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[infowar.de] computergestützte Konfliktlösungsstrategien
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Endlich mal eine Meldung, die dem "infopeace.de" in der Listenadresse
gerecht wird. Obwohl ich nicht sicher bin, dass mit solchen
Theoriesimulationen in aussenpolitischen Krisen viel anzufangen ist.
Aber schaden wird es wohl auch nicht.
RB
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/14798/1.html
Wege aus der Kommunikationsfalle
Hans-Arthur Marsiske 18.05.2003
Petra Ahrweiler, Sozialwissenschaftlerin am Institut für Politische
Wissenschaft der Universität Hamburg, über computergestützte
Konfliktlösungsstrategien
Petra Ahrweiler [1] betreut in der Arbeitsstelle Medien und Politik des
Instituts für Politische Wissenschaft den Forschungsschwerpunkt
Netzwerkforschung. Seit Jahren beschäftigt sie sich mit Techniken der
Künstlichen Intelligenz und hält auch deren Einsatz in der
Friedensforschung für vielversprechend ( Mit künstlicher Intelligenz
aus der Geschichte lernen [2]). In Deutschland zählt sie damit zu einer
Minderheit. In den USA [3] ist der Einsatz von Simulationstechniken
dagegen schon erheblich verbreiteter.
Frau Ahrweiler, Sie haben auf einer Tagung [4] im vergangenen Jahr
eine Studie zum Thema "Modellierung von Konfliktlösungen in sozialen
Systemen" vorgestellt. Wenn man mithilfe von Computersimulationen
Konflikte friedlich regeln kann, wieso werden solche Systeme dann nicht
in der Politik eingesetzt?
Petra Ahrweiler: Es ist fraglich, ob sie in solchen Fällen wirklich
eine Hilfestellung bieten würden. Wenn Menschen sich streiten, geht es
ja zumeist nicht nur darum, sich zwischen zwei klaren Alternativen A
und B zu entscheiden. Da spielen die Hintergründe der streitenden
Akteure eine Rolle, die mit bestimmen, ob sie sich überhaupt auf eine
gemeinsame Problemstellung einigen können. Häufig treffen völlig
unterschiedliche Weltansichten aufeinander wie jetzt auch im
Irak-Konflikt. Da geht es nicht einfach nur um abweichende Präferenzen,
die ausgezählt werden könnten, sondern darum, inwieweit die
Bedeutungsräume, die da aufeinander prallen, miteinander kompatibel
sind.
Was leistet Ihr System?
Petra Ahrweiler: Bei meinem Modell habe ich versucht, die
verschiedenen Weltbeschreibungen der streitenden Akteure in den
Computer einzuspeisen. Ausgangspunkt waren meine Erfahrungen an einer
interdisziplinär zusammengesetzten Forschungsstätte, die sich mit der
Frage nach der Funktionsweise von Wissenschaft beschäftigt. Gemeinsame,
interdisziplinäre Projekte kamen schwer zustande, weil sich die Leute
ständig in den Haaren lagen und sich über nichts einigen konnten. Die
Diskussionen arteten immer wieder in Grundlagenstreits über das Wesen
von Wissenschaft aus. Mich interessierte daher, ob es überhaupt eine
Möglichkeit gibt, die verschiedenen beteiligten Theorien soweit zu
integrieren, dass zumindest ein gemeinsames Arbeiten möglich ist. Um
das zu prüfen, habe ich einige der konkurrierenden Theorien
formalisiert, sodass sie als Computerprogramm laufen können.
Gerade in den Sozialwissenschaften gibt es aber doch Theorien, die
sich vehement gegen Formalisierungen wehren. Wie machen Sie zum
Beispiel Adorno und die Frankfurter Schule computerkompatibel?
Petra Ahrweiler: Solche Theorien müssten sich dann aber
konsequenterweise auch dagegen wehren, aufgeschrieben zu werden. Der
Anspruch der computerisierten Theorie entspricht letztlich dem eines
Buches. Es ist eine Darstellungsform von Gedanken, die wie Sprache
funktioniert und auch in Computersprachen abgefasst werden kann, die
der Alltagssprache sehr nahe sind. Wenn Sie so ein Programm lesen,
erkennen Sie die Theorie wieder. Sie müssen sich da nicht durch
abstrakte Zahlenkolonnen quälen. Modell und Theorie entsprechen sich
insofern recht gut.
Worin besteht der Vorteil eines solchen Computermodells?
Petra Ahrweiler: Es ist die Abbildung einer von der Theorie
vorgegebenen sprachlichen Struktur, die nun direkt auf die Strukturen
anderer Theorien bezogen werden kann. Die werden im Computer mit Daten
konfrontiert, die eine bestimmte Welt repräsentieren, und müssen ihre
Konzepte und Schlussfolgerungsregeln darauf anwenden.
Das heißt, es sind Softwareagenten, die im Sinne einer bestimmten
Theorien handeln?
Petra Ahrweiler: Diese Agenten können sich auch gegenseitig in ihrem
Tun beobachten und daraus Rückschlüsse ziehen. Ist der andere ähnlich
oder sehr verschieden? Befindet er sich im direkten Widerspruch zu mir?
Eine entgegengesetzte Verwendung von Konzepten führt in die so
genannten Kommunikationsfallen.
Was, bitte, sind Kommunikationsfallen?
Petra Ahrweiler: Eine anschauliche Illustration sind die so
genannten Kipp-Zeichnungen, in denen man zwischen dem Gesicht einer
alten und einer jungen Frau oder zwischen einem Pokal und zwei Köpfen
hin und her wechseln, niemals aber beides zugleich wahrnehmen kann. Es
geht um solche Strukturen, an die zwei völlig unterschiedliche
Perspektiven angelegt werden können, die nicht ineinander überführbar
sind. Solche Kommunikationsfallen gibt es auch im sprachlichen Bereich.
Zum Beispiel ein Glas, das man als halb leer oder halb voll begreifen
kann?
Petra Ahrweiler: Genau. Das sind die potenziellen Konfliktherde,
wenn es darum geht, verschiedene Weltsichten miteinander zu verbinden.
Konnten Sie mit Ihrem System die Gräben zwischen den verschiedenen
Forschungsdisziplinen am Institut überbrücken?
Petra Ahrweiler: Man muss damit sehr vorsichtig umgehen. Es kann ja
nicht darum gehen, Konsens um jeden Preis herzustellen. Damit würde man
die Chancen der gegenseitigen Befruchtung zunichte machen. Es geht
vielmehr darum, Bereiche zu finden, in denen man kooperieren, sich
ergänzen und differenzieren kann, weil man sich dort ähnlich ist. Und
es geht darum, Bereiche zu isolieren, in denen dieser vollkommene
Gegensatz der Perspektiven herrscht. Da kann man diese "kommunikativen
Drehscheiben" dann von außen benutzen, um sich klarzumachen, was für
Weltsichten da im einzelnen angeschlossen sind. Das ist ja auch schon
eine wichtige Information. Im Fall der getesteten Theorien hat das
System einige Punkte möglicher Kooperation und gegenseitiger
Differenzierung ausgemacht, die bei Vertretern der Theorien für
Verblüffung gesorgt haben.
Wieviel hat Ihre Arbeit eigentlich mit Filmen wie "Welt am Draht" oder
"Matrix" zu tun?
Petra Ahrweiler: Sehr viel. Das ist eine Perspektive, die sich
direkt an mein sozialwissenschaftliches Studium anschließt, in dem ich
mich gerade für die konstruktivistischen Ansätze der
Wissenschaftstheorie interessiert habe. Die grundlegende Textualität
von Sein, die man durch verschiedene Medien hindurch treiben kann,
fasziniert mich sehr. Dabei ist meine Haltung zu solchen Filmen durch
meine eigene wissenschaftliche Arbeit deutlich positiver geworden.
Links
[1]
http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/IpW/Workgroups/Medien/Mitar
beiterInnen/Petra/
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14706/1.html
[3] http://hcs.ucla.edu/lake-arrowhead-2003/titles.htm
[4] http://ais.gmd.de/~frank/sociophysics/zusammenf.html
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