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[infowar.de] Spiegel Online: Medien sollen Bush als Feldherrn feiern



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http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,228517,00.html 
SPIEGEL ONLINE - 27. Dezember 2002, 13:14

Irak-Krieg
 
Medien sollen Bush als Feldherrn feiern

Für den Fall eines Krieges gegen den Irak will die amerikanische
Regierung offenbar ihre Strategie gegenüber den Medien ändern. Seit dem
Vietnam-Krieg hielten die USA die Journalisten auf Abstand, nun sollen
sie offenbar direkt vom Schlachtfeld berichten dürfen, um den Ruhm von
Präsident Bush als Kriegsherrn zu mehren. 

Hamburg - Der Golfkrieg 1991 sah für den Fernsehzuschauer eher aus wie
ein veraltetes Videospiel als wie ein wahrhaftiger Krieg: Grünstichige
Nachtaufnahmen, auf denen nichts zu erkennen war, sollten beweisen wie
Raketen auf irakische Städte fielen. Damals war die Presse weit entfernt
von allen Kampfhandlungen - das könnte sich beim nächsten Krieg ändern.
Heute heißt es laut einem Bericht der "Financial Times" beim
amerikanischen Militär, es werde eine dezentralisierte Kontrolle der
Presse bevorzugt, die den Journalisten mehr Zugang zu den
Schlachtfeldern erlaube. 

"Wir haben sehr hart gearbeitet und stehen nun voll hinter der
Überzeugung, die Presse umfassend zu informieren und mit einzubeziehen,"
sagte Bryan G. Whitman vom Verteidigungsministerium kürzlich bei einem
Briefing von Korrespondenten in Washington. "Die Führung dieses
Ministeriums will Ihnen versichern, dass Sie und Ihre Reporter Zugang zu
unseren Truppen im Feld haben werden, falls es eine militärische
Operation geben sollte." 

Das Weiße Haus steht offenbar voll hinter dem Konzept. Die amerikanische
Regierung ist laut dem Zeitungsbericht sehr daran interessiert,
amerikanische TV-Sender direkt vom Schlachtfeld über den erhofften
leichten Sieg berichten zu lassen, um so einen Popularitäts-Schub für
Präsident Bush und sein Kabinett zu erreichen. 

Mut, Einsatz und Opfer 

Ende November hatte Bush einen seiner Top-PR-Spezialisten zum zentralen
Militärkommando entsandt, wo er General Tommy Franks, Oberbefehlshaber
in der Golfregion, unterstellt ist. Und obwohl einige Militärs noch
immer die kritische Presse im Vietnamkrieg im Hinterkopf haben,
unterstützen viele inzwischen eine größere Offenheit. Für Colonel Rick
Thomas, Chef der US-Militär-Öffentlichkeitsarbeit in Kuweit, liegt der
Vorteil auf der Hand: "Ich habe eine tiefe Verpflichtung, die
Familienangehörigen zu informieren," sagte er der "Financial Times".
"Ich denke, dass Mütter und Väter durch die Augen, Worte und Bilder von
Journalisten den Mut, den Einsatz und die Opfer ihrer Söhne und Töchter
verstehen werden." 

Schon während des Kuweit-Manövers "Desert Spring" konnten Gruppen von
Journalisten mit Kampfeinheiten an Übungen teilnehmen. So sollten sich
die Reporter an das militärische Leben gewöhnen und die Soldaten an die
Zivilisten an ihrer Seite. Inzwischen hat allerdings der Tod des
französischen TV-Journalisten Patrick Bourrat, der voriges Wochenende
durch einen Panzer ums Leben kam, allen Beteiligten die Risiken solcher
Aktionen noch einmal bewusst gemacht. 

Inzwischen sind 60 Journalisten in fünf Tage dauernden Kursen in den USA
in die Grundlagen eingeführt worden. Sie haben gelernt, sich vor
chemischen und  biologischen Waffen zu schützen oder erste Hilfe auf dem
Schlachtfeld zu geben. Zwei weitere solcher Ausbildungen sind geplant. 

Die neue Öffentlichkeitsarbeit soll die Mängel im Medienmanagement des
Golfkrieges vor einem Jahrzehnt zu beseitigen. Damals wurden die
Reporter in Gruppen zusammengefasst und erhielten häppchenweise
Informationen aus dem Zentralkommando - was vielfach als gesteuerte
Propaganda kritisiert wurde. Das Militär zeigt sich
demonstrativ einsichtig und bedauert die Fehler von damals. "Von unserer
Seite gibt es das Gefühl, dass wir "Desert Storm" nicht so dokumentiert
haben, wie wir es hätten tun sollen," sagt Dan Hatlage vom
US-Verteidigungsministerium der "Financial Times". "Wir haben keine
Geschichten über individuellen Heldenmut." 

Doch anders als im Vietnam-Krieg, wo jeder Journalist im Hintergrund
überall dabei sein konnte, soll es im nächsten Krieg doch Grenzen geben.
Militärsprecher machten deutlich, dass sie keine Fotos oder
Filmaufnahmen von Leichen amerikanischer Soldaten dulden wollen. Zudem
gibt es die Sorge, dass Enthüllungsgeschichten die Sicherheit
militärischer Operationen gefährden könnten. Dennoch kündigte Thomas in
dem Zeitungsbericht an, militärische Einheiten würden das Material sie
begleitender Journalisten weder zensieren noch kontrollieren. Man setze
darauf, dass Journalisten die zu einer Einheit dazugehören, dadurch
angespornt werden, besonders vorsichtig mit ihrem Wissen umzugehen - und
im Zweifelsfalle die Soldaten um Rat fragten.

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