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[infowar.de] TELEPOLIS zum "Total Awareness Information" System des Pentagon
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/13647/1.html
Weltweites Schnüffelsystem
Florian Rötzer 21.11.2002
Nur ein "experimenteller Prototyp": Das Pentagon versucht die
Öffentlichkeit über das geplante Überwachungssystem "Total Awareness
Information" zu beruhigen
Auch der Senat hat dem Homeland Security Act mit großer Mehrheit
zugestimmt. Mindestens ein Jahr wird es dauern, bis das
Superministerium zusammengebaut worden ist ( [1]Big Brother Staat
USA?). Inzwischen wachsen die Sorgen, dass die Überwachung der
US-Bürger - die der Ausländer bleibt außen vor - mit den neuen
Befugnissen zu weit gehen könnte. Schließlich soll das System der
Prävention dienen, weswegen Alle erst einmal verdächtig sind und
überprüft werden müssen. Noch einmal bestätigt hat nun das
Verteidigungsministerium das Projekt, alle verfügbaren Daten über
Menschen im In- und Ausland in einer gewaltigen Datenbank zu sammeln
und mit mächtigen Data-Mining-Programmen nach verdächtigen Mustern zu
durchsuchen.
Schon der Name lässt aufhorchen und verspricht wie das Logo wahrhafte
Big-Brother-Qualitäten: "Total Information Awarness" (TIA) heißt das
Entwicklungsprojekt, das bei der DARPA, der Forschungsabteilung des
Pentagon, angesiedelt ist. Geleitet wird es vom ehemaligen Admiral John
Poindexter, der wegen Beteiligung am Iran-Contra-Skandal das Militär
verlassen musste, aber jetzt im Zeichen des Kampfes gegen den
Terrorismus trotz seiner Vergangenheit wieder gebraucht wird und zu
Ehren kommt ( [2]Totale Überwachung).
Verteidigungsminister Rumsfeld hatte schon einmal, möglicherweise an
den Sturm der Empörung denkend, der zum Einstampfen der geplanten
Propagandaabteilung des Pentagon führte, die Wogen der Erregung zu
[3]beruhigen versucht, nachdem die schon seit Frühjahr ( [4]Das Orakel
der DARPA) geschmiedeten Pläne des Mega-Schnüffelsystems einer größeren
Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Man solle doch einmal tief
durchatmen. Er wisse zwar selbst nicht viel über das Programm, aber sei
ja doch vorerst nur ein Experiment, das Kapazitäten zur Analyse von
Informationen im Kampf gegen den Terror entwickeln soll. Das Pentagon
stecke auch nur eine relativ kleine Summe hinein und müsse abwarten,
was dabei herauskomme. Das sei mit dem Internet vergleichbar, das auch
von der DARPA erfunden worden sei: "Als diese Arbeit begann, hatten die
Menschen, die sie ausführten, keine Vorstellung davon, dass das, was
daraus entstehen würde, zu dem werden sollte, was wir heute als
Internet bezeichnen." Das muss nicht unbedingt beruhigen. Die
"aufgeheizte und alarmierte" Darstellung durch die Medien sei kein
guter Dienst.
Offenbar hat diese Beruhigung und Medienkritik ihr Ziel nicht
erreicht. Daher wurde gestern gleich noch eine [5]Pressekonferenz
nachgeschoben, um zu demonstrieren, dass doch alles in Ordnung ist. Man
müsse Terroristen fangen, bevor sie ihre Taten begehen, Um diese
Prävention zu erreichen, müsse man, wie Edward Aldridge, Staatssekretär
im Pentagon, eben große Datenmengen nach Hinweisen durchsuchen.
Das ist eine Art der Beziehung zwischen Signal und Rauschen. Was
machen sie bei all dem, was in der Welt geschieht? Wir haben uns
entschieden, dass neue Kapazitäten und neue Technologien nötig sind, um
diese Aufgabe zu erfüllen. Daher haben wir in der DARPA ein Projekt
angesiedelt, das einen experimentellen Prototyp entwickeln soll - mit
der Betonung auf experimentellen Prototyp -, den wir Total Information
Awareness System nennen. Der Zweck von TIA besteht darin, die
Realisierbarkeit der Durchsuchung von gewaltigen Datenmengen zu prüfen,
um Verbindungen und Muster zu erkennen, die auf terroristische
Aktivitäten hinweisen.
Das System bestehe aus drei Teilen. Erstens sollen Programme
entwickeln werden, die eine schnelle Übersetzung gewährleisten.
Zweitens geht es um die "Entdeckung der Verbindungen zwischen
Transaktionen wie Pässe, Visas, Arbeitsgenehmigungen, Führerscheine,
Kereditkarten, Flugtickets, Mietautos, Waffenkäufe, Erwerb von
Chemikalien - und Ereignissen wie Festnahmen, verdächtige Tätigkeiten
usw." Und drittens geht es um die Entwicklung von Systemen zur
Entscheidungsfindung, die eine Kooperation verschiedener Behörden
ermöglichen.
Zum Testen werde man nur fabrizierte Daten nehmen, die realen
gleichen. Zumindest werde man keine "detaillierten Informationen"
verwenden, was das immer heißen soll. Und natürlich werde der Schutz
der persönlichen Daten beachtet, weswegen man das System auch so
auslege, dass "eine vollständige Anonymität unbeteiligter Bürger"
gewährleistet sei. Die gesammelten Informationen würden "denselben
legalen Vorschriften unterworfen, die gegenwärtig für die anderen
Strafverfolgsmaßnahmen in Kraft sind". DARPA werde keine
Polizeibehörde, sondern entwickle nur das System, das dann den
Polizeibehörden oder Geheimdiensten übergeben werde. Aber irgendwie
wurde es dann mit der Unterscheidung zwischen realen und fabrizierten
Daten fast philosophisch:
Aldridge: There's some real data that we use, but it's normal data
that's available legally. The privacy issues, those will be fabricated
stuff.
Q: Okay. That's what I didn't understand. Can you help us understand
what is the fabricated data, what is the real data, and what are the
privacy issues if you're using fabricated data?
Aldridge: There are no privacy issues. We will not use any data that
affects -- that will have any relationship at all to privacy issues.
Most of the data is synthetic. It's generated just to exercise the
analysis. The real data will have to come from the agencies themselves
once they have the tool.
Q: Can you give us some examples --
Aldridge: There will be no privacy issues. This will be all data that
will be available in the open and fabricated, to use. There is nothing
dealing with individuals at all in this particular exercise, in this
feasibility study. It's all generated data for the purpose of the
exercise.
Q: So what kind of real data are you using that you just mentioned?
Aldridge: I will have to find -- I don't know the answer to that
question, exactly what kind of data. I'm not into the details of the
thing. But I don't think there is a problem with it at all.
Natürlich kam während der Pressekonferenz auch die Frage auf, warum
ausgerechnet eine politisch so zwielichtige Person wie Poindexter die
Leitung für ein derartig heikles Programm erhalten habe. Der Sprecher
des Weißen Hauses hatte Poindexter schon in Schutz genommen und gesagt,
Präsident Bush habe ihn wegen seiner Verdienste fürs Land berufen
(welche er damit meinte, sagte er freilich nicht). Aldridge entgegnete,
Poindexter sei gewählt worden, weil er so begeistert von dem Projekt
sei - und dieses auch nach dem 11.9. dem Pentagon vorgeschlagen habe.
Sicherlich nicht uneigennützig, was Aldridge aber nicht mitteilte, weil
Poindexter nach seiner Entlassung beim Militär ein Unternehmen leitete,
das vom Pentagon Forschungsaufträge erhielt und just ähnliche
Data-Mining-Programme wie Genoa entwickelt hat.
Aldridge stritt allerdings ab, dass das Projekt mit 200 Millionen
Dollar gefördert werde, wie dies in den Medien behauptet wurde, es
seien lediglich 10 Millionen Dollar für das Haushaltsjahr 2003. Wieviel
Geld die nächsten Jahre zur weiteren Entwicklung aufgewendet würden,
könne er noch nicht sagen.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/13613/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/13580/1.html
[3] http://www.defenselink.mil/news/Nov2002/n11182002_200211181.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/auf/13074/1.html
[5] http://www.defenselink.mil/news/Nov2002/n11202002_2002112013.html
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