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[infowar.de] Die "Hoehepunkte" des Kriegs noch einmal...



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Wenn es in der Realität schief geht, kann man es selbst zum Glück am
heimischen PC besser machen....

Gruß René Denzer

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Die "Höhepunkte" des Kriegs noch einmal als Computerspiel

Florian Rötzer   08.03.2004 

Eine US-Firma geht mit Computerspielen auf den Markt, die Nachrichten 
von der Front möglichst schnell in Form eines Spiels "authentisch" 
aufbereiten will. Erste Mission: Die Liquidierung der Hussein-Söhne 

Die Wirklichkeit wird immer mehr zum (Computer)Spiel. Zunächst einmal 
nachträglich als Simulation von Geschehnissen, die sich wesentlich 
durch etwas auszeichnen, was Virtualität und Wirklichkeit 
unterscheidet, sofern sie in Form einer auf die Wirklichkeit 
erweiterten Simulation bereits verschmolzen sind. Abläufe in der 
Wirklichkeit sind einmalig und irreversibel, in der Simulation kann 
alles wiederholt und neu gespielt werden. Just das ist auch das Prinzip 
einer geplanten Serie von militärischen Computerspielszenarios, in 
denen sich nachspielen lassen soll, was in der Wirklichkeit an der 
Front geschehen ist und wie man es anders hätte machen können. 

Die Wirklichkeit: Beschuss des Hauses, in dem sich die Hussein-Söhne 
verschanzt hatten. Foto:Pentagon   

Die New Yorker Firma  Kuma Reality Games [1] vollendet mit dem Konzept 
"Play the News" in gewissem Maße nur, was schon länger angelegt war: 
Infotainment im Computerspielformat (  Der Krieg als Event [2]). Wenn 
schon das Fernsehen Reality-Formate ohne Ende produziert und das 
Pentagon die Eroberung des Irak als televisionäres Live-Spektakel für 
ein weltweites Publikum angelegt hat, dann lassen sich wirkliche 
Geschehnisse gerade auf dem Schlachtfeld, das besser als alle anderen 
Arenen dokumentiert und überwacht wird, oft ziemlich detailgetreu 
rekonstruieren, um dem Zuschauer die Bühne betreten zu lassen. 

 We enable consumers to experience actual missions of real soldiers in 
the war on terror. Players have to devise the tactics and make the hard 
choices in some of the most important events of our time. For our 
subscribers, we make the headlines real.   
Keith Halper, Geschäftsführer von Kuma Reality Games   

Das Spiel: Das Gelände wird gesichert, feindliche Heckenschützen lauern 
überall   

Computerspiele, zumindest einfache, haben bereits seit einiger Zeit 
versucht, aktuelle Geschehnisse möglichst schnell zu kommentieren. 
Realistischere Simulationen benötigen allerdings ihre Zeit und kamen 
bislang erst Jahre nach dem Geschehen. Das Prinzip dieser 
realistischeren Kriegsspiele war freilich nicht die möglichst genaue 
Simulation der tatsächlichen Kämpfe. Das natürlich aus gutem Grund: Die 
Wirklichkeit ist selbst in Form eines Krieges für einen Beobachter, 
selbst wenn er am Geschehen im Spiel selbst beteiligt ist, über lange 
Strecken viel zu langweilig. Das Geschehen muss kondensiert, zu einer 
Montage der Attraktionen umgewandelt werden und möglichst alle Episoden 
auslassen, die nicht unbedingt für das Spiel oder zu dessen Verständnis 
notwendig sind. 

Warum man bei Kuma als erste Folge ausgerechnet die mit 
kill-over-Mentalität vollzogene Tötung der beiden Hussein-Söhne im Juli 
2003 ausgesucht hat, ist freilich nicht ganz nachzuvollziehen. Foxnews 
hatte sie freilich als die "die erfolgreichste amerikanische Operation 
nach dem Ende der großen Kampfhandlungen" bezeichnet, was 
möglicherweise schon ein Grund sein könnte. Damals wurden gegen die 
vier Personen, darunter ein Jugendlicher, die sich in dem Haus in 
Mossul aufhielten, eine wirkliche Übermacht aufgeboten, nachdem beim 
ersten Betreten drei Soldaten verwundet wurden. Dann wurde das Haus mit 
Maschinengewehren und Raketen vom Boden und von Hubschraubern aus 
beschossen. Als noch immer nicht alle tot waren und die eindringenden 
Soldaten erneut beschossen wurden, setzte man schließlich TOW-Raketen 
ein. 

 Given the amount of gunfire that came from that building ... it is I 
think obvious that there was no chance of taking them alive.   
US-Verteidigungsminister  Rumsfeld [3]   

Das von Kuma präsentierte Satellitenbild der Szene wurde letztes Jahr 
bereits vom Pentagon veröffentlicht   

 Gesagt [4] wird, dass Kuma mit dem Pentagon zusammen arbeitet, 
möglicherweise ja auch über die Beschaffung der notwendigen 
Informationen und des Materials hinaus. Vielleicht würde man im 
Pentagon, wie schon bei den anderen Computerspielfeiern des US-Militärs 
im Kampf gegen die Bösen, es gerne sehen, wenn im ureigenen Genre des 
digitalen Zeitalters die (erfolgreichen) Höhepunkte der geführten 
Kriege gegen den Terrorismus für die Öffentlichkeit dokumentiert werden 
könnten (und man zudem dann auch die Simulationen hätte, die sich für 
das Training verwenden ließen). Was einer sehr engen Kooperation 
entgegen stehen würde, wäre der Umstand, dass die Spieler angeblich 
auch die "Bösen" spielen dürfen, so wurde zumindest die Absicht von 
Kuma im August 2003 in einem  Artikel [5] des Hollywood Reporter 
geschildert. Beim erfolgreichen Pentagon-Werbespiel "America's Army" 
hat man diese Möglichkeit verhindert. Allerdings kann man jetzt 
zumindest noch nicht in die Hussein-Brüder schlüpfen, um zurück zu 
schießen. Vielleicht war das also doch keine so gute Idee?  

Saddam Hussein wird noch einmal festgenommen   

Auf jeden Fall hofft man bei Kuma auf schnellen Erfolg von "Kuma: War", 
denn schon in diesem Jahr sollen dann noch weitere Reality-Games 
anderer Art folgen: "Kuma: Crime", "Kuma: Sports" und "Kuma: Celebrity. 
Allerdings könnten hier die Rechte engere Grenzen ziehen. Nach der 
Beschießung des Hauses in Mossul und Liquidierung der Hussein-Söhne 
werden bereits weitere Episoden angekündigt: die Gefangennahme von 
Saddam Hussein und die Operation Anacaonda, die angeblich größte 
Schlacht in Afghanistan (  Operation Anaconda: Kriegspropaganda [6]). 
Monatlich soll es für 6,95 Dollar weitere Missionen geben. Ist ein 
Spiel abgeschlossen, beträgt die monatliche Gebühr 9,95 Dollar. Die 
Kampfszenen will man "authentisch" darstellen: von den Teilnehmern und 
deren Positionen über die eingesetzten Waffen bis hin zum Kampfort. 
Benutzt werden dazu Informationen und Bilder aus den Medien, aber auch 
Satellitenbilder, Filme ("exclusive raw video shot by U.S. troops") und 
andere Dokumente vom Pentagon. Aber das ist möglicherweise nur ein 
Verkaufstrick, wenn nicht doch das Pentagon irgendwie dahinter steht. 
Auf das amerikanische Publikum scheint man offenbar zu zielen: 
"Wherever the war takes our forces, we'll put you there." 

Wie es sich fürs Infotainment gehört, wird das Spiel durch einen 
Kommentar eingeleitet, der sich anlehnt an die Berichterstattung von 
TV-Nachrichten mit einem Moderator und den Kontext des Geschehens - und 
natürlich dessen Wichtigkeit - deutlich machen soll. Wirkliche 
Hintergründe, die über die militärische "Action" hinausgehen, gibt es 
allerdings nicht. Thomas Wilkerson, ein ehemaliger Offizier bei den 
Marines, dient als militärischer Experte. Was die erste Mission "Uday 
and Qusay's Last Stand" betrifft, so darf schon bezweifelt werden, wie 
authentisch das "Play the News" tatsächlich ist. Der Spieler leitet ein 
vierköpfiges Team und muss erst einmal die Umgebung des Hauses sichern, 
wobei zahlreiche Hussein-Anhänger, die im Hinterhalt lauern, erschossen 
werden müssen. Davon hat man freilich in den News wenig gehört, so dass 
hier schon einmal die triste Wirklichkeit ein wenig aufgepeppt wurde. 
Allerdings sollen die vom Computerspiel geleiteten Soldaten auch anders 
vorgehen können als in Wirklichkeit, indem sie die Brüder ohne 
Raketenbeschuss bekämpfen, verspricht zumindest Halber: "Wir können Sie 
die Nachrichten so erfahren lassen, wie dies die Fernsehsender nicht 
können."  

Das Spiel: Operation Anaconda im März 2002   

Aber was beispielsweise an der Gefangennahme von Saddam Hussein für 
Computerspieler, die Aufregung und Spannung suchen, interessant sein 
soll, wird interessant zu beobachten sein, wenn diese Mission von Kuma 
angeboten wird. Angepriesen wird jedenfalls: "Experience the toughest 
fighting of the war." Bei der ganzen Aktion, deren Details überdies 
noch gar nicht genauer bekannt sind, fiel kein einziger Schuss, Hussein 
hatte sich ebenso wie zwei anwesende Männer ohne Gegenwehr ergeben. Die 
noch letztes Jahr von Kuma angekündigte Befreiung von Jessica Lynch 
scheint man jedoch vorerst nicht mehr im Programm zu haben, nachdem 
sich deren Abenteuer als ganz anders herausgestellt hatte, als das 
Pentagon die Heldinnen- und Helden-Story angelegt hatte. Die Spieler 
sollen zahlreiche Informationen über das jeweils simulierte Ereignis in 
Form von Video- und Audiodateien, Artikeln aus Zeitschriften, 
technischen Beschreibungen der verwendeten Waffen, eine Chronologie des 
"Kampfes" und ein Satellitenbild des Kampfortes erhalten - falls ihn 
solche Einzelheiten interessieren. Was für die erste Mission angeboten 
wird, ist allerdings nicht gerade tiefschürfend. 

Ein Problem ist für dieses Konzept vermutlich zynischerweise auch, dass 
permanent militärische Kämpfe geschehen müssen, die sich zur Umsetzung 
in ein Computerspiel eignen - und die vermutlich auch aus 
amerikanischer Sicht letztlich erfolgreiche Einsätze sein sollten. An 
eher banalen Einsätzen wie gegenwärtig in Haiti ist man hingegen nicht 
interessiert (falls nicht doch noch etwas Aufregendes passieren 
sollte). Halper  sagt [7], dass dort halt einfach nichts passiert, was 
"von taktischer Bedeutsamkeit" sei.  

Die Wirklichkeit: US-Soldaten nehmen während Operation Anaconda 
Deckung. Foto: Pentagon   

Dafür aber sei man etwa an dem Kampf in Samarra interessiert, der Ende 
des letzten Jahres stattgefunden hatte. Screenshots sind schon auf der 
Website zu sehen. Damals wurde amerikanische Konvois überfallen, die 
Geldtransporte sicherten. Das US-Militär sprach davon, dass Dutzende 
von Gegnern getötet worden seien, Berichte in anderen Medien deuten 
aber darauf hin, dass es nur einige Tote gab, möglicherweise alle 
Zivilisten (  Mit allen verfügbaren Waffen wild um sich 
geschossen [8]). Zu erwarten ist, dass sie Darstellung dieses Kampfes 
nicht besonders authentisch sein dürfte. Aber vielleicht geht der Trend 
sicherheitshalber auch in die Richtung wirklicher Simulationen, also 
zur Herstellung von Spielszenarien, die sich zwar noch nicht ereignet 
haben, die aber eines Tages geschehen könnten. Harper: 

 Wir haben ein Team von Forschern, die nichts anderes machen, als sich 
durch die Informationen durch zu arbeiten, die mit dem Krieg gegen den 
Terrorismus verbunden sind. Wir erhalten dadurch ein sehr 
spezialisiertes Wissen, das uns helfen könnte zu erraten, was als 
nächstes geschehen wird.   

Hilmar Schmundt  spricht [9] angesichts von "Kuma: War" 
unheilverkündend und ein wenig verschwörungstheoretisch angehaucht von 
"einer groß angelegten Kampagne zur Konsolisierung des Krieges - der 
lustvollen Grenzverletzung zwischen Simulation und Wirklichkeit. Der 
Sieger in diesem Spiel steht bereits fest: Full Score für das 
Pentagon." 

Wollte man das noch weiter treiben, so könnte man gar in der weiteren 
Zukunft eine weitere Möglichkeit von Reality-Games vermuten können, 
wenn man Halpers Antizipation als eine geplante Vorwegnahme der 
Wirklichkeit durch die Simulation umsetzte. Einsätze können dann in 
Kooperation mit dem Militärs bereits als Spiel entwickelt sein, um 
möglichst schnell nach oder gar noch während des Kampfes die 
Nachrichten spielen zu können (sofern sie denn der geplanten Regie 
gehorchen). Der Thrill des echten Spielers könnte allerdings die 
Teilnahme am wirklichen Kampf in Echtzeit vom heimischen Computer aus 
sein. Auch wenn der Hightech-Krieg mit unbemannten Drohnen und anderen 
Fahrzeugen und dem Einsatz von anderen Sensoren oder Robotern dies 
eigentlich erlauben würde, wird man dazu aber noch wirklicher Soldat 
werden müssen. Aber schließlich bietet das US-Militär ja etwa bereits 
mit "America's Army" und weiteren geplanten Militärspielen und 
-Simulationen einen direkte Verbindung zwischen Computerspiel und 
Eintritt in die Armee an ... 

Links 

[1] http://www.kumareality.com/
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/game/15465/1.html
[3] http://www.foxnews.com/story/0,2933,92868,00.html
[4] 
http://media.guardian.co.uk/iraqandthemedia/story/0,12823,1019054,00.htm
l
[5] 
http://www.hollywoodreporter.com/thr/new_media/article_display.jsp?vnu_c
ontent_id=1956066
[6] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12120/1.html
[7] 
http://www.boston.com/news/globe/living/articles/2004/03/03/online_theyr
e_already_fighting_the_last_war/
[8] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/16221/1.html
[9] http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,289474,00.html

Telepolis Artikel-URL: 
http://www.telepolis.de/deutsch/special/game/16909/1.html 

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