experten,
auf die Soldaten, Sicherheitskräfte und Geheimdienstmitarbeiter - und
damit auf den Staat und das neue Ministerium verlassen.
Ob es der Bush-Regierung gelingt, mit einem solchen ziellos wirkenden
Aktivismus und mit immer wieder gestreuten Warnungen vor neuen
Anschlägen, die bislang nicht eingetreten sind, die Bürger von der ganz
auf den Kampf gegen den Terrorismus und der durch Sicherheit und Krieg
geprägten Politik zu überzeugen und die stärker werdende Kritik zu
dämpfen, darf bezweifelt werden ( [5]Amerika wird das Böse bei seinem
Namen nennen).
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wtc/12646/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12638/1.html
[3] http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A2572-2002Jun5.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12681/1.html
[5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12659/1.html
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