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[infowar.de] Iran saeubert das Netz



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Iran säubert das Netz

Twister   09.03.2004 

Bereits vor den Wahlen hatten kritische iranische Webseiten mit Zensur 
zu kämpfen. Jetzt wird dieser Trend fortgesetzt. 

Schon vor Beginn der Wahlen im Iran waren sowohl die iranischen Blogger 
als auch Betreiber von den Reformern zugeneigten Webseiten der im Land 
herrschenden Zensur ausgesetzt. Nichtsdestotrotz sahen zum Beispiel 
auch die im Januar streikenden Parlamentsangehörigen im "Bloggen" eine 
Möglichkeit, eine permanent größer werdende Kluft zu überbrücken (vgl. 
 150 Jahre Abstand zur Mehrheit der Bevölkerung [1]), selbst wenn es 
sich nur in der Sprache Farsi verfügbare Informationen handelte. Eine 
Praxis, die, genau wie auch der Streit bzw. der darauf folgende Streik 
an sich, beim iranischen Präsidenten auf harsche Kritik fiel (vgl.  Der 
Streich der Wächter [2]). 

Die Blogger gewannen im Iran nicht nur an Aufmerksamkeit, vielmehr 
gelangen ihnen auch politische Erfolge wie die Freilassung des Sina 
Motallebi. Nun protestieren die  Reporter ohne Grenzen [3] in ihrer 
Rubrik "Das Internet unter Beobachtung" gegen die anstehenden 
Netzregulierungsmaßnahmen, welche die Regierung als "Schutz vor 
amoralischen Inhalten" bezeichnet. Bezeichnend ist hierbei jedoch, dass 
es mittlerweile einfacher ist, vom Iran aus auf pornografische Inhalte 
zuzugreifen als auf kritische politische Meinungen. 

Der konservative Richter Said Mortazavi, so die Reporter ohne Grenzen, 
habe am 23. Februar bereits angekündigt, dass er in Kürze die 
"pro-reformistische" Webseite Emrooz.ws vom Netz nehmen wird, welche 
bereits (wie auch emrooz.org und iran-emrooz.de) geblockt wird. Emrooz 
wird offiziell als Webseite angesehen, welche die Sicherheit des Landes 
gefährdet. Emrooz' Schicksal teilen wird voraussichtlich  Royuad [4]), 
eine Seite, die erst kürzlich für einige Tage wegen "technischer 
Streiks" offline ging und seit dem 18. Februar auf der schwarzen Liste 
des Iran zu finden ist. 

Die in den USA gehostete Webseite  "Stop censoring us" [5] dokumentiert 
seit dem 06.12.2003 die Entwicklung in Bezug auf Meinungs- und 
Informationsfreiheit im Internet, was den Iran betrifft. Ein Blick auf 
die Seite zeigt, dass der Iran zum Beispiel zeitweilig auch den 
Google-Cache einiger Webseiten blockierte sowie schon im Dezember 2003 
Software erwarb, welche die Kontrolle des Internet effektiver gestalten 
soll. Zeitgleich mit dieser Eröffnung des Kommunikationsministers Ahmad 
Motamedi wurde auch offiziell die Existenz einer schwarzen Liste 
zugegeben. Die dort aufgelisteten Webseiten sind von allen iranischen 
Internet Service Provicern zu blocken - mittlerweile finden sich auf 
dieser Liste auch die Reporter ohne Grenzen selbst. 

Einige sehen die Zensur im Iran poetisch als Versuch, "einen Vogel 
daran zu hindern, vom Hausdach weg zu fliegen, indem man die Leiter an 
der Hauswand entfernt". Eine Einstellung, die im Hinblick auf die 
Tatsache, dass sich Mirrors der Emrooz-Seiten bereits unter anderem im 
 Freenet [6]) sowie im  Entropy-Netz [7] befinden, nicht ganz von der 
Hand zu weisen ist. Dennoch stimmt es bedenklich, dass sich laut 
 Reporter ohne Grenzen [8] zur Zeit iranische Delegationen in 
Frankreich und Deutschland aufhalten, um sich über Möglichkeiten der 
effektiveren Internetkontrolle zu informieren. 

Da auch die EU-Außenminister in der Wahl im Iran einen "Rückschlag für 
den Demokratieprozess in Land" sehen und insbesondere die 
undemokratische Vorgehensweise der Regierung kritisierten, die 
letztendlich zu einem alles andere als überraschenden Ergebnis führte 
(vgl.  Keine Wahl, sondern eine Verabredung [9]), stellt sich die 
Frage, inwiefern sich diese Kritik mit der zuvor genannten 
"Hilfestellung zur Internetzensur" verträgt. Insbesondere wenn diese, 
wie im Iran, als technischer Maulkorb für politische Kritiker dient. 

Nach dem ernüchternden Ergebnis der Anfragen, die die Reporter ohne 
Grenzen den Firmen stellten, welche China mit Software zur effektiven 
Kontrolle des Internets beliefern ( vgl.  Geschäfte im "weltweit 
größten Gefängnis" für Internetnutzer [10]) ist es eher fraglich, ob 
diese Doppelzüngigkeit im Falle der iranischen Internetkontrolle 
überhaupt wahrgenommen wird. Was eigentlich schon wieder verständlich 
ist, wenn man bedenkt, dass auch zum Beispiel von  englischer [11], 
 deutscher [12] oder französischer (vgl.  Einladung zum Filtern [13]) 
Seite aus die Zensur in einigen Fällen durchaus als positiv angesehen 
wird - die Wünsche und Techniken der Regierungen ähneln sich, lediglich 
die Begründungen sind verschieden. 

Links 

[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/on/16596/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/16509/1.html
[3] http://www.reporter-ohne-grenzen.de/
[4] http://www.rouydad.ws
[5] http://stop.censoring.us/
[6] http://freenetproject.org
[7] http://entropy.stop1984.com
[8] http://www.rsf.fr/
[9] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/16811/1.html
[10] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/16494/1.html
[11] http://news.zdnet.co.uk/internet/0,39020369,39147312,00.htm
[12] http://odem.org/informationsfreiheit
[13] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11019/1.html

Telepolis Artikel-URL: 
http://www.telepolis.de/deutsch/special/ost/16918/1.html 

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