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[infowar.de] Reporter ohne Grenzen zum Irak



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Pressemitteilung, 1. April 2003

Irak
Reporter ohne Grenzen über Vorgehen britisch-amerikanischer
Streitkräfte gegenüber Journalisten im Irak äußerst besorgt

Reporter ohne Grenzen wirft den britisch-amerikanischen Streitkräften
vor, die Arbeit und Sicherheit von Journalisten, die vom
Kriegsgeschehen berichten, zu missachten. Die internationale
Organisation zur Verteidigung der Pressefreiheit fordert die
Alliierten auf, eine interne Untersuchung über die Behandlung der
Presse durch Armeeangehörige einzuleiten und ihre Ergebnisse zu
veröffentlichen.

"Journalisten gerieten unter Beschuss, wurden verhaftet, oft über
mehrere Stunden verhört, misshandelt und geschlagen", berichtet
Robert Ménard, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, in Paris.
"Außerdem wurde das Informationsministerium in Bagdad zwei Mal
bombardiert, obwohl allgemein bekannt ist, dass die internationalen
Nachrichtenagenturen dort untergebracht sind", sagt Ménard weiter.

Eine vierköpfige Gruppe unabhängiger Journalisten, Dan Scemama und
Boaz Bismuth aus Israel und Luis Castro und Victor Silva aus Portugal,
beschuldigen die US-amerikanische Militärpolizei, ihnen "die
schlimmsten 48 Stunden ihres Lebens" bereitet zu haben. Die Vier
hielten sich in der Nähe einer US-Militäreinheit zwischen den Städten
Kerbala und Najaf auf, als sie am 25. März aus dem Schlaf gerissen
und festgenommen wurden. Obwohl sie ihre Presseausweise zeigten,
wurden sie bedroht, misshandelt und in einem
Jeep über 36 Stunden lang festgehalten. Sie durften weder ihre
Nachrichtenagenturen noch ihre Familienangehörigen verständigen.

"Die US-Soldaten warfen uns vor, wir seien Terroristen und Spione,
und so behandelten sie uns auch", sagt Scemama, der für den
israelischen Fernsehsender Channel One arbeitet. "Sie wollen allen
Journalisten, die aus dem Irak berichten, einen Verbindungsoffizier
an die Seite stellen, um die Berichterstattung zu kontrollieren. Für
mich besteht kein Zweifel darüber, dass sie uns deshalb so schlecht
behandelt haben", ergänzt er weiter. Die Vier hatten den Eindruck,
dass die US-amerikanische Armee alles daran setzt, die
Bewegungsfreiheit unabhängiger Reporter einzuschränken.
Journalisten aus Kuwait berichteten, auch dort seien Kollegen bedroht
und  über mehrere Stunden verhört worden. Britische und
US-amerikanische Militärs hätten außerdem verhindert, dass
unabhängige Journalisten die Grenze zum Irak passieren konnten.

Das Informationsministerium in Bagdad wurde am 29. und 30. März
bombardiert. Dabei wurde auch die Ausstattung der dort untergebrachten
internationalen Nachrichtenagenturen beschädigt. Die erste Rakete des
Luftangriffs am 29. März zerstörte die Übertragungsvorrichtungen auf
dem Dach des Gebäudes.

Der Kameramann des arabischen Senders Al Dschasira, Akil Abdel Reda,
wurde am 29. März von US-amerikanischen Soldaten über 12 Stunden lang
festgehalten und verhört. Ein Sprecher von Al Dschasira in Katar
meldete, ihr Kameramann sei verhältnismäßig gut behandelt worden. Der
Sender betonte, sie hätten die US-amerikanischen Behörden vor
Kriegsausbruch über ihre Präsenz im Irak informiert. Der Kameramann
war mit seinem Team in einem zivilen Fahrzeug unterwegs, um über die
Lebensmittelvergabe irakischer Behörden in Basra zu berichten, als
britische Panzer das Feuer eröffneten.

Der US-amerikanische Journalist und Freelancer, Phil Smucker, vom
Christian Science Monitor in Boston und Daily Telegraph in London,
wurde von US-Militärs aus dem Irak ausgewiesen mit der Begründung, er
habe durch sein Interview mit dem Sender CNN am 26. März die
Sicherheit einer Militäreinheit gefährdet, weil er zu detaillierte
Informationen veröffentlicht habe.

Vier Journalisten des britischen Senders ITN gerieten am 22. März in
Basra unter Beschuss. Der britische Journalist Terry Lloyd kam bei dem
Feuergefecht ums Leben, von dem französischen Kameramann Frédéric
Nerac und dem libanesischen Übersetzer Hussein Othman fehlt seitdem
jede Spur.
Reporter ohne Grenzen hat US-General Tommy Franks aufgefordert, eine
Untersuchung einzuleiten und den Vorfall aufzuklären.

Aufgrund der Ereignisse ist die Organisation vor allem um die
Sicherheit von Journalisten besorgt, die nicht zu den "eingebetteten"
Reportern zählen.

Außerdem fordert Reporter ohne Grenzen die irakischen Behörden auf,
den Verbleib von vier Journalisten aufzuklären, die seit einer Woche
als vermisst gelten. Nach Aussagen ausländischer Korrespondenten in
Bagdad sollten die Vier abgeschoben werden. Seitdem fehlt jede Spur.

Zwei Reporter der US-amerikanischen Tageszeitung Newsday, der Peruaner
Moises Saman und der Brite Matthew McAllester, wurden zuletzt am 24.
März im Hotel Palestine in Bagdad gesehen. Journalisten vor Ort
berichteten, dass die beiden abgeschoben werden sollten, weil sie mit
einem Touristenvisum eingereist seien. Auch die US-amerikanische
Fotoreporterin und Freelancerin, Molly Bingham, sowie Johann Spanner
von der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten, sollten ausgewiesen
werden.


Aktuelle Meldungen zur Pressefreiheit und zu Bedingungen von
Journalistinnen und Journalisten im Irak sind auf den
Online-Sonderseiten der internationalen Organisation in Englisch und
Französisch abzurufen:
www.rsf.org

Informationen:  Tel: 030-615 85 85
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