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[infowar.de] TELEPOLIS: Galliges Gelb



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Galliges Gelb

Michaela Simon   04.04.2003 

Reaktion der US-Bürger auf die TV-Berichterstattung zum Krieg ist 
überraschend positiv 

Das Pew Research Center for the People & the Press [1] hat einen 
Report [2] zur Reaktion der US-Bürger auf die 
Irakkriegsberichterstattung veröffentlicht. 

42 Prozent der Befragten gaben an, dass die Kriegsberichterstattung sie 
völlige erschöpfe und ermüde ("It tires me out to watch"). Und je 
länger der Krieg andauert, desto trauriger werden die Fernsehzuschauer 
über den gesendeten Berichten. In den ersten Tagen (vom 20.März bis zum 
22.März) übermannte die Traurigkeit 56 Prozent der Zuschauer, in den 
Tagen vom 25. bis zum 27. März waren es bereits 67 Prozent.(Eigentlich 
immer noch ziemlich wenige, wenn man bedenkt, wie traurig die Situation 
ist, aber bei der Umfrage geht es ja streng genommen darum, ob während 
des Fernsehens Traurigkeit entsteht, nicht darum, ob der Krieg an sich 
traurig macht.) Auch die Angst ist mit den Tagen angestiegen: Anfangs 
fanden 45 Prozent der Zuschauer die Kriegssendungen beängstigend, 
mittlerweile sind es schon.58 Prozent. 

Same procedure as last war? 

Interessant ist auch der direkte Vergleich mit dem Krieg von 1990/1991. 
Generell scheint die Öffentlichkeit die TV-Berichterstattung ganz 
ähnlich zu beurteilen wie vor zwölf Jahren. Mit leichtem Abfall 
allerdings: Im März 1991 beurteilten noch 45 Prozent der Befragten die 
Medienarbeit als "exzellent". Wir erinnern uns: In den 
Nachbetrachtungen wurden die blutfreien Bilder und Erzählungen, wie 
etwa die berüchtigte Brutkastenlüge über die schändlichen Taten 
irakischer Soldaten, entlarvt. Vom medial so siegreichen Golfkrieg 1991 
blieb nicht viel mehr übrig als eine "Schlacht der Lügen" (siehe Die 
Mutter aller Aufmerksamkeitsschlachten [3]). Heute sind es "nur" noch 
34 Prozent, die ihren Medien eine Eins mit Stern geben. Das sind 
allerdings immer noch wesentlich mehr als man hätte erwarten können; 
offensichtlich wird auf affirmative Präsenz doch viel Wert gelegt. 
Militärischen Berichten wird - wie schon vor 12 Jahren - jedoch 
deutlich mehr Glauben geschenkt als journalistischen. Gut fanden viele, 
- aber nicht überwältigend viele - der Befragten, nämlich 58 Prozent, 
die Neueinführung des "eingebetteten Journalisten" (vgl. Im Bett mit 
dem Militär [4]). Skepsis den eingebetteten Reportern gegenüber wurde 
u. a. damit begründet, dass sie zu nahe dran seien und eventuell zu 
viel verraten könnten, denn der Feind höre mit. Insgesamt ein 
erstaunliches Ergebnis, denn in den es ist kaum mehr zu leugnen, dass 
es für die Nachrichtenkanäle zunehmend schwierig bis unmöglich geworden 
ist, auch nur einen annähernd klaren Ausschnitt der Ereignisse zu 
vermitteln - wenn sie es denn überhaupt versuchten. Nancy Franklin hat 
im New Yorker ein Bild dieser Konfusionen gezeichnet [5] ("News Under 
Fire"). 

Wir haben Basra gesichert: Nein, einen Moment bitte, nein, haben wir 
nicht. Hunderte von Truppen der Republikanischen Garde steuern den 
Süden von Bagdad an - nein, warten Sie eine Sekunde, es ist wohl gar 
nicht die Republikanische Garde und es sind auch gar nicht so viele. 
Oder doch? Die Streitkräfte werden mit offenen Armen begrüßt. Da! Sie 
winken uns zu! Dranbleiben, dranbleiben - Jetzt schießen sie auf 
uns...... Neue Farben wurden der Kriegs-TV-Palette hinzugefügt. 
Zusätzlich zu dem "nightscope"-Grün, bedeckten nun noch galliges Gelb 
und apokalyptisches Orange unsere Bildschirme und machten es unmöglich, 
zwischen Himmel und Erde zu unterscheiden, außer wenn sich ein 
gespenstischer Panzer oder eine jämmerliche menschliche Gestalt im 
Hintergrund hinter dem jämmerlichen Reporter bewegte. Die Farbe, welche 
von der ersten Woche an fehlte, das war Rot, eigentlich die erste Farbe 
des Krieges.   

Links 

[1] http://people-press.org
[2] http://people-press.org/reports/display.php3?ReportID=178
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/auf/14502/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14493/1.html
[5] http://www.newyorker.com/critics/television/?030407crte_television

Telepolis Artikel-URL: 
http://www.telepolis.de/deutsch/special/irak/14531/1.html 

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