Suche innerhalb des Archivs / Search the Archive All words Any words

[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[infowar.de] TELEPOLIS zum neuen US-Propagandabüro



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------

http://www.telepolis.de/deutsch/special/auf/13007/1.html 

Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro
 
 Florian Rötzer   30.07.2002 
 
 Offenbar ist US-Präsident Bush mit der Arbeit der Werbeexpertin 
Charlotte Beers im Außenministerium unzufrieden und will nun mit einem 
eigenen Büro für angemessene Selbstdarstellung im Ausland sorgen 
 
 Schon zum Auftakt des Krieges in Afghanistan hatte US-Außenminister 
Colin Powell am 1. Oktober 2001 die Werbeexpertin Charlotte Beers zur 
neuen [1]Undersecretary of State for Public Diplomacy ernannt. Ihre 
Aufgabe sollte sein, das negative Image der USA vornehmlich in den 
arabischen Ländern aufzumöbeln, aus den USA ein attraktives "brand" zu 
machen, die amerikanischen Werte zu "kommunizieren" ( [2]Zur Aufrüstung 
der Wahrheit). Zuallererst war Beers angetreten, um gegen den 
Fernsehsender al-Jazeera anzutreten und überhaupt den Krieg gegen den 
internationalen, in erster Linie arabischen Terrorismus besser zu 
verkaufen. Jetzt will das Weiße Haus für die Schaffung eines positiven 
Bildes ein "Office of Global Communications" einrichten. Offenbar ist 
man mit der Arbeit im Außenministerium nicht zufrieden. 
 
 Als Colin Powell Beers ernannte, erklärte er: "Ich wollte einen der 
größten Werbeexperten, weil wir das machen? Wir verkaufen etwas. Wir 
verkaufen ein Produkt. Und Beers [3]erläuterte kurz nach dem Beginn 
ihrer Arbeit: "Eine meiner Prioritäten wird es sein, die Worte und 
Bilder zu finden, durch die die Menschen auf der ganzen Welt verstehen 
werden, dass die Usama bin Ladins dieser Welt nicht aus religiösem 
Antrieb heraus handeln, dass die Terroristen keine Märtyrer oder Helden 
sind, sondern Verbrecher und Feiglinge." 
 
 Sehr effektiv scheint die Arbeit von Beers bislang nicht gewesen zu 
sein. Aber es ist auch schwer, die USA als eine offene, freundliche und 
friedliche Gesellschaft darzustellen, wenn die US-Politik vornehmlich 
auf militärische Aktionen, Kriegsdrohungen, Stützung von 
undemokratischen arabischen Regierungen und vor allem einer 
zweifelhaften Rolle im Nahen Osten setzt, die einseitig hinter Israel 
steht. 
 
 Beers ließ die Broschüre "Network of Terrorism" über den 11.9. und die 
Rolle bin Ladins anfertigen und in den arabischen Ländern verteilen, 
weil Texte nicht genügen, sondern Bilder zur Übermittlung der Botschaft 
notwendig sind. Werbung wurde in Zeitungen und Fernsehsendern 
geschaltet. Sie stellte den früheren Botschafter Christopher Ross ein, 
der fließend arabisch spricht, um in arabischen Medien aufzutreten. Es 
wurden verstärkt Journalisten in die USA eingeladen und eine 
[4]Ausstellung mit Fotografien von Ground Zero von Joel Meyerowitz um 
die Welt geschickt. Zudem werden Texte und Filme über das Leben 
arabischer Menschen in den USA produziert. Diplomaten lässt Beers mit 
Werbetechniken schulen. 
 
 Im März 2002 nahm [5]Radio Sawa von Voice of America seine Arbeit auf, 
um vornehmlich junge arabische Menschen über viel Musik auch 
amerikafreundliche Informationen und Nachrichten zu vermitteln. Seit 
Juni geschieht dies auch über Streaming Audio im Internet. Mit 
Befragungen werden die Präferenzen der jungen arabischen Menschen 
erfasst, um daraus die Musik zusammen zu stellen. Und gegen al-Jazeera 
will sie noch immer einen amerikanischen Fernsehsender für den 
Mittleren Osten aufbauen. 
 
 Das neue Propagandabüro ist offenbar, wie Washington Post 
[6]berichtet, von Karen Hughes angeregt worden, die bis vor kurzem als 
Beraterin des Präsidenten in Sachen öffentlicher Auftritt des Weißen 
Hauses gearbeitet hat. Möglicherweise sind die zunehmenden Differenzen 
zwischen US-Präsident Bush und seinem Außenminister ein Grund, im 
Weißen Haus ein eigenes Büro einzurichten. Wer es leiten soll, ist noch 
nicht bekannt. Allerdings soll ein Regierungsangehöriger gesagt haben, 
dass das neue Propagandabüro die Arbeit des Außenministeriums nicht 
ersetzen soll, sondern dieser nur einen "thematischen und strategischen 
Wert" hinzufügen will, also vermutlich stärker auf die Politik von Bush 
konzentriert sein dürfte. Was Amerika der Welt sagen will, müsse 
nämlich von der "Spitze". Und das ist dann wohl auch als eine Spitze 
gegen Powell und seine Mitarbeiterin Beers gerichtet. 
 
 Allerdings ist Beers noch nicht ausgebootet. Erst letzte Woche hat das 
Repräsentantenhaus ein Gesetz des republikanische Kongressabgeordneten 
und Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik Henry Hyde 
verabschiedet, dass dem Außenministerium für Propagandaarbeit Hunderte 
von Millionen US-Dollar in Aussicht stellt. Damit würden die Position 
Beers' gestärkt, der geplante Fernsehsender ermöglicht und 
Journalisten-, Austausch- und Sprachprogramme ausgebaut. Im 
[7]Gesetzestext wird begründet, warum das Geld dringend benötigt wird: 
 
    " (1) Surveys indicate that, in countries of predominantly Muslim 
population, opinions of the United States and American foreign policy 
among the general public and select audiences are significantly 
distorted by highly negative and hostile beliefs and images and that 
many of these beliefs and images are the result of misinformation and 
propaganda by individuals and organizations hostile to the United 
States. 
 
 (2) These negative opinions and images are highly prejudicial to the 
interests of the United States and to its foreign policy. 
 
 (3) As part of a broad and long-term effort to enhance a positive 
image of the United States in the Muslim world, a key element should be 
the establishment of programs to promote a greater familiarity with 
American society and values among the general public and select 
audiences in countries of predominantly Muslim population."       
 
 Charlotte Beers hat allerdings noch weitergehende Pläne. So will sie 
die sogenannten "American Rooms", die zu Beginn der 90er Jahre in 
russischen Bibliotheken angelegt wurden, für den arabischen Sprachraum 
modernisieren. In Universitäten und anderen öffentlichen Orten sollen 
Medienzentren eingerichtet werden, um den Menschen die USA näher zu 
bringen: "Wir schaffen unseren American Room, der virtuelle Realität 
einsetzen wird, um die amerikanische Kultur auf einer Wand, mit 
Datenbanken verbundene Computer und eine Straße in einer typischen 
amerikanischen Stadt auf der anderen Wand darzustellen. Schließlich 
werden wir die Zuschauer mit ihnen ähnlichen US-Bürger verbinden. ... 
Wir hoffen, dass sie als Katalysatoren für einen offeneren Dialog 
wirken werden." 
 
 Und natürlich hat Beers auch schöne Geschichten von der erfolgreichen 
Arbeit zu [8]berichten. So habe man etwa eine Journalistin und Autorin 
aus Saudi-Arabien eingeladen, die vor einer Reise in die USA gewarnt 
worden sei und dann gesagte hatte, als sie zurückgekehrt war: 
 
    "Jeder sagt, dass die Menschen im Westen schlecht und gemein sind, 
aber das stimmt nicht. Die Leute erzählen eine ganze Reihe von Lügen 
über den Westen. Die Menschen, die ich getroffen habe, sind nett, sie 
sind freundlich, sie lächeln. Niemand starrt einen an oder verfolgt 
einen. Sie verschwenden kein Geld. Sie lassen keine Lebensmittel 
herumliegen. Sie achten Grenzen. Ihre Gewohnheiten sind schön. In 
Amerika arbeiten Männer und Frauen zusammen, um ihr Leben zu 
verbessern."       
 
 Solche "Bekehrungen" könne man durch den Ausbau der Austauschprogramme 
vermehren. Am wichtigsten aber sei es, der arabischen Jugend eine 
bessere Ausbildung zu ermöglichen. Ganz aufklärerisch meint sie, dass 
ein "Zugang zur Wissenschaft, zur Technologie, zu Büchern" die 
Jugendlichen von fanatischen Interpretationen des Islam abhalte und so 
offener werden. Das sei, so sagte Beers in ihrer Rede vor dem 
Kongressausschuss für Außenpolitik, indirekt über ein Zitat besser als 
militärisches Vorgehen. Aber möglicherweise hört man das im Weißen Haus 
nicht so gerne. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.state.gov/press/
 [2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/auf/11099/1.html
 [3] http://www.house.gov/international_relations/beer1010.htm
 [4] http://www.911exhibit.state.gov/
 [5] http://www.radiosawa.com
 [6] http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A18822-2002Jul29.html
 [7] http://thomas.loc.gov/cgi-bin/query/D?c107:1:./temp/~c107qjabyA::
 [8] http://www.state.gov/r/us/12170.htm

---------------------------------------------------------------
Liste verlassen: 
Mail an infowar -
 de-request -!
- infopeace -
 de mit "unsubscribe" im Text.