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[infowar.de] TELEPOLIS: Hacker, einsame Helden und Terroristenfa...
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von Ralf Bendrath <bendrath -!
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Der Spiegel war auch mal besser... Warum fragen die bei solchen
Geschichten nicht ihre Online-Redakteure? Die gehen mit sowas viel
kritischer und kenntnisreicher um.
RB
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Hacker, einsame Helden und Terroristenfallen
Florian Rötzer 15.08.2002
Über die krause Spiegel-Story "US-Hacker kapert al-Qaida-Webseite"
Dramatisch beginnt ein mehr oder weniger von [1]Wired abgeschriebener
[2]Artikel im Spiegel: "Der Mann ist Amerikaner. Der Mann ist Hacker -
und zurzeit ist er so etwas wie ein Kriegsheld. Doch anders als
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und seine rauen Jungs, die in
Afghanistan die Waffen klirren lassen, führte Jon Messner den Angriff
von seinem Schreibtisch aus. Sein Ziel: alneda.com, der
Internet-Treffpunkt von Osama Bin Ladens Terrorkämpfern." Man muss
nicht jede reißerisch und nicht recherchierte Story kritisieren, doch
diese vom Hackerhelden ist vielleicht doch nicht ganz so uninteressant
für die Berichterstattung über das Internet.
Der Mann, Jon Messner alias Jon David, ist eine Art Pionier, nämlich
im Porno-Geschäft. Als Hacker ist er bislang allerdings kaum
aufgetreten, auch wenn er Erfolg mit seiner "Hausfrauen"-Website und
anderen Dingen auf seinen nassen Domains thewetlands.com and
thewetlandsinc.com hat. CNN erklärte er: " "I created the amateur
housewife-next-door genre. I bought a digital camera and convinced my
wife to get naked for the Internet."
Diese Verbindung von Patriotismus, Internet und Porno scheint für die
amerikanischen Medien im Vordergrund gestanden zu haben, beim Spiegel
scheint man, um das Heldenhaft des Hackers besser herauszustreichen,
diesen Aspekt lieber beiseite gelassen zu haben - wahrscheinlich aber
auch nur, weil das im Wired-Artikel. nicht erwähnt war, während man
dies ansonsten überall hätte lesen können, beispielsweise unter dem
Titel: [3]Pornographer says he hacked al Qaeda.
Gehackt hat der Porno-Unternehmer und selbsternannte Terroristenjäger
allerdings nicht sehr viel. Schon bevor er die angebliche
al-Qaida-Website [4]www.alneda.com/ nach deren Schließung registrieren
konnte, hatte er mehrere andere Domains wie [5]www.nukeafghanistan.com,
[6]www.al-neda.com [7]www.anthraxdisease.com, [8]www.al-qaeda.com
registrieren lassen, die alle zur Website [9]www.itshappening.com
führten. Die wiederum war anfangs verbunden mit Bannerwerbung und
neuerdings mit einer Popup-Seite, auf der natürlich auch für Porno
geworben wird. Ein ziemlich durchsichtiger Versuch also des
Terroristenjägers, über die Domainnamen und Suchbegriffe, die etwas mit
dem 11.9. zu tun haben, Besucher anzulocken. Neben ein paar
diesbezüglichen Nachrichten gab und gibt es hier lediglich ein paar
ziemlich unbedeutsame Foren.
Messner hatte sich im Juli dann an John Young gewandt, der die Website
[10]Cryptome:.cryptome.org betreibt und eine Kopie der im Juni
geschlossenen alneda.com mit 70 MB erhalten hatte. Porno-Messer schrieb
an Young, dass er mit der "Unterstützung der Bundesbehörden" die
Website al-neda.com eröffnet habe, um al-Qaida-Anhänger zu täuschen,
die meinen, sie hätten hier die wirkliche alneda.com-Site vor sich.
Offenbar hatte sich da Messner schon mit falschen Federn geschmückt,
aber auch das Porno-Geschäft besteht ja auch viel aus der Erzeugung von
Illusion. Ob nun mit oder ohne FBI, itshappening.com hätte wohl nur die
dümmsten al-Qaida-Leute in Zweifel geraten lassen. Um eine bessere
Falle aufzustellen. bat der vom Spiegel als US-Hacker bezeichnete, der
"die Website der Terrororganisation al-Qaida geentert" hat, ihm doch
die gesamte Kopie zuzusenden. Er fragte überdies, ob nicht Young ihm
die neueste Mirror-Site von alneda.com nennen könne.
"In der Sekunde, als die Malaysier die Domain aus dem Register
nahmen, klinkte er sich unter seinem Decknamen Snapback ein. Messner
war damit im Besitz der Seite - und machte sich sofort daran, die Falle
für die al-Qaida-Terroristen zu bauen. Er ließ eine Kopie der
Original-Webseite unter einer neuen Domain registrieren und
installierte ein unauffälliges Spionageprogramm. Jetzt konnte Messner
den gesamten Datenverkehr der Terroristen sogar weit über alneda.com
hinaus abhören."
Nachdem also die Registrierung des Domainnamens rückgängig gemacht
wurden, ließ Messner diesen am 16. Juli auf sich bzw. auf
thewetlandsinc.com eintragen. Die gezippten Files, die Messner von
Young erhalten hat, wurden von diesem also wieder auf die Website
gestellt: "IF you GO www.alneda.com and look at the code you will also
see that it is the VERY version I got from YOU excepting for the
trackers which I added", [11]schrieb er am 23. Juli an Young. Wie man
den Datenverkehr mit einem CGI-Script, also dem "unauffälligen
Spionageprogramm", "weit über alneda.com abhören" kann, bleibt
sicherlich ein Geheimnis des Spiegels. Damit lässt sich die IP-Adresse
des Besuchers festellen, also meist auch, woher dieser kommt. Also
konnte der patriotische Porno-Hacker durchaus feststellen, dass manche
Besucher aus arabischen Ländern, angeblich vor allem aus Saudi-Arabien
stammten. Das riecht bereits nach Terroristen.
Jetzt wollte Messner aber doch ganz groß herauskommen und wandte sich
an das FBI, um die Terroristenfalle besser aufzustellen. Er selbst kann
nicht arabisch, konnte sich die arabischen Einträge nur mit einer
Übersetzungsmaschine zu Gemüte führen. Doch beim FBI war man von diesem
Hobby-Detektiv offenbar nicht ganz überzeugt. Zumindest war man dort zu
langsam, denn nach 5 Tagen hatte man bereits entdeckt, wie in einem
Forum von [12]www.jihadunspun.net am 20. Juli auf englisch
[13]mitgeteilt wurde, dass alneda.com nun einen anderen Besitzer hatte
und womöglich von US-Behörden kontrolliert werde. Dass einige Links auf
Porno-Seiten umgelenkt werden, hatte man dabei auch bemerkt.
Besonders erfolgreich also war der Hacker-Porno-Terroristenjäger
nicht. Das hindert freilich den Spiegel nicht, die Heldenstory auch zu
einem guten, fast schon Hollywood-reifen Ende zu führen:
"Einen letzten Triumph gönnte sich der Hacker aber dennoch. Wie ein
Soldat, der seine Flagge an einem symbolträchtigen Ort weithin sichtbar
hisst, um die Demütigung des geschlagenen Feindes besonders deutlich zu
machen, setzt er kurzerhand das amerikanische Wappentier, den
Weißkopfadler, auf die gehackte Web-Site: "Hacked, tracked and now
owned by the USA", prangt in schwarzen Lettern darüber - damit auch
jeder al-Qaida-Terrorist davon erfährt."
Ist Messner dem Spiegel der heroische Soldat, so CNN der Patriot, der
trotz seines Gewerbes am 11.9. seine Berufung erfahren hat:
"The adversaries retaliated with digital attempts to crash his
Web-based business, he said. But Messner didn't mind. September 11
changed him. His Porsche and its "WIVES" vanity plates memorializing
his success in adult entertainment are, he believes, a testament that
he and his family are living the American dream. And, in his own way,
Messner said, he is fighting an American war."
Was Messner allerdings erreicht hat, ist mediale Aufmerksamkeit bis
zur Verklärung. Und dass er nun nicht nur den amerikanischen Traum
verkörpert, sondern auch mit seinen Websites, die direkt Porno anbieten
oder indirekt Porno-Werbung enthalten, den amerikanischen Krieg gegen
den Terror kämpft, stimmt immerhin versöhnlich. Denn das zeigt, dass
nicht nur ein Tellerwäscher, sondern auch ein billiger Porno-Anbieter
zum nationalen (und, siehe Spiegel, internationalen) Helden aufsteigen
kann, auch wenn er den Platz hinter seiner Tastatur nicht verlässt,
dafür aber ein Gespür dafür hat, womit sich Aufmerksamkeit erzielen
lässt.
Links
[1] http://www.wired.com/news/print/0,1294,54455,00.html
[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,209485,00.html
[3] http://www.cnn.com/2002/US/08/08/porn.patriot/index.html
[4] http://www.alneda.com/
[5] http://www.nukeafghanistan.com
[6] http://www.al-neda.com
[7] http://www.anthraxdisease.com
[8] http://www.al-qaeda.com
[9] http://www.itshappening.com
[10] http://Cryptome:.cryptome.org
[11] http://cryptome.org/alneda-wet.htm
[12] http://www.jihadunspun.net
[13]
http://www.jihadunspun.net/index-side_internal.php?article=18104list=/ho
me.php&
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/auf/13099/1.html
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