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[infowar.de] Oesterreich: Rote Karte fuer militärische Lauscher



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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/16788/1.html

Österreich: Rote Karte für militärische Lauscher

Brigitte Zarzer   19.02.2004 

Verfassungsgerichtshof hebt umstrittenes Militärbefugnisgesetz 
teilweise auf 

Österreichs Datenschützer, Bürgerrechtler, Medienvertreter und 
Oppositionsparteien haben allen Grund zur Freude. Das mit Juli 2001 in 
Kraft getretene Militärbefugnisgesetz (  MBG [1]), welches den 
militärischen Nachrichtendiensten weitreichende Überwachungsbefugnisse 
eingeräumt hatte (  Aushöhlung der Grundrechte [2]), wurde jetzt vom 
österreichischen Verfassungsgerichtshof teilweise wieder aufgehoben. 
Insbesondere verwahrten sich die Richter gegen unverhältnismäßige 
Grundrechtsverletzungen. 

"Im Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der 
militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz - MBG), BGBl. I 
Nr. 86/2000, werden § 11 Abs. 1, § 11 Abs. 5, § 22 Abs. 3 Z 3, § 22 
Abs. 4 Z 3, § 22 Abs. 5 Z 3 und § 57 Abs. 3 erster Satz als 
verfassungswidrig aufgehoben", richtet der österreichische 
Verfassungsgerichtshof (  VfGH [3]) der konservativen ÖVP-FPÖ-Regierung 
aus, mit deren Mehrheit im Parlament das Gesetz trotz schwerwiegender 
grundrechtlicher Bedenken im Jahr 2000 zustande gekommen war. Die 
Verfassungsrichter geben damit in weiten Teilen einer Beschwerde der 
oppositionellen  Sozialdemokraten [4] Recht. 

Die SPÖ hatte unter anderem den Datenschutz verletzt gesehen. Das 
Gesetz sieht die Möglichkeit der vorsorglichen Ermittlung ohne 
konkreten Tatverdacht - im Klartext also auch die Überwachung 
unbescholtener Bürger, die sich vielleicht irgendwann einmal kritisch 
über das Militär geäußert haben - zur Wahrung der nationalen Sicherheit 
vor. Paragraf 22 MBG , der die Befugnis zur Observation, verdeckten 
Ermittlung und zur Datenermittlung mit Bild- und 
Tonbandaufzeichnungsgeräten für Zwecke der nachrichtendienstlichen 
Aufklärung regeln sollte, fiel bei der rechtlichen Prüfung durch. Der 
VfGH sieht wie die SPÖ-Juristen einen Bruch des Datenschutzgesetzes 
gegeben und kritisiert zudem die Funktion des Rechtschutzbeauftragten, 
dessen weisungsfreie Prüftätigkeit nicht sicher gestellt sei. Wörtlich 
heißt es in dem VfGH-Bescheid: 

 § 22 Abs. 3 bis 5, jeweils Z 3 MBG verletzt die verfassungsgesetzlich 
gewährleisteten Rechte nach § 1 DSG 2000 auf Datenschutz und nach Art. 
8 EMRK auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Denn die in 
Beschwerde gezogenen Teile des § 22 ermächtigen in Zusammenhalt mit der 
ebenso unpräzisen wie weiten Aufgabenstellung des § 20 Abs. 1 und der 
nur schwach ausgebildeten rechtlichen Kontrolle durch den 
Rechtsschutzbeauftragten die Organe der nachrichtendienstlichen 
Aufklärung in weitem (wenngleich unklarem) Umfang zu Eingriffen in die 
informationelle Selbstbestimmung und in die von Art. 8 EMRK 
gewährleistete Kommunikationsfreiheit.(...). Diese Eingriffe wiegen 
umso schwerer, als sie geheim erfolgen, sodass der Betroffene keine 
Möglichkeit hat, sich vor ihnen zu schützen.   

Neben dem einfachen Bürger, dessen Grundrechte nun wieder hergestellt 
werden müssen, dürfen sich insbesondere noch Medienvertreter freuen. 
Ihnen wurde im Militärbefugnisgesetz besonders übel mitgespielt. Ein 
Gesetzesentwurf definierte nämlich die "Zielgruppe", die von den 
Geheimdiensten ins Visier genommen werden sollten oder konnten, 
folgendermaßen: 

 So fällt darunter etwa 'die Auswertung von Zeitschriften, insbesondere 
das Ermitteln von Autoren, die sich kritisch bzw. teilweise negativ mit 
dem Bundesheer auseinandersetzen' (...) Weiters gehören zu der in Rede 
stehenden Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung auch sowohl 
die Beobachtung von einzelnen Aktivitäten als auch die Beobachtung von 
(politischen) Gruppierungen, die sich unter anderem gegen die 
militärische Landesverteidigung richten bzw. dieser kritisch 
gegenüberstehen.   

Im Hinblick auf die Wahrung der Meinungsfreiheit und den Schutz von 
Medienvertretern lässt jetzt der Verfassungsgerichtshof kein gutes Haar 
am Gesetzgeber: 

 Im Unterschied zur differenzierten Regelung technisch unterstützter 
Observationen im Kontext des Redaktionsgeheimnisses in den §§ 149a 
(...) nimmt das MBG auf die Rechte von MedienmitarbeiterInnen mit 
keinem Wort Bezug. Einmal mehr hat es sich der einfache 
Bundesgesetzgeber zu einfach gemacht, indem bundesverfassungsgesetzlich 
gebotene und im einzelnen schwierige Abwägungsentscheidungen übergangen 
worden sind, die in seine Verantwortung fallen.   

Abgewiesen wurde allerdings die SPÖ-Beschwerde gegen die im Gesetz 
ihrer Ansicht nach unklare Trennung zwischen Militär und Polizei. 
Einige Punkte wurden auch aus formalen Gründen zurückgewiesen. In den 
wesentlichen Punkten zu Grundrechtsverletzungen bekam die SPÖ aber 
Recht. Das österreichische Parlament hat nun bis Jahresende Zeit, das 
Gesetz im Sinne des Verfassungsgerichtshofes zu reparieren. Der 
SPÖ-Wehrsprecher Anton Gaal  erwartet [5] nun eine "vernünftige 
rechtskonforme Reparatur" des Militärbefugnisgesetzes. "Es muss 
ausgeschlossen sein, dass die Bürgerrechte durch überbordende 
geheimdienstliche Begehrlichkeiten in irgendeiner Form verletzt 
werden." 

Links 

[1] http://www.ris.bka.gv.at/bgbl-pdf/
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/8281/1.html
[3] http://www.vfgh.gv.at/volltext.html
[4] http://www.spoe.at
[5] http://www.ots.at/meldung.php?schluessel=OTS_20040218_OTS0149&typ=

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